Bündnis »Soziales Wohnen« fordert Grundstückspreise von 300 Euro Bauen & Wohnen | 04.03.2022 | Pascal Lienhard

Visualisierung Schildacker Die Freiburger Stadtbau errichtet im Baugebiet Schildacker sechs Wohngebäude mit 116 Wohnungen in Holzbauweise. 60 dieser Wohnungen werden öffentlich gefördert, 56 sind frei finanziert.

Bezahlbarer wohnen mit der Ampel: Wohnen ist gesellschaftlicher Zündstoff. Laut einer Studie des Pestel-Instituts fehlten Ende 2021 bundesweit rund 450.000 Wohnungen – Verlierer sind oft sozial schwächere Menschen. Das Verbändebündnis „Soziales Wohnen“ blickt mit Wohlwollen auf die Vorhaben der Ampel-Regierung im Bau- und Wohnsektor – und formuliert Forderungen. In Freiburg ist ohnehin der weitere Bau öffentlich geförderter Wohnungen geplant.

400.000 neue Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 Sozialmietwohnungen mit einer Kaltmiete von 6,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Das ist die neue Zielmarke der Ampel-Regierung aus SPD, FDP und Grünen in ihrem Koalitionspapier. Robert Feiger ist Bundesvorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), die sich mit vier Partnern zum Verbändebündnis „Soziales Wohnen“ zusammengeschlossen hat. Auf einer Pressekonferenz in Berlin erklärt der Experte, dass mit den Wohnungsbauzielen der Bundesregierung zum ersten Mal die Chance auf eine „soziale Trendwende“ am Wohnungsmarkt bestehe.

Für wissenschaftliche Hintergründe hat sich das Bündnis unter anderem Matthias Günther, Institutsvorstand des Pestel-Instituts, ins Boot geholt. Er sieht mit jährlich 400.000 neuen Wohnungen die Chance, Defizite bis 2025 weitgehend abzubauen. „Die meisten Teile Deutschlands werden dann weitgehend entspannte Wohnungsmärkte haben“, prognostiziert der Diplom-Ökonom.

Die zentrale Forderung des Bündnisses ist ein „Sonderfonds Wohnen“. Schließlich bedürfen die 100.000 Sozialwohnungen und die vom Bündnis geforderten 60.000 bezahlbaren Wohnungen (mit einer Kaltmiete von 8,50 Euro pro Quadratmeter) jährlicher Subventionen von 6 und 12,9 Milliarden Euro – je nach angestrebter Effizienzhausklasse.

Zur Errichtung von Sozialmietwohnungen sollten Kommunen, Länder und der Bund zudem kostengünstiges Bauland zur Verfügung stellen – für maximal 300 Euro pro Quadratmeter Fläche. Auch für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum soll dies zweckgebunden geprüft werden. „Liegen die Grundstückpreise darüber, haben der soziale und bezahlbare Wohnungsbau praktisch keine Chance mehr“, so Günther.

Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, problematisiert auch die zeitlich begrenzte Bindung von Sozialwohnungen: „Wir brauchen auf Dauer deutlich längere Bindungen, am besten einen Sektor, in dem Wohnungen auf die Zeit ihrer eigenen Lebenszeit gebunden sind.“ Bislang ist das rechtlich höchst problematisch.

Im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir werden zeitnah eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen auf den Weg bringen und so eine neue Dynamik in den Bau und die dauerhafte Sozialbindung bezahlbaren Wohnraums erzeugen.“ Die Baubranche ist gespannt, was die Regierung unter „zeitnah“ versteht.

Die Freiburger Stadtbau GmbH (FSB) ist mit mehr als 11.500 eigenen und verwalteten Wohnungen größter kommunaler Wohnungsversorger Südbadens. Laut Pressesprecherin Marion Uerlings hatte die FSB zum 31. Dezember 2020 über 1836 Sozialwohnungen.

„Die Förderung von zusätzlichem bezahlbaren Wohnraum ist dringend notwendig“, betont Uerlings. Bezahlbares Wohnen sei eine der wichtigsten gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen. Es bestehe eine große Differenz zwischen erzielbaren Mieten, Förderungsanteilen und der zum Bau und Betrieb benötigten Mittel. „Daher ist eine Intensivierung der Förderung von öffentlich geförderten Wohnungen, auch vor dem Hintergrund der stetig steigenden Baupreise, erforderlich.“

Gemäß Landeswohnraumförderprogramm beträgt die Bindungsdauer für den öffentlich geförderten Mietwohnungsbau 30 Jahre bei einem Mietabschlag von 40 Prozent. Die FSB nutzt diese Fördermöglichkeit für die geförderten Mietwohnungen, die derzeit errichtet werden. In ihrem Bestand strebe die kommunale Wohnungsbaugesellschaft stets eine Bindungsverlängerung – in Abhängigkeit der dann gültigen Förderungsvoraussetzungen – an. Die Verlängerung sei aber auch abhängig vom Mieter und dessen Erfüllung der Fördervoraussetzungen.

Bis Ende vergangenen Jahres wurden 620 Wohnungen der FSB überprüft und für 401 die Miet- und Belegungsbindung um 15 Jahre verlängert. Bis 2024 werden 431 weitere überprüft und – sofern Mieter die Bestimmungen der Landeswohnraumförderung erfüllen – weiter über das Landeswohnraumförderungsprogramm verlängert. Bei einer Bindungs­verlängerung werden die fehlenden Miteinnahmen durch eine Förderung kompensiert.

Doch auch neue Wohnungen sollen her. Der Gemeinderat hat im Mai 2020 das Konzept „FSB 2030“ beschlossen, wonach die FSB bis 2030 rund 2500 neue Wohnungen bauen soll. Darunter, so zumindest ist der Plan, bis Ende 2025 voraussichtlich 625 und bis Ende 2030 circa 1250 öffentlich geförderte.

Und wie steht es um das vom Verband „Soziales Wohnen“ geforderte Bauland für maximal 300 Euro pro Quadratmeter Fläche? Der Wert von städtischen Grundstücken wird vom Gutachterausschuss der Stadt Freiburg zweijährlich festgelegt und veröffentlicht. „Hier müsste historisch nachvollzogen werden, wann es zuletzt große innerstädtische Grundstücke zu dem oben genannten Preis gab“, so Uerlings. Vermutlich werden sich nur ältere Semester an solche Preise noch erinnern.

In den vergangenen Jahren habe die FSB laut der Pressesprecherin bei Neubaumaßnahmen von öffentlich gefördertem Wohnraum für das erforderliche Baugrundstück mit einem Kostenansatz von durchschnittlich 800 Euro pro Quadratmeter kalkuliert.

Visulaisierung: © Freiburger Stadtbau