Filigrane Farbtupfer: Mohnblüten in Natur und Garten Freizeit in der Regio | 15.05.2023 | Frank von Berger

Roter Klatsch-Mohn Sorgt im Mai für gute Laune: Der leuchtend rote Klatsch-Mohn bezaubert in Hülle und Fülle am Wegesrand.

Für alle Mohnsüchtigen hat die Wartezeit jetzt ein Ende – die heiteren Blüten des Mohns leuchten wieder um die Wette. Die zarten, wie aus knittrigem Seidenpapier wirkenden Blüten der vielen Mohnarten und -sorten haben im Mai Hochkonjunktur.

Wer jetzt am Kaiserstuhl oder in der Rheinebene durch die Reben wandert, begegnet den leuchtend roten Blüten des Klatsch-Mohns, botanisch Papaver rhoeas genannt, auf Schritt und Tritt. An den Hängen und oft auch zwischen den Weinstöcken leuchten sie in Massen und heben die Laune mit Sofortwirkung. In Kornfeldern waren früher die Blüten des etwas kleineren Saat-Mohns (Papaver dubium) ein gewohnter Anblick, aber heutzutage machen sie sich dort durch den Einsatz von Agrarchemie eher rar. Dennoch: Es gibt immer noch einige von roten Mohnblüten gesprenkelte Äcker, die an die berühmten Gemälde Claude Monets erinnern, auf denen elegante Damen mit Sonnenschirmen durch wogende Getreidefelder mit rotem Mohn spazieren.

Nicht nur wild auf Äckern und am Wegesrand sind Mohnblüten ein echter Hingucker. Als Pracht­staude, also mehrjährige krautige Pflanze, ist der Türkische Mohn (Papaver orientalis) ein Blickfang in jedem Garten. Kurz nach seiner Einführung aus dem Vorderen Orient Anfang des 18. Jahrhunderts eroberte er die Gärten im Sturm. Seit langem ist er eine klassische Bauerngartenpflanze, aber auch in der Staudenrabatte setzt er markante Akzente.

Einen Nachteil hat das schöne Gewächs allerdings: Nach der Blüte zieht die Pflanze ihre Blätter ein und hinterlässt im Beet eine große Lücke. Erst im Herbst treibt wieder eine Blattrosette aus. Mit der richtigen Nachbarschaft kann diese Fehlstelle im Beet jedoch kaschiert werden. Empfehlenswert sind Stauden, die im Hoch- und Spätsommer ihren Höhepunkt erreichen, etwa Phlox, Sonnenhut (Rudbeckia) oder sommerblühende Astern-Arten. Es können aber auch einjährige Sommerblüher wie Ziertabak, Dahlien oder Schmuckkörbchen (Cosmea) genutzt werden, um die Kahlstelle im Beet zu füllen. Türkischer Mohn ist übrigens äußerst langlebig und pflegeleicht. Es gibt zahlreiche Zuchtsorten und Hybriden, also Kreuzungen mit anderen Mohnarten, die mit Blüten in Weiß sowie in rosafarbenen, dunkelroten und violetten Tönen bezaubern. Besonders spektakulär ist die Sorte ‚Patty’s Plum‘ mit hell pflaumen­farbenen Blüten. Andere Sorten beeindrucken mit geschlitzten, gefüllten oder gerüschten Blüten, oft mit dunklen Basalflecken am Blütengrund.

Kalifornischer Kappenmohn und Kambrischer Scheinmohn

Kalifornischer Kappenmohn (u.) liebt die Sonne, Kambrischer Scheinmohn (r.) fühlt sich auch im Schatten wohl.

Bunter Augenschmaus

Doch auch unter den kurzlebigen Arten gibt es Mohne, die einfach atemberaubend schön sind. Wer zum ersten Mal den Marienkäfer-Mohn (Papaver commutatum ‚Ladybird‘) erblickt, ist meist schockverliebt. Die tomatenroten Blütenblätter der zierlichen Pflanze haben tiefschwarze Basalflecke und erinnern an die geflügelten Glücksbringer. Der farbenprächtige Island-Mohn, von dem es viele Sorten in Weiß, Gelb, Orange und Rot gibt, wird meist zweijährig kultiviert. Er eignet sich auch als Schnittblume für die Vase und hält einige Tage, bevor er die Blütenblätter fallen lässt. Die Sorte ‚Gartenzwerg‘ wird nur 20 Zentimeter hoch und eignet sich daher auch gut für Pflanzgefäße und die Balkonkultur. Die Blüten von Klatsch- und Saat-Mohn hingegen machen meist schon am Abend des ersten Tages schlapp und sollten deshalb besser nicht gepflückt, sondern einfach am Naturstandort bewundert werden. Ebenfalls nicht vasentauglich sind die orangefarbenen Blüten des Kalifornischen Kappenmohns (Eschscholzia californica), einem kleinen, aber sehr heiteren Verwandten der „echten“ Mohne. Die wegen des Aussehens ihrer Knospen auch unter dem Namen „Schlafmützchen“ bekannten Schätzchen lieben vollsonnige Standorte mit magerem Boden und versamen sich bereitwillig, wenn ihnen der Standort zusagt. Ein ähnliches Verhalten zeigt der zitronengelb blühende Kambrische Scheinmohn (Meconopsis cambrica), der sogar im Halbschatten und Schatten noch zuverlässig blüht. Die bis 25 Zentimeter hohe, kurzlebige Staude blüht von Mai bis in den Herbst hinein und siedelt sich durch Selbstaussaat überall dort an, wo sie sich wohlfühlt. Einfacher können schattige Gartenbereiche kaum sonst mit einem Blickfang aufgewertet werden!

Der Schlaf-Mohn

Schlaf-Mohn darf in Deutschland nur mit Genehmigung angebaut werden: Der getrocknete Saft der Kapselfrüchte bildet das Betäubungsmittel Opium.

Rausch der Sinne

Und da ist auch noch der zwar wunderschöne, aber etwas heikle, aus dem Mittelmeerraum stammende Schlaf-Mohn (Papaver somniferum). Mit seinen grauvioletten Blütenschalen ist er nicht nur sehr dekorativ, sondern gehört auch zu den ältesten Heilpflanzen. Heikel ist er nicht wegen der Standortansprüche (die relativ gering sind), sondern weil alle Pflanzenteile giftige Alkaloide wie Morphium enthalten. Wegen der möglichen Rauschwirkung dieser Substanzen ist der Anbau von Schlaf-Mohn in Deutschland (nicht aber in der Schweiz und in Österreich) deshalb genehmigungspflichtig. Wer ihn anbaut, muss beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) um Erlaubnis fragen. Ein Formular kann praktischerweise online ausgefüllt werden. Bei wem dann doch mal so ein Pflänzchen zufällig im Beet sprießt (dieser Mohn kommt hierzulande schließlich auch verwildert vor), darf hoffen, dass das Auge des Gesetzes Milde walten lässt. Denn als Blau- oder Backmohn wurde und wird der Samen des Schlaf-Mohns auch gern ganz legal in der Küche verwendet. Die Zuchtformen des Schlaf-Mohns warten übrigens mit besonders spektakulären Blütenformen und -farben auf. Der Rausch der Sinne kann schließlich auch visuell genossen werden, ohne dass psychoaktive Substanzen extrahiert und konsumiert werden. Mohnsüchtige wissen das und genießen den Augenschmaus mit reinem Gewissen.

Fotos: © Frank von Berger