Ein Wumms für den Wohnungsbau: Bündnis fordert nächstes Sondervermögen Bauen & Wohnen | 09.03.2023 | Lars Bargmann

Martin Horn, Klara Geywitz, Magdalena Szablewska und Sabine Recker im Neubaugebiet Schildacker Die Ministerin und die Crew für bezahlbares Wohnen: Martin Horn, Klara Geywitz (m.), Magdalena Szablewska und Sabine Recker im Neubaugebiet Schildacker

In den 80er-Jahren gab es in der Bundesrepublik Deutschland vier Millionen Sozialwohnungen – die damals auch noch so aussahen. Für rund 60 Millionen Menschen. Aktuell gibt es etwa 1,1 Millionen Sozialwohnungen. Für 85 Millionen Menschen. Der Staat hat die Förderhähne in der Zwischenzeit so weit zugedreht, dass neue Sozialwohnungen nur noch tröpfchenweise aufs Land sickerten. Die Quittung: Nicht nur fürs Bündnis „Soziales Wohnen“ droht in den 2020er-Jahren ein „Kollaps“.

Der Bund – und auch die Länder – stehen selten wie nie in der Verantwortung, wieder ein tragfähiges Fundament für den Bau neuer Wohnungen zu schaffen. Denn ohne kräftige Förderung werden nicht nur die 3500 Sozialwohnungen im Dietenbach nicht gebaut.

Baukosten und Grundstückspreise passen – ohne Subventionen – nicht mehr zu einem Modell, das die Bauherren verpflichtet, die Mieten 33 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete anzusetzen. Der sozial geförderte Wohnungsbau – der Liebling im politischen Vokabular in Freiburg – war schon seit Jahren wahlweise defizitär oder hochdefizitär. Der nun fast acht Jahre alte Beschluss des Gemeinderats, bei jedem neuen Bebauungsplan 50 Prozent geförderten Mietwohnungsbau durchzusetzen, hat keine erzählenswerte Erfolgsgeschichte.

Die so gebauten Mehrfamilienhäuser sind vielmehr an einer Hand abzuzählen. Nimmt man das Engagement der Freiburger Stadtbau mal zur Seite, die politisch geführt und auch politisch mit-
finanziert wird. Doch ein Abrücken von diesem Beschluss, war auch Ende Januar, als sich das Gremium mit dem Kauf der Entwicklungsmaßnahme Dietenbach GmbH und der neuen Kostenübersicht für den Stadtteil befasste, kein Thema.

Also recken sich die offenen Hände nach Berlin und auch nach Stuttgart. Nicht nur in Freiburg. Es müsse, so das Bündnis „Soziales Wohnen“, jetzt ein Sondervermögen her, 50 Milliarden Euro, zumindest mal für den Anfang. Bislang stehen im Bundeshaushalt für die Jahre 2022 bis 2026 14,5 Milliarden Euro für den sozialen und „klimagerechten“ Wohnungsbau. „Bauwirtschaft und Länder erhalten meine Garantie: Wir wollen bauen und wir werden bauen. Dafür stehen die 14,5 Milliarden Euro bereit“, sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz bei der Bekanntgabe im März 2022. In diesem Jahr sind es 2,5 Milliarden. Im vergangenen waren es 2.

Gebaut wurden 2022 aber nicht die anvisierten 100.000 neuen Sozialwohnungen, sondern 20.000. Das Ziel von insgesamt 400.000 neuen Wohnungen jährlich erscheint angesichts der Realität von 293.400 in 2021 und wohl nur noch rund 280.000 im vergangenen Jahr nur noch mit dem Fernglas sichtbar.

Und jetzt haben sich auch noch die Zinswende und die Inflation – als nicht eingeladene Gäste – an den Neubau-Tisch gesetzt. Was kann die öffentliche Hand servieren? Sie könnte mal ihren Grunderwerbsteuerhunger zügeln, sie könnte die Mehrwertsteuer im sozialen Wohnungsbau auf 7 Prozent drosseln, sie muss im Haushalt einen Wumms für den sozialen Mietwohnungsbau verankern, hat immerhin schon den Abschreibungssatz für Wohnungsbau von zwei auf drei Prozent angehoben. Auch das kann helfen.

Zudem darf man gespannt sein, was aus Geywitz’ Ministerium Anfang März noch an neuen Förderprogrammen für klimaschonendes (der von der Politik immer wieder gebrauchte Begriff „klimafreundliches“ ist irreführend) Bauen herauskommt. Dieses Thema hat sie von Robert Habeck geerbt. Jährlich 750 Millionen Euro wird der Bund über seine KfW und zinsvergünstigte Kredite bereitstellen. 750 Millionen Euro, kritisierte etwa Andreas Mattner, Präsident des Spitzenverbands der Immobilienwirtschaft (ZIA), „lösen die dramatischen Probleme nicht ansatzweise“. Stimmt.

Foto: © Patrick Seeger/Stadt Freiburg