Winter-Wanderlust: Rundwanderung bei Hinterzarten Freizeit in der Regio | 10.12.2021 | Jakob Steiner

Winterwanderung

Aus dem Trubel in die Stille und wieder zurück: Die Fürsatztour bietet ein kontrastreiches Wandervergnügen samt Feldbergblicken, urigen Schwarzwaldhöfen und einem Rekord-Chronometer.

Begleitet vom gleichmäßigen Klappern der Schienen fährt die Bahn durchs Höllental. Schneeflocken sausen am Fenster vorbei, das Wetter ist gut, es liegt Schnee. Die Stimmung im Zug ist ausgelassen, die Passagiere sind wie verzaubert vom Winterwunderland. Spätestens wenn die Ravennabrücke passiert wird, schaut keiner mehr aufs Handy. Vierzig Meter über dem Boden offenbart sich ein einmaliger Blick auf die traumhafte Winterkulisse. Zur Linken windet sich die Ravennaschlucht durch den Wald. Zwischen den Schneemassen funkelt das Eis des großen und kleinen Ravennafalls. Zur Rechten steigt Dampf auf vom Ravenna-Weihnachtsmarkt. Dahinter erstrecken sich die Hügelketten des Schwarzwalds mal ganz anders als der Name es verspricht: in königlichem Weiß.

Vorbei an verschneiten Fichten geht es über den Ospelewaldweg durchs idyllische Naturschutzgebiet.

Wer von Freiburg aus anreist, dem sei die Fahrt mit der Höllentalbahn ans Herz gelegt. Ohne langwierige Parkplatzsuche ist der Trubel Hinterzartens schnell vergessen. Rund ums Kurhaus, wo der Rundweg startet, sind zwar noch viele Spaziergänger unterwegs, aber bereits nach dem ersten Kilometer wird es merklich leerer. Die Fürsatztour ist ein ausgewiesener Winterwanderweg, der regelmäßig geräumt wird. Bei viel Neuschnee ist es dennoch ratsam, sich vorab nach dem Zustand des Wegs zu erkundigen oder Schneeschuhe mit einzupacken.

Auf dem Windeckweg geht es Richtung Säbelthomahof und dann über den Ospelewaldweg durch das Naturschutzgebiet Bisten. Am Wegesrand recken sich riesige Fichten in den Himmel. Kaum vorstellbar, dass hier in den 70er-Jahren eine Mülldeponie entstehen sollte. Glücklicherweise wurde das Gebiet 1975 zur Schutzzone erklärt. Zahlreiche Pfotenabdrücke zeigen, dass viele Waldbewohner zu dieser Jahreszeit noch aktiv sind.

Glitzernde Wolken

Wenig später öffnet sich der Blick auf den Feldberg, gut erkennbar an seinem Turm, der auf 1493 Metern Höhe über einem Meer aus Tannenwipfeln thront. Die Dezembersonne setzt die verschneite Landschaft gleißend in Szene. Derweil zieht ein kräftiger Südwestwind über den Gipfel hinweg. Einzelne Schneebrocken lösen sich aus dem Geäst und zerfallen in der Luft zu glitzernden Wolken aus Puderschnee.

Stille erfüllt den Winterwald, die Schritte sind gedämpft. Dampfend steigt der Atem auf. Gut zwölf Kilometer lang ist die Fürsatztour, etwa 350 Meter Auf- und Abstieg sind zu bewältigen. Aber alle Anstrengungen sind schnell vergessen, denn der Weg bietet nicht nur Winterwaldidylle und traumhafte Fernblicke, sondern führt auch an zahlreichen Schwarzwaldhöfen vorbei. Der Häuslebauernhof ist mit Sicherheit nicht nur der schönste an diesem Weg, sondern einer der schönsten in der ganzen REGIO. Die meisten Höhenmeter sind bereits bewältigt, wenn sich der Wald lichtet und weiße Felder und Wiesen das Gehöft umrahmen. Von den Regenrinnen hängen lange Eiszapfen. Die kleinen Fensterläden und großen Kamine vermitteln ein Gefühl der Behaglichkeit. Als typisches Schwarzwaldhaus ist der Häuslebauernhof bestens an die natürlichen Gegebenheiten angepasst. Besonders markant sind die seitlich herabgezogenen Walmdächer, die im Sommer Schatten spenden, im Winter starken Winden und großen Schneemassen standhalten. Perfekt genutzt wird die Hanglage mit dem „Ifahrhüsli“: Über die Hocheinfahrt kommt im Sommer das Heu auf den Dachboden und kann von dort in die darunter gelegenen Stallungen geworfen werden.

Das tolle Winterwetter lässt sich auf den sonnigen Abschnitten genießen.

Am Wegesrand sitzen bereits einige Wanderer und genießen die Wintersonne. Glühwein und Kekse von der hofeigenen Selbstbedienungstheke machen die Rast perfekt. Die Zeit vergeht wie im Fluge – und wird doch sorgsam gezählt. Hier am Häuslebauernhof, auf 1067 Metern Höhe, zählt Deutschlands höchstgelegene vertikale Sonnenuhr die schönen Stunden und gemahnt zum Aufbruch nach erholsamer Pause.

Auf schneeknirschendem Waldweg geht es weiter, bald ist der Fürsatzplatz erreicht. Von hier aus führt der obere Bistenwaldweg zurück nach Hinterzarten. Bei guter Zeitplanung geht die Sonne jetzt langsam unter. Wie zu Beginn der Tour säumen riesige Fichten den Wegesrand. Hinter den Schneeriesen scheint die Abendsonne auf verschneite Hügelketten. Die letzten goldgelben Sonnenstrahlen brechen durchs Geäst und beleuchten den Weg. Doch nicht mehr lang, denn der Mond steht bereits am Himmel und kündigt den Einbruch der Nacht an. Schließlich führt der Weg gänzlich aus dem Wald heraus. Wer die Abreise mit dem Zug antritt, kann sich an der „Tränke“ am Waldrand den zweiten Glühwein des Tages genehmigen. So lässt es sich aushalten, während der rosarote Mantel des Sonnenuntergangs langsam über Hinterzarten verblasst.

Infos:
Dauer: ca. 4,5 Stunden
Länge: 12,3 Kilometer
Auf- und Abstieg: 355 Höhenmeter
Start & Ziel: Kurhaus Hinterzarten

Fotos: © Jakob Steiner