Maßstabsbruch an Markante: Planspiele am Europa-Eck Bauen & Wohnen | 03.10.2019 | Lars Bargmann

Bei der sogenannten Entwicklung des Freiburger Europaviertels kommt dem Betrachter unweigerlich Brechts Ballade von der Unzulänglichkeit menschlichen Planens in den Sinn.

„Ja, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch ’nen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht“, heißt es dort. Der wievielte Plan es nun ist, den die Stadtverwaltung Anfang Juli dem Gemeinderat vorstellte, ist nebensächlich. Fraglich ist, ob dieser Anlauf nun zu etwas Sichtbarem führen wird.

Die Ecke Bismarckallee und Friedrichstraße ist städtebaulich fraglos markant. Wie sie aber künftig mal aussehen kann, ist schon seit mehr als zehn Jahren die Frage. Der Gemeinderat hatte am 2. Dezember 2009 das Aufstellen eines Bebauungsplans beschlossen. Hernach hatte die Unmüssig-Gruppe gemeinsam mit dem Rathaus einen Ideenwettbewerb ausgelobt, einen Sieger gekürt, dessen Ergebnisse aber nie umgesetzt.

Weil sich der Projektentwickler Peter Unmüßig nicht mit zwei anderen Eigentümern an der Ecke einigen konnte. Und weil der Entwurf des Architektenbüros Kleihues + Kleihues ein 16-stöckiges Hochhaus vorsah, das einen „Maßstabsbruch“, so steht es in einer gemeinderätlichen Drucksache, bedeutet hätte. Höchstens 43 statt 64 Meter, höchstens zwölf Geschosse, lautet das Votum von Politik und Verwaltung fürs Areal.

Auf dem steht heute ein architektonisch einigermaßen liebloses Hochhaus, das Unmüssig gehört und einst das namensgebende Hotel Europa beherbergte. Und daneben das einstige Commerzbank-Gebäude, in dem die Freiburger Volksbank bis zur Fertigstellung ihrer neuen Zentrale im Frühjahr 2021 ihr Quartier bezogen hat. Es gehört der CLS Holdings plc mit Sitz in London. Die Fläche auf dem ehemaligen Fahrrad-Böttcher Areal am Friedrichring gehört einer Eigentümergemeinschaft, die auch beim neuen Anlauf – vorerst – nicht dabei ist.

Nicht mehr als sieben Geschosse

Holding und Unmüßig wollen so gut es geht an einem Strang ziehen. Die Holding könnte u-förmig fünf- bis siebengeschossig bauen, die privaten Eigentümer, wenn sie überhaupt auf den Zug aufspringen, maximal siebengeschossig straßenrandbegleitend.

Ein weiteres Hotel, das hatten die Grünen im Gemeinderat erfolgreich beantragt, wird es indes nicht geben. Dafür sollten Wohnungen – mit einem angemessenen Teil an öffentlich geförderten Mietwohnungen – integriert werden. In den Erdgeschossen soll es möglichst öffentliche Nutzungen geben. Es sollen Durchgänge zum Innenhof geschaffen, standortverträgliche Nutzungskonzepte vorgelegt und eine hohe architektonische Qualität, etwa durch gegliederte Fassaden, gewährleistet werden. Noch tauchen auf der politischen Wunschliste die Begriffe Passiv- oder Plus-energiehaus nicht auf.

Nun darf also wieder in die Hände gespuckt werden. Allerdings stellen sich dabei unter anderem so wenig triviale Fragen wie die nach einer gemeinsamen Tiefgarage trotz völlig unterschiedlicher Baustarts, nach Grenzbebauungen, verkehrlich aufeinander abgestimmten Erschließungen. Fatal wäre es, wenn Unmüßig endgültig die Lust verliert und sein Hochhaus in einzelnen Etagen an Firmen verkauft. Denn dann hätte man nicht drei Eigentümer, die sich jahrelang nicht einigen, sondern 30. 

Visualisierung: © Stadt Freiburg