Schock und Solidarität – Wie Firmen und Start-ups die Krise meistern business im Breisgau | 10.04.2020 | Till Neumann

Start-Up Unternehmer in Freiburg

Die Lokhalle auf dem Güterbahnhof-Areal ist ein Mikrokosmos: Rund 80 -Arbeitsplätze beheimaten Ost- und Westflügel. Dazu kommen die Start-ups im Kreativpark. Wie hat Corona dort eingeschlagen? Unternehmer berichten von Verlusten und Zusammenhalt.

Ein Messestand. Ein Kunde. Eigentlich ein trauriges Bild. Doch für Jonas Lorscheid vom Start-up Dikkes Wassar ist das ein Weg aus der Krise: Der 28-Jährige filmt im Kreativpark mit Kollegen seinen Messestand. Beim simulierten Verkaufsgespräch auf der Kreativpark-Bühne stellt er seinen Tomatenschnaps „Dikkes Wassar“ vor. Ziel ist, Kunden per Video zu bieten, was sonst auf einer Messe passiert.

Das Ergebnis stellt Lorscheid auf die neue Seite www.community-freiburg.de. Sie soll Projekte zur Corona-Krise aus dem Kreativpark bündeln. Zu finden sind zum Beispiel „corona-feindliche Home-Office-Solutions“ oder „Graphic Recordings“ für virtuelle Meetings. Ins Leben gerufen hat er sie mit Robin Teuffel vom Start-up Image Media.

Die Krise hat auch andere in der Lokhalle hart getroffen. Die Eventagentur mehrpunkt berichtet von 250.000 Euro Einbußen. „Unerwartet und schmerzhaft“, sagt Geschäftsführer Nicolas Häbel. Alle aktuellen Projekte lägen auf Eis – bis zum Jahresende. „Zum Beispiel möchten Kunden jetzt noch keine Weihnachtsfeier buchen.“ Von heute auf morgen seien alle Mitarbeiter auf Homeoffice umgestiegen. Das klappe erstaunlich gut. „Zwischen Zweifel, Angst und Wut kommen auch Lichtblicke durch.“

Auch bei der Firma Streit Service & Solution hat die Krise „voll durchgeschlagen“. Der Einrichter für Büro und Wohnbereiche kann den Verlust noch nicht genau beziffern. Versucht wird jetzt auf Home-Office-Ausstattungsangebote umzusteigen. Bei Investitionen herrsche, so Business-Unit-Inhouse-Leiter Clemens Imber, „gedämpfter Trommelklang“.

Gebeutelt ist auch der Architekt Mathias Haller. Die Liste der gestoppten Projekte ist lang. Im Raum stehen „Kurzarbeit oder gar Mitarbeiterentlassungen“. Dringendster Wunsch ist eine klare Aussage über die Übernahme von Sozialabgaben, Gehältern und Steuerzahlungen. Doch Haller spürt auch Begeisterung, „dass fast alle den Fokus auf das Wesentliche legen“.

Beifall bekommt sonst auch das Aktionstheater Panoptikum. Doch jetzt wackelt vieles: Ein Kooperationsprojekt mit Tänzern aus Russland und dem Sinfonieorchester Crescendo ist gestoppt. Auch Auftritte in Mexiko oder beim Stadtjubiläum sind unsicher. 65 Prozent des Jahresumsatzes seien verloren. Ein Ende nicht absehbar. Doch auch hier gibt’s neue Ansätze: Eine digitale Kreativplattform hat das Team von Matthias Rettner ins Leben gerufen. Beteiligt sind bisher 40 Personen aus zwölf Ländern.

Auch Jonas Lorscheid von Dikkes Wassar verbucht Erfolge. Sein Messestandvideo hat zwölf neue Kunden an Bord geholt. Das sei weniger als sonst, aber immerhin. Auch die Community im Kreativpark wachse zusammen. Nicolas Häbel bestätigt, dass der Zusammenhalt groß ist. „Man spürt, dass alle in einem Boot sitzen. Wenn wir untergehen, dann gemeinsam.“ Außer man sei Amazon und verkaufe das Boot.

Foto: © Nils Theurer