Zwischen Chance und Wunschdenken: neues Musikerhaus am Güterbahnhof Bauen & Wohnen | 01.09.2018 | Till Neumann

Die Musikerinitiative Multicore macht Dampf in Sachen Musikerhaus. Der Verein hat kürzlich ein erstes Konzept vorgelegt, das die ambitionierte Idee konkretisiert. Parallel laufen im Bauamt ähnliche Planungen. Nach ersten Irritationen gab’s kürzlich ein Treffen.

Gerne hätte die Vereinsspitze von Multicore für die Pressekonferenz in eigene Räumlichkeiten eingeladen. Doch der Verein hat keine. Dafür aber eine große Idee: ein Musikerhaus am Güterbahnhof – mit Proberäumen, Konzertsaal, einem Studio und vielem mehr. So soll der Szene gegeben werden, was seit Jahren fehlt: Platz zum Üben und Spielen, ein Ort für Austausch und Begegnung.

Die Idee hat die fünfköpfige Multicore-Vereinsspitze Ende Juli in der Kneipe „Walfisch“ vorgestellt: Das Team um den Vorsitzenden Franck Mitaine präsentierte ein 23-seitiges Konzept mit den Eckdaten fürs Musikerhaus: 40 Proberäume, Vereinsgastronomie für 200 Besucher, ein Saal mit Bühne und Platz für 400 Besucher. Zudem sind angedacht: ein Tonstudio, zwei bis drei Räume für Workshops und Coachings, eine Künstlerwohnung für die Beherbergung von zwei Bands sowie Bürofläche für Verwaltung und Hausmeister. Und ein Bolzplatz auf dem Dach.

Grob geschätzt 5,5 Millionen Euro könnte der Bau des Hauses kosten, sagen die Multicorer. Zwei Grundstücke kommen für sie infrage. Beide liegen an der Neunlindenstraße, die vom Güterbahnhof an die Uniklinik führt. Die westlichere Fläche wird von Multicore präferiert. Sie ist als Gewerbegebiet ausgewiesen und für eine gemeinnützige Bebauung mit Quartiersbezug vorgesehen. Die Aurelis Asset GmbH müsste die Fläche für die Bebauung kostenlos abgeben. Finanziell ein klarer Vorteil zum zweiten Grundstück, das als Mischgebiet ausgewiesen und ähnlich groß ist. Drei Optionen sieht der Verein für eine Realisierung: die Finanzierung über einen Investor, über das Mietshäuser-Syndikat oder über die Stadt Freiburg als Bauherrin.

Güterbahnhof-Areal: Hier könnte das Musikerhaus entstehen. Hinten links die Lokhalle.

„Das kann ein Pionierprojekt werden“, schwärmt Rainer Rickmann. Der zweite Vorsitzende von Multicore berichtet aber auch von Irritationen. Parallel zu den Vereinsplanungen informierte die Stadtverwaltung über ein ähnliches Vorhaben auf gleichem Grundstück. Das „Multifunktionshaus“ mit 1200 Quadratmeter Fläche soll Platz bieten für den Quartierstreff des Bürgervereins Brühl-Beurbarung, Proberäume enthalten und möglicherweise einen Bolzplatz auf dem Dach.

„Wir hoffen auf eine bessere Zusammenarbeit mit der Stadt“, ließen die Multicore-Vertreter wissen. Und das scheint möglich. Mitte August trafen sie Baubürgermeister Martin Haag zum Austausch. Ein angenehmes Gespräch, bestätigen beide Seiten.

„Die Vorstellungen von Multicore und uns können kompatibel sein“, sagt Haag. Man müsse etwas auf die Euphoriebremse treten. Auf deren Konzept könne man aber aufbauen. Haag lässt derzeit mit einer Machbarkeitsstudie die Möglichkeiten auf dem Areal prüfen. Hinter die Multicore-Zahlen – 40 Proberäume und ein Saal für 400 Leute – stellt er ein Fragezeichen: „Das sind Wunschvorstellungen.“ Er gibt sich aber optimistisch, gemeinsam etwas entwickeln zu können. Weitere Gespräche – auch mit dem Bürgerverein – sollen folgen.

Multicore ist das Musikerhaus ein Herzensanliegen. Ursprünglich hatten sie einen Konzertsaal für 1000 bis 1500 Leute auf dem Zettel. Größer als E-Werk oder Jazzhaus. In der Dimension gibt es eine Lücke in der Stadt, bestätigt auch Marc Oßwald von vaddi Concerts.

Rainer Rickmann und seine Kollegen geben sich kompromissbereit – im Wissen, dass ein ganzheitliches Konzept nicht nur für Musiker deutlich mehr Chancen auf Realisierung hat. Doch sie wollen „die Chance jetzt nutzen“, so Rickmann. Werde das Musikerhaus nicht in den nächsten drei Jahren gebaut, klappe es auch in den kommenden 30 nicht.

Fotos: © Peter Hermann / Multicore Freiburg; Till Neumann