Expertenbeitrag: Peter Metzger über Grundstücke mit besonderen Eigenschaften Bauen & Wohnen | 01.09.2020 | Peter Metzger

Haus Lupe Geld

In Gottenheim stand jüngst ein Grundstück zum Verkauf, das mit einem gewerblich und privat genutzten Gebäude bebaut ist. Das Gebäude prägt das Ortsbild, hat aber auch offensichtliche,
schwere bauliche Mängel.
Der Kaufpreis war günstig, sodass die Käufer den Vertrag vermutlich auch deshalb im Februar ohne weitere Vorbereitungen vor dem Notar abgeschlossen haben. Das Grundstück liegt allerdings in einem Sanierungsgebiet – und das bedeutet, dass der Kaufvertrag nicht bereits mit der Beurkundung durch den Notar wirksam werden konnte, sondern erst mit der Erteilung einer Sanierungsgenehmigung durch die Gemeinde.

Bloß der Antrag auf Erteilung der Genehmigung genügte dafür nicht. Die Gemeinde benötigte weitere Informationen, um entscheiden zu können, etwa wie sich der Kaufpreis zusammensetzte, ob und welche Baumaßnahmen am Gebäude geplant waren und wie es künftig genutzt werden sollte. Erst damit konnte das Rathaus überprüfen, ob Ausgleichsbeträge zu zahlen waren und ob die beabsichtigten Baumaßnahmen oder die künftige Nutzung die Ziele der Sanierung gefährdeten.

Ohne diese Informationen hätte die Gemeinde die Genehmigung versagen müssen. Nach mehreren Fristverlängerungen legten die Käufer der Gemeinde schließlich ein Bau- und Nutzungskonzept vor, das den Zielen der Sanierung entsprach. Für die Gemeinde war aber wichtig, dass es tatsächlich umgesetzt wird, um die Ziele auch zu erreichen. Sie schloss deshalb mit den Käufern einen städtebaulichen Vertrag, der sie zur Umsetzung verpflichtete, und erteilte im Gegenzug die Sanierungsgenehmigung – im August, also ein halbes Jahr nach dem Abschluss des Kaufvertrages.

Peter Metzger Rechtsanwalt

Erst prüfen, dann kaufen: Peter Metzger­ ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Vergaberecht in der Kanzlei Friedrich Graf von Westfalen & Partner. www.fgvw.de

Während diese Verzögerung im konkreten Fall keine wesentlichen nachteiligen Auswirkungen für die Kaufvertragsparteien hatte, hätte sie bei anderen Projekten erhebliche Mehrkosten oder gar deren Aus bedeuten können.

Gemeinden können Gebiete, in denen- städtebauliche Missstände herrschen, etwa hoher Leerstand oder viel Bausubstanz in schlechtem Zustand, förmlich als Sanierungsgebiete festsetzen. Dabei bestimmen sie, welche Ziele die Sanierung hat, also beispielsweise welchen Zwecken das Gebiet künftig dienen soll und ob bauliche Mängelbehoben werden sollen. Die Grundstücke im Sanierungsgebiet erhalten im Grundbuch einen Sanierungsvermerk. Viele Vorgänge, die ein solches Grundstück betreffen, sind dann genehmigungspflichtig. Das betrifft nicht nur den Verkauf der Grundstücke, sondern auch Grundstücksteilungen, Baumaßnahmen auf dem Grundstück, die Bestellung von Grundpfandrechten und sogar die Begründung oder Verlängerung von Mietverträgen, die länger als ein Jahr dauern sollen.

Kommt man mit einem solchen Grundstück in Berührung, sei es als Kaufinteressent, als Eigentümer, der größere Umbauten vornehmen möchte,- oder auf der Suche nach einer neuen Gewerbeimmobilie, sollte man sich stets zügig mit der Gemeinde in Verbindung setzen. Auf diese Weise kann man in Erfahrung bringen, welche Sanierungsziele die Gemeinde verfolgt und ob das eigene Vorhaben zu diesen Zielen passt. Erst damit kann man einschätzen, ob eine Sanierungsgenehmigung bestimmte Auflagen enthalten wird. Durch Gespräche im Vorfeld lassen sich oft auch Wege finden, um ein eigentlich nicht passendes Vorhaben mit den Zielen der Sanierung in Übereinstimmung zu bringen, zum Beispiel durch den Abschluss eines städtebaulichen Vertrags. Häufig gibt es in Sanierungsgebieten für bestimmte Vorhaben auch Fördermittel. Eine ohnehin geplante Investition kann damit günstiger werden als zunächst angenommen. Investitionen in Sanierungsgebieten sollten darum sorgfältig vorbereitet werden.

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