Hauptsache handgemacht: Eismanufakturen in der REGIO Special for Homepage | 05.06.2023 | von Philip Thomas, Pascal Lienhard, Jennifer Patrias

Verschiedene Eiskugeln in Waffeln

Endlich ist der Frühling da und die REGIO läutet die Eis-Zeit ein. Ob schlotzen oder schlecken, Schoko, Vanille oder Erdbeere, in der Waffel oder im Becher: Regionale Manufakturen produzieren Köstlichkeiten für jeden Geschmack.

Hofeis / Black Forest Ice Cream

Das schnellste Eis im Land

Die Geschichte von Matthias Rothacher beginnt mit einer Eismaschine auf dem Freiburger Mundenhof. 2014 beschloss der gelernte Hotelfachmann, Speiseeis in der alten Schreinerei des Tierparks herzustellen. Besucher sind hauptsächlich junge Familien mit Kindern. „Wir haben uns gedacht, das würde Sinn machen“, erinnert sich der heute 41-Jährige.

Bald waren 300 Liter Eis pro Tag jedoch nicht mehr genug. Und nicht nur Zoo-Besucher schleckten Hofeis: 2016 eröffnete in Freiburgs Innenstadt eine Hof-Eisdiele. Auch in regionalen Supermärkten konnte man die Hofeis-Töpfe mit dem Löffel im Deckel finden. „Wir haben uns immer mehr etabliert“, kommentiert Rothacher.

Gleichzeitig stießen die Produktions- und Kühlkapazitäten im Mundenhof an ihre Grenzen. „Sobald zwei Wochen lang schönes Wetter war, ging die Produktion in die Knie“, sagt Rothacher. Wiederum zwei Jahre später zog die Eismanufaktur in eine große Produktionsstätte in Schallstadt. Heute schlotzt ganz Südbaden die rund 20 Sorten von Hofeis. Darunter Vanille, Schoko, Stracciatella, aber auch „Kuhflecken“ oder „Omas Apfelkuchen“.

Hofeis-Chef Matthias  Rothacher

Hofeis-Chef Matthias Rothacher setzt auf regionale Produkte wie Weidemilch aus dem Schwarzwald.

Und bald nicht nur Südbaden. Mit dem vergangenes Jahr ins Leben gerufenen Black Forest Ice Cream schielt Rothacher auf den nationalen und internationalen Markt: „Wir wollen damit durchstarten.“ Mit der neuen Marke wird Rothacher wahrscheinlich nicht nur der größte, sondern auch der schnellste Eishersteller im Land: Seit April fahren die Becher in den ICE-Bistros der Deutschen Bahn mit. „Das Eis hat Bio-Qualität, ist klimaneutral produziert und plastikfrei verpackt“, so Rothacher. Mit dem Erfolg habe Rothacher nicht gerechnet: „Wir wollten eigentlich immer nur gutes Eis machen.“

Rund 20.000 Becher Eis stellen die 20 Mitarbeiter am Standort Schallstadt her. Einfach sei das Geschäft allerdings nicht. Die Energiekrise habe den Eishersteller kalt erwischt. „Als die ersten Stromrechnungen reinkamen, dachte ich: Jetzt können wir dichtmachen.“ Papier, Milch und Früchte wurden teurer, dieses Jahr drücke das Wetter die Nachfrage nach Eis.

Mit dem neuen Label wolle er sich treu bleiben. „Wir setzen weiterhin auf regionale Produkte wie Weidemilch aus dem Schwarzwald“, sagt Rothacher. Bald könnte die Marke abheben. Auch mit Fluglinien sei Rothacher im Gespräch: „Das ist natürlich schön. Ich bin überrascht, wer sich hier meldet.“

www.hofeis.de
Foto: ©  Hofeis

 

Schwarzwaldeis

Ralph Hettich kreiert seit 20 Jahren Eis

Ralph Hettich hat seine Passion zum Beruf gemacht. „Wenn ich eine Eisdiele sehe, muss ich probieren“, sagt der 56-Jährige. Vor 20 Jahren beschloss er schließlich, Speiseeis selbst zu produzieren und zu verkaufen. Bevor es so weit war, schaute Hettich Herstellern in Keltern und Pforzheim in die Töpfe. „Ich habe zahlreiche Praktika gemacht“, erinnert er sich.

Bald produzierte Hettich jährlich rund 1000 Wannen Eis für eine eigene Eisdiele. „Wegen gesundheitlicher Probleme musste ich aber Ende 2006 aufgeben“, sagt Hettich. Lange konnte er die Finger jedoch nicht von der Produktion lassen: 2011 beschloss er, das für ein Bistro hergestellte Eis als „Schwarzwaldeis“ in Becher zu füllen und ohne Zusatzstoffe zu vertreiben.

Mittlerweile produziert er in St. Peter 35.000 Becher und 1500 Wannen Schwarzwaldeis. Hergestellt werde es mit nur vier Zutaten: Milch, Sahne, Zuckerarten und Bindemittel wie Guarkernmehl. Obendrauf kommt der Geschmack. Am beliebtesten sind Vanille, Schoko und Erdbeere. Er selbst stehe auf exotischere Sorten.

Die größte Herausforderung bei der händischen Eisproduktion sei Konstanz. „Bei handwerklich hergestellten Produkten ist gleichbleibende Qualität schwierig“, sagt Hettich, dem nach einem langen Arbeitstag über der Eismaschine auch mal der Rücken schmerzt. Das Ergebnis kann sich jedoch sehen und schmecken lassen.

Immerhin steckt in Hettichs Bechern und Kugeln vergleichsweise viel Eis. „Bei industriellem Eis wird mehr Luft eingeschlagen“, erklärt er. Die Formel erhöhe zwar auch Aufwand und Preis – für 1,50 Euro verkauft Hettich eine Kugel an Gastronomen. Mit dem Rezept gewinne Schwarzwaldeis jährlich aber auch fünf bis zehn Cafés und Bistros für sich: „Wir gehen unseren Weg.“

www.schwarzwaldeis.de
Foto: ©  Schwarzwaldeis

 

Eismanufaktur

Experimente erwünscht

Die Inspiration kann von vielen Seiten kommen. Eines Tages sitzt Simon Spillmann beim Essen, auf dem Tisch steht Rehbraten mit Brombeer-Rosmarin-Soße. Dem Eishersteller kommt ein Einfall: Brombeer-Rosmarin wäre doch eine super Eissorte. Die Gäste seiner Eismanufaktur in Herdern dürften sich kaum über die Geschmacksrichtung wundern, sie erwarten solche Experimente.

Seit fünf Jahren empfängt die Eismanufaktur inklusive Cafébetrieb ihre Gäste am Herdermer Kirchplatz. Spillmanns Faszination für Eis war früh geweckt: Mit 16 Jahren begann er in einer Eisdiele zu jobben, sein Chef führte ihn in die Herstellung von Eis ein.

Gemeinsam mit seinen Aushilfen hat sich der 33-Jährige mit der Eismanufaktur einen Namen gemacht. Im Sommer sind lange Schlangen vor dem Laden ein gewohntes Bild. Auch auf dem ZMF wird das Eis verkauft. Am 1. Mai hat zudem eine Filiale an der Guntramstraße im Freiburger Stühlinger eröffnet.

Zwei Kugeln Eis in einer Waffel

„Die Leute erwarten, dass wir immer wieder neue Sorten anbieten“, sagt Spillmann schmunzelnd. Ihm spielt das in die Karten: „Ich will ja nicht an 365 Tagen die gleichen Sorten machen.“ Inzwischen kann er zwischen 60 und 70 Rezepten auswählen.

Einige Sorten sind dauerhaft im Angebot. Dauerbrenner seien nicht nur Klassiker wie Vanille oder Schoko. Auch ein Zimteis mit Haferflocken gibt es fast immer. „Wenn wir das rausnehmen, gibt es direkt Ärger“, sagt Spillmann mit einem Lachen.

Der Gastronom experimentiert gerne. Tonka, Karamell-Meersalz, Schoko-Ingwer: Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, auch wenn es manchmal Geduld braucht. „Ich arbeite schon länger an einem Milchreiseis“, verrät Spillmann. Auch wenn es bis zum Verkauf der Sorte noch dauern sollte – Langeweile kommt bei der Eismanufaktur sicher keine auf.

www.dieeismanufaktur.de
Foto: ©  Eismanufaktur

 

Bolleschlotzer

Natürlich lecker

In der Münstertäler Eismanufaktur läuft alles noch ein wenig anders ab: Statt maschineller Arbeit bevorzugt Eismacherin Caroline Dietsche die klassische Handarbeit. 2016 startete sie in Ebringen mit der Produktion von Bio-Eis, sechs Jahre später ging es zurück in ihren Heimatort: „Der Platz in der Produktionsstätte wurde zu klein, und wir hatten das Glück, das Haus im Münstertal ausbauen zu können“, erzählt die gelernte Köchin, die ihre Passion zur Eisherstellung während ihres Studiums in Italien gefunden hat. „Da bin ich auf die Idee gekommen, dass Freiburg gutes, leckeres Bio-Eis braucht.“

13 Sorten bietet die Manufaktur an – je nach Saison und Verfügbarkeit der Zutaten. Denn die kommen aus der Region und stehen für Dietsche und ihr Team an oberster Stelle. „Die Rohmilch kommt direkt aus dem Münstertal, die Sahne von der Schwarzwaldmilch und das Eigelb von der Firma Zapf“, sagt die 38-Jährige. Den Joghurt stellt sie selbst her, die Früchte kauft sie hingegen vorverarbeitet. Pro Tag produziert die Manufaktur zwei Sorten Speiseeis, darunter die Verkaufsschlager Vanille und Schokolade, aber auch Zitrone-Holunderblüte, Haselnuss-Piemont oder Taroc-Orange. Dazu werden Milch, Sahne und Eigelb abgewogen, gemischt und pasteurisiert. „Das bedeutet, dass die Temperatur auf über 70 Grad hochgefahren, gehalten und anschließend wieder auf vier Grad runtergekühlt wird“, erklärt die Eismacherin. Anschließend geht es an die Eisverarbeitung – entweder direkt oder am nächsten Tag.

Eismacherin Caroline Dietsche beim Eis schöpfen

„Das Besondere an unserer Produktion ist, dass hier noch alles handgemacht ist. Es stehen immer zwei Personen vor der Eismaschine, und die eine Person muss den Becher vorhalten und ihn wegdrehen, wenn er voll ist“, sagt sie. So kommt auch der schiefe Rand im Becher zustande.

Zu finden ist das Eis in diversen Lebensmittelgeschäften im Münstertal und Gundelfingen, in Cafés in der Region und vielen anderen Verkaufsstellen. Und jeden Freitagnachmittag stellt sich Dietsche mit ihrer mobilen Eisdiele in den hauseigenen Hof. Dort kann man von 15 bis 18 Uhr gemütlich ein Eis schlecken und die idyllische Landschaft des Münstertals genießen.

www.bolleschlotzer.de
Foto: ©  Bolleschlotzer Münstertal

 

Kaiserstühler Landeis

Regional & lecker

Das Kirschendorf Königschaffhausen hat einiges zu bieten. Seit 2008 erweitert die Eismanufaktur der Familie Bury das Angebot. Der Start war aus der Not geboren: „Früher hatten wir neben dem Gasthaus eine Kegelbahn, die nicht mehr gelaufen ist. Da mussten wir uns etwas einfallen lassen, auch weil uns die Hausgäste weggeblieben sind, da wir keine Terrasse hatten“, erklärt Inhaber Edwin Bury. Die Bahn musste weichen, der Platz für eine Terrasse wurde geschaffen. „Eine normale Terrasse war mir aber zu langweilig – die hat ja schließlich jeder“, sagt der 58-Jährige. Stattdessen beschloss der gelernte Eiskonditor, eine Eisdiele mit Augenmerk auf regionale Produkte zu eröffnen. „Wir haben ganz klein angefangen, mit Rohmilch von umliegenden Bauern. Das dürfen wir inzwischen nicht mehr, daher bekommen wir unsere Milch jetzt von der Schwarzwaldmilch in Freiburg.“

35 bis 40 Kilo Früchte verarbeiten drei Mitarbeiter und eine Aushilfe am Tag, je nach Saison und Verfügbarkeit. „Am Anfang war es so, dass die Bauern uns ihre Früchte zur Verfügung stellen wollten, weil sie stolz darauf waren, einen Teil zum Eis beitragen zu können. Das hat sich gut bewährt, daher gibt es bei uns bis heute auch immer wieder unterschiedliche Sorten“, erklärt Bury. 27 Sorten bieten er und Sohn Mario in ihrer Eisdiele an, über den Sommer werden 40 bis 50 Sorten produziert. „Wir haben ein Monatseis und immer wieder Sondersorten“, verrät Edwin Bury. So gibt es auch Monate, in denen außergewöhnliche Sorten wie Maulbeer- oder Ringlotteneis in der Verkaufstheke zu finden sind.

Eistorte mit Beerenmix und Schokostückchen

Das Team vom Kaiserstühler Landeis kreiert neben klassischem Speiseeis auch feine Eistorten.

Zehn Jahre produzierten sie das Eis direkt neben der Eisdiele, 2018 zogen sie aufgrund der Raumknappheit 300 Meter weiter in die ehemalige St.-Katharinen-Kellerei. Nach wie vor legen sie viel Wert auf die Regionalität der Früchte und die möglichst „natürliche“ Herstellung. Das Eis kommt ohne Emulgatoren aus, daher hat es mehr Volumen und ist schwerer als industriell verarbeitetes Eis – allerdings ist es auch nur ein Jahr haltbar. Kirschen, Erdbeeren und Co. kommen von den umliegenden Bauern – meist auf großen Paletten. „Wir bekommen die Früchte immer im Ganzen. Danach werden sie händisch verarbeitet, gedämpft, durch die Zentrifuge gelassen und püriert“, sagt Mario Bury. Pro Tag verarbeitet das Team 80 Liter Milch und kreiert damit knapp acht Sorten Eis. Dazu wird die Masse pasteurisiert, angerührt und gemixt, danach in die Eismaschine gegeben. 12 Minuten dreht sich das Eis, dann fließt es in einen großen Behälter. „Zum Schluss wird die Masse portioniert, in die Vorratsbecher abgefüllt, glattgestrichen und der Deckel mit einem Aufkleber versehen“, sagt der 31-Jährige. Anschließend wandern die Eisbecher in die Truhe des hauseigenen Hofladens, in den Verkaufsautomaten im Ort und in die regionalen Lebensmittelmärkte in der Umgebung.

Hippen & Eistorten

Neben der Eisproduktion steht im Familienbetrieb die Produktion von Eistorten – gern nach Kundenwunsch gestaltet –, Eishippen, Kuchen und Sahnetörtchen im Vordergrund. „Wir haben vier Standard-Eistorten und eine Kindertorte im Sortiment. Der Rest, wie zum Beispiel die Höhe und die Dekoration der Torten, wird dann individuell besprochen und umgesetzt“, erklärt Mario Bury. Die Anfrage ist groß, Verkaufsschlager bleibt jedoch die Torte mit den klassischen Sorten.

Der neueste Coup ist das Eisbistro, das im vorderen Teil des ehemaligen Gasthauses Einzug gehalten hat. Dort kann man von 11 bis 21 Uhr sein Eis schlecken, ein gutes Glas Wein genießen und sich mit kleinen herzhaften Snacks verwöhnen lassen.

www.eismanufaktur-baden.de
Foto: © Anna Huber

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