Der Bauverein Breisgau wächst weiter und kritisiert „Regularien“ aus dem Rathaus Bauen & Wohnen | 23.08.2020 | Philip Thomas

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Der Bauverein Breisgau eG (BVB) blickt auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr zurück. Zum Jahreswechsel betrug die Bilanzsumme der mit rund 23.700 Mitgliedern größten Wohnungsbaugenossenschaft in Südbaden 321,3 Millionen Euro.Erzielt wurde ein Jahresüberschuss von 4,7 Millionen Euro und damit eine Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Beim Eigenkapital konnte- mit 102,5 Millionen Euro aber erstmals die 100-Millionen-Euro-Marke geknackt werden. Weniger zufrieden sind die Genossen mit der Freiburger Stadtverwaltung.

„Wir wollen weiterhin bezahlbaren Wohnraum schaffen“, sagte Vorstandsvorsitzender Marc Ullrich unlängst vor Journalisten. Knapp 19,7 Millionen Euro hat der BVB dazu vergangenes Jahr in seinen Bestand und in Neubauten investiert. 174 Wohnungen und zwei Gewerbeeinheiten befanden sich im Bau, 30 Wohnungen übergaben die Genossen an ihre Mitglieder. Die Warteliste ist mit 2100 Suchenden weiter lang. „Genossenschaftliches Wohnen ist angesagt“, kommentiert Ullrich.

Die durchschnittliche Kaltmiete aller 4926 Wohnungen unter dem Dach des BVB in Freiburg und im Breisgau beträgt laut Bilanz je Quadratmeter 6,93 Euro. Die meisten (3249) dieser Mieten liegen zwischen sechs und acht Euro, mehr als zehn Euro zahlen 245 Mieter. Nach dem Freiburger Mietspiegel 2019/20, der preisgebundenen Wohnraum, Ein- und Zweifamilienhäuser, Wohnheimplätze sowie WG-Zimmer nicht berücksichtigt, beträgt die mittlere monatliche Nettomiete aller Wohnungen im Stadtgebiet pro Quadratmeter 8,56 Euro.

Ihre Arbeit sieht die Genossenschaft in Freiburg allerdings erschwert. Laut dem BVB-Aufsichtsratsvorsitzenden Martin Behrens herrsche in der Stadt „ein schwieriges politisches Umfeld“. Als Beispiel nennt er das in Freiburg seit 1920 geltende Erbbaurecht. Im Zuge steigender Bodenpreise und mangelnder Bauflächen vergibt die Stadtspitze Grundstücke heute nur noch in Erbpacht. Und die Zinsen seien unwirtschaftlich. Der Bauverein steht mit seinem Unmut nicht alleine da, auch die Genossenschaften Familienheim und Heimbau äußerten Kritik, Grundstücke nicht kaufen zu können. Ende Juli besserte der Gemeinderat mit 41 zu fünf Stimmen bei der Pacht nach: Drei statt vier Prozent Zinsen, Boni für Familien sowie flexiblere Verträge sollen es sein. Aber nur für Einfamilienhäuser. Die die Genossenschaften kaum bauen.

Neben der Grundstücksvergabe sowie den Baukosten, die seit 2009 um 60 Prozent gestiegen seien, mache dem BVB auch die 50-Prozent-Quote zu schaffen. Soziale Förderung der Hälfte aller Wohnungen in einem Neubaugebiet bedeute laut BVB-Vorstand umso höhere Preise für die andere Hälfte des Areals. Das führe zu Quadratmeterpreisen von 12,90 Euro kalt wie etwa im Gebiet Gutleutmatten im Freiburger Stadtteil Haslach.

Im Umland laufe das besser. Laut Ullrich gebe es dort keine „Auflagen und Regularien“. Als positives Beispiel nennt er Herbolzheim. Dort entsteht derzeit das erste genossenschaftliche- Wohnprojekt der Stadt. Für rund sechs Millionen Euro soll zum Herbst 2021 ein dreigeschossiger Holzbau mit Wohnungen sowie einer Kindertagesstätte errichtet werden. In dem 10.000-Einwohner-Ort sei die Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung und dem Bauverein problemlos verlaufen. Straub: „Seit dem ersten gemeinsamen Termin bis zum Baustart sind weniger als zwei Jahre vergangen. Das funktioniert nur, wenn Bürgermeister und Gemeinderat solche Projekte aktiv begleiten.“

Foto: © Bauverein Breisgau