IHK fordert bessere Strategie von Regierung business im Breisgau | 11.11.2020 | Lars Bargmann

geschlossener Laden

Am 29. Oktober legte die Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein (IHK) ihren Konjunkturbericht für den Herbst 2020 vor. Darin waren deutlich positive Entwicklungen zu konstatieren. Nur einen Tag zuvor aber hatten Kanzlerin Angela-Merkel und die Länderchefs einen Lockdown light beschlossen. Die Ergebnisse der Umfrage sind somit nur sehr beschränkt tauglich, um die aktuelle Stimmungslage zu spiegeln. IHK-Präsident Steffen Auer forderte die Politik auf, eine „branchendifferenzierte Strategie für die Zukunft“ zu erarbeiten.

„Wir können nicht weiter von Pandemie zu Pandemie wurschteln“, sagte Auer. Die verordnete Schließung der Gastronomie und das erneute Beherbergungsverbot für mindestens vier Wochen hätten die Kammer „überrascht“. Der Gastronom Olaf Drubba, bei der Pressekonferenz ebenso wie Messebauer Ralf Brotte zugegen, sagte: „Uns hat das kalt erwischt.“ Am Mittwoch kam die Nachricht, nur vier Tage später musste Drubba seine Lokale schließen. Für den Gastronomen und Hotelier mit 240 Beschäftigten hat die vierwöchige Zwangsschließung „mindestens sechs Monate lang“ Auswirkungen. Und diese würden „deutlich drastischer“ als die aus dem ersten Lockdown sein. Weil Weihnachten vor der Tür steht und heute keiner Hotels oder Weihnachtsfeiern bucht, wenn er nicht weiß, ob er die Buchung dann auch leben kann.

Noch drastischer drückte es Brotte, Geschäftsführer der Firma Externe Messeabteilung, aus: „Für uns ändert der zweite Lockdown gar nichts, wir haben schon seit acht Monaten nichts zu tun. Ich stehe seit acht Monaten im Wald und weiß nicht, wohin ich gehen soll.“ Wie viele KfW-Kredite er für welche Zukunft noch aufnehmen soll. Die Regierung in Berlin müsse zwingend verbindlich sagen, was 2021 geht und was nicht. Allein, auch Brotta weiß, dass die Berliner damit überfordert sind.

Auer und IHK-Geschäftsführer Dieter Salomon kritisieren den zweiten Lockdown nicht. Sie wissen, wie schwer es ist, die richtige Balance zu finden. „Man kriegt so oder so einen drauf“, sagte Auer. „Wir müssen jetzt die Welle brechen“, so Salomon. Aber sie kritisieren das Pauschale, das nun die Freizeitbranche trifft. Die Gastronomen haben sich über den Sommer mit den Corona-Regeln arrangiert, für die kalte Jahreszeit nun Zelte und Heizpilze gekauft und würden nun so behandelt, als wären sie Superspreader. „Für uns war klar, dass die Gastronomie irgendwie geöffnet bleibt“, sagte Auer. 98 Prozent der Gastronomen hatten in der Umfrage angegeben, mit Umsatzeinbußen leben zu müssen, im Baugewerbe waren es 31 Prozent.

Jedes vierte Unternehmen meldete, dass in spätestens zwei Jahren das Eigenkapital für die Krisenbewältigung aufgebraucht sei. Bei den Dehoga-Betrieben befindet sich heute schon ein Drittel in Liquiditätsengpässen. Auf der anderen Seite hatten 23 Prozent angegeben, dass ihre Firmen bereits wieder auf oder über der Vorkrisenauslastung operieren. Auch das aber war eine Zahl, die vor dem zweiten Lockdown galt.

Konjunktur zum Herbst

Zwingen sich trotzdem zum Lächeln: Ralf Brotte, Dieter Salomon, Steffen Auer und Olaf Drubba (v.l.).

„Ein Lockdown light wird Leben retten, aber auch viele Arbeitsplätze kosten und Existenzen zerstören. Der wirtschaftliche Aufschwung, den wir bis eben erlebt haben, ist wieder weg, weil die Zuversicht schwindet“, teilte Christoph Münzer mit, Hauptgeschäftsführer der wvib Schwarzwald AG.

Das Damoklesschwert wird weiter über der Wirtschaft schweben. Die zweite Welle der Pandemie rollt über den Erdball, die Frage ist, wann die dritte kommt. Und ob der Gesetzgeber bis dahin (Februar, März?) eine bessere Strategie erarbeitet hat, wie das eine (funktionierendes Gesundheitssystem) zu sichern ist ohne das andere (irreparable Schäden in der Wirtschaft) dafür einzahlen zu müssen.

Illustration: © Freepik.com
Foto: © IHK Südlicher Oberrhein