Großer Preis für Kleineschholz: Freiburger Rathaus muss Kleingartenfläche teuer bezahlen Bauen & Wohnen | 18.08.2022 | Lars Bargmann

Der Siegerentwurf für Kleineschholz Drei Kringel und ein Neubaugebiet: Das ist der Siegerentwurf für Kleineschholz

Elf Fußballfelder groß ist das geplante Neubaugebiet Kleineschholz im Stühlin­g­er. Gute vier Rasenrechtecke mit Kleingärten drauf hat das Freiburger Rathaus nun von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) gekauft. Nach äußerst zähen Verhandlungen. Für 28 Millionen Euro. 933 Euro pro Quadratmeter. Ein stolzer Preis. Er sinkt beim Bau jeder öffentlich geförderten Mietwohnung um 25.000 Euro.

Rund 250 geförderte Wohnungen sollen zwischen Güterbahntrasse und Rathaus im Stühlinger, der Tram­trasse und der Lehener Straße gebaut werden. Damit sinkt der Kaufpreis um rund 6,25 Millionen Euro. „Das ist alles andere als ein Schnäppchen, aber wir sind froh, dass wir nun zu einer Einigung gekommen sind“, kommentiert Finanzbürgermeister Stefan Breiter den Deal. Der Verkaufsteamleiter der BImA Freiburg, Markus Kästel, freut sich, „dass die BImA als verlässliche Partnerin der Kommune auf Basis einer guten und erfolgreichen Zusammenarbeit einen wesentlichen Beitrag zur Forcierung des Wohnungsneubaus, insbesondere auch des sozialen Wohnungsbaus in Freiburg, leisten kann.“

Das Rathaus verhandelt derzeit auch noch mit der Arbeitsagentur über den Kauf einer etwa 3600 Quadratmeter großen Fläche zwischen Jobcenter und Sundgauallee. Auch die Agentur wird an die Schmerzgrenze gehen. Allerdings sind auf ihrem Grundstück nur Grünflächen geplant. Dafür 933 Euro zu zahlen, wäre ein Fall für den baden-württembergischen Rechnungshof. Unterm Strich, so die aktuelle Schätzung, muss Breiter für das „gemeinwohlorientierte“ Quartier 30 Millionen Euro in der Stadtschatulle finden. Dazu braucht er nagelneue Kontaktlinsen.

Die 25.000 Euro an Zuschüssen pro Wohnung will die Stadt direkt an die „gemeinwohlorientierten“ – früher hieß die Formel mal „nicht gewinnorientierten“ – Unternehmen, Genossenschaften, Mietshäusersyndikate und Bau­initiativen weitergeben. Nur die sollen in dem Quartier bauen. Zu kaufen sind die Grundstücke nicht, nur zu leihen (wir berichteten). Es gewinnt der mit den am besten zur Konzeptvergabe passenden Ideen.

Bauen und Wohnen Zeittabelle

Das Vermarktungskonzept sei mit dem Gemeinderat „vorgesprochen“, so Breiter. Ende dieses, Anfang kommenden Jahres sollen die Kriterien öffentlich werden. Das dürfte auch rechtlich spannend werden, denn im Rathaus wissen die Verantwortlichen, dass „gemeinwohlorientiert“ rechtlich kein Begriff ist. Bei der Vergabe wird es unter anderem um die Anzahl der Mietwohnungen, um die Miethöhe und deren Bindungsdauer gehen. Als sicher gilt, dass die Freiburger Stadtbau GmbH sich erfolgreich bewerben wird.

Im Schnitt sollen die Wohnungen 65 bis 70 Quadratmeter haben. Die Geschossflächenzahl liegt bei 2,3, mithin können auf einen Quadratmeter Boden 2,3 Quadratmeter Wohnfläche (brutto) gebaut werden. Auch die BImA selbst will 50 Wohnungen mit bezahlbaren Mieten für ihre Beschäftigten bauen. Und Flächen für eine viergruppige Kita.

Fünf Fußballfelder soll insgesamt der öffentliche Freiraum umfassen. Autos sollen in einer Quartiersgarage geparkt werden. 20 Car-Sharing-Plätze stehen ebenso im Plan wie ein acht- und ein siebengeschossiges Gebäude. Ansonsten dominieren vier- bis fünfgeschossige Häuser. Zwei Drittel aller Dachflächen sind zu begrünen, auf einem Drittel müssen Solaranlagen installiert werden. Den vorgeschalteten städtebaulich-landschaftsplanerischen Wettbewerb hatten die Büros Dietrich, Untertrifaller Architekten aus Bregenz mit Ramboll Studio Dreiseitl aus Überlingen gewonnen.

Die Friedrich-Weinbrenner-Gewerbeschule und die Edith-Stein-Schule

Idefix würde heulen: Für das neue Baugebiet sollen mehr als 400 Bäume gefällt werden. Unten im Foto sind unter grauen Dächern das Kreismedienzentrum, die Friedrich-Weinbrenner-Gewerbeschule und die Edith-Stein-Schule zu sehen.

Ein Teilstück der Sundgauallee zwischen Berliner Allee und Rathaus-Parkplatz wird zurückgebaut – durchaus ein raumordnerisches Highlight der Entwicklung. An dem die Bürger im Beteiligungsverfahren übrigens maßgeblichen Anteil hatten. Die Rolle des Wärmelieferanten hat die Badenova AG in einer Ausschreibung gewonnen. Mindestens 20 Jahre lang wird der kommunale Energieversorger die Wohnungen heizen.

Für insgesamt 411 „zu fällende Bäume“, wie es in einer Drucksache für den Gemeinderat heißt, müssen Ersatzpflanzungen im oder außerhalb des Plangebiets gepflanzt – oder durch Ökopunkte gleichsam erkauft werden. Entlang der Güterbahn muss eine vier Meter hohe Schallschutzwand gebaut werden.

411 Bäume müssen gefällt werden

Wie nahezu überall in der Stadt lebt auch in diesem Plangebiet die nach dem Bundesnaturschutzgesetz immer noch streng geschützte Mauereidechse. Für sie müssen 10.000 Quadratmeter neuer Lebensraum bereitgestellt und dauerhaft gesichert werden. Teilweise auf dem Hauptfriedhof, teilweise bei der Messe. Auch Bergmolche haben Fachleute im Kleineschholz gesichtet, die nun in geeignete Kleinstgewässer umgesiedelt werden müssen.

Anfang kommenden Jahres will die Stadtspitze dem Gemeinderat eine Kosten- und Finanzierungsrechnung vorlegen. Der Satzungsbeschluss – und damit das grund­sätzliche Baurecht – soll spätestens im kommenden März fallen. Die ersten Bagger für den Hochbau werden auf den elf Fußballfeldern erst 2024 anrollen.

Visualisieeung: © Dietrich, Untertrifaller Architekten/Ramboll Studio Dreiseitl/Stadt Freiburg