Blütenwunder: Dahlien Haus & Garten | 16.09.2024 | Frank von Berger

namenlos mit halb gefüllter Blüte Ob mit klangvollem Namen – ‚Willowfield Wick‘ – oder namenlos mit halb gefüllter Blüte (o.): die Vielfalt der Züchtungen ist erstaunlich und immer bezaubernd.

Die floralen Königinnen im spätsommerlichen Garten sorgen in den Beeten für eine Farbexplosion: von Cremeweiß bis Blassrosa, von sonnigem Gelb bis zu Lila, von Purpurrot bis hin zu (fast) Schwarz und allen Farben, die dazwischen liegen. Im September geht niemand an den prächtigen Dahlien-Blüten vorbei, ohne zu staunen!

Sie tragen so klangvolle Namen wie ‚Gatsby‘, ‚Willowfield Mick‘ oder ‚Jennie‘: Die Auswahl an Dahliensorten ist ebenso atemberaubend wie ihre prächtigen Blüten. Es gibt weltweit über 30.000 verschiedene Sorten – da sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein. Wer es knallbunt und üppig liebt, ist mit großblütigen, gefüllten Züchtungen in leuchtenden Farben sicher am glücklichsten. Andere schätzen eher die einfachen Formen in schlichteren Farben, die zudem für Insekten interessanter sind. Bei passionierten Gartenfans ist beispielsweise die Sorte ‚Bishop of Llandaff besonders beliebt. Wohl weil die mittelgroßen, roten, ungefüllten Blüten einen schönen Kon­trast zum braunroten Laub bilden. Die Sorte wurde im Jahr 1928 vom britischen Züchter Treseder eingeführt und gilt mittlerweile als Klassiker.

Willowfield Wick

Willowfield Wick

Dahlien werden nach ihrer Blütenform in 13 Klassen eingeteilt, aber das ist eine Wissenschaft für sich und braucht alle, die einfach nur die schönen Blüten genießen wollen, nicht weiter zu interessieren. Es ist erstaunlich, was die Züchter im Lauf der Zeit an schmucken Varianten geschaffen haben. Vor allem, wenn man sich die eher schlichten Blüten der rund 35 Wildarten aus dem Hochland von Guatemala und Mexiko ansieht. Die essbaren Knollen der Korbblütler dienten (und dienen) dort übrigens als Nahrungsmittel.

Ungefüllte Sorten sind anders als die großblütigen, gefüllten Züchtungen, hier eine ‚Tomo‘ (o.), auch für Insekten interessant.

Die früheste Erwähnung dieser Pflanzenart erfolgte Ende des 16. Jahrhunderts durch den spanischen Arzt und Naturforscher Francisco Hernandez de Toledo, der 1571 bis 1577 Mexiko bereiste. Bis die ersten Dahlien nach Europa kamen, sollte es jedoch noch rund zwei Jahrhunderte dauern. Erst nachdem der Direktor des Botanischen Gartens von Mexiko-­Stadt, Vicente Cervantes, Samen dieser Pflanze über den großen Teich an seinen Kollegen Antonio José Cavanilles in Madrid geschickt hatte, erblühten dort im Jahr 1791 die ersten Dahlien auf dem europäischen Kontinent.

Ungefüllte Sorten

Ungefüllte Sorte

Cavanilles taufte die neue Art zu Ehren des schwedischen Botanikers Anders Dahl auf den Namen Dahlia. Der deutsche Botaniker Carl Ludwig Willdenow benannte, in Unkenntnis des bereits vergebenen Namens, die für ihn neue Art kurze Zeit später, im Jahr 1803, Georgina. Dies geschah zur Erinnerung an den Naturforscher Johann Gottlieb Georgi. Lange Zeit hielt sich in Deutschland der Trivialname „Georgine“ für die Art. So nannte auch der Dichterfüst Johann Wolfgang von Goethe die exotische Knollenpflanze, die er in seinem Weimarer Garten angeblich schon 1814 kultivierte. Erst später einigte sich die Fachwelt auf die bis heute gültige botanische Bezeichnung Dahlia.

Exklusive Schönheiten

Ab dem frühen 19. Jahrhundert verbreitete sich die Dahlie rasch in ganz Europa. Um 1800 kam sie von Madrid nach England, Frankreich und Deutschland. Schon 1817 gab es mehr als 100 Varietäten, darunter sogar solche mit gefüllten Blüten. Allerdings waren Dahlien anfangs nur Botanikern und Adelshöfen vorbehalten. Der gartenverrückte Fürst Pückler etwa bestellte 1820 beim preußischen Hofgärtner Ferdinand Fintelmann auf der Pfaueninsel „ein schönes Sortiment“ dieser Pflanzen für seinen Schlosspark in Muskau. Dahlien lassen sich jedoch leicht vermehren und behielten deshalb nicht lange ihre Exklusivität. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts wuchsen sie in vielen Gärten und Parks. Mit ihrer Verbreitung einher ging die Züchtung immer neuer Sorten, die in speziellen Dahliengärten zur Schau gestellt wurden. Dahlienzüchter und -liebhaber schlossen sich schließlich im Jahr 1897 zur „Deutschen Dahliengesellschaft“ mit Sitz in Berlin-Steglitz zusammen. Sie besteht bis heute, allerdings seit dem Jahr 2019 als „Fachgruppe Dahlien, Fuchsien und Kübelpflanzen“ unter dem Dach der Gesellschaft der Staudenfreunde (GdS).

Sortenreiche Schausammlungen

Eine der prächtigsten Schausammlungen wurde 1932 in Hamburg eröffnet. Der seit 2002 unter Denkmalschutz stehende Dahliengarten im Volkspark zeigt auf 15.000 Quadratmetern rund 600 Dahliensorten, insgesamt mehr als 11.000 Pflanzen. Weitere sehenswerte Dahliengärten gibt es unter anderem in Gera, Erfurt und Dresden. Wem der Weg dorthin zu weit ist, findet aber auch bei uns im Südwesten Dahliengärten, die sich nicht verstecken müssen. Zu den populärsten gehört sicher die Dahlienschau am Südhang der Blumeninsel Mainau im Bodensee. Hier sind seit über 70 Jahren vom Hochsommer bis weit in den Herbst hinein rund 12.000 Exemplare in über 280 attraktiven Sorten zu bestaunen. Am Ende des Sommers wird hier alljährlich durch Publikumsvotum die Dahlienkönigin gewählt. Ebenfalls die schönste Dahlie wird jeweils im September in Baden-Baden gekürt. Der Dahliengarten an der Lichtentaler Allee wurde 1967 gegründet und nach kurzer Zeit der Schließung von einem Verein 2004 wiedereröffnet. Mit seinen rund 70 Dahliensorten bildet er einen zwar kleinen, aber feinen Saisonabschluss in den Kuranlagen der Bäderstadt. Seit 2002 gibt es auch in Lindau am Bodensee eine Dahlienschau. Initiiert hat sie der Dahlien-Liebhaber Stefan Seufert und gepflegt wird die Anlage von einem Team aus Schülern und Freiwilligen. Inzwischen können hier von Mitte August bis Ende Oktober rund 700 verschiedene Dahliensorten bestaunt werden.

Schaugärten mit Dahlien

Wer ist die Schönste im ganzen Land? In Schaugärten zündet das Farbfeuerwerk der Korbblütler aus Mexiko.

Dahlien lieben Wärme, Sonne und fruchtbaren, feuchten Boden. Die Knollen der nicht winterharten Art müssen allerdings im Herbst ausgegraben und bis zum nächsten Frühjahr frostfrei und dunkel, am besten in einem kühlen Keller, überwintert werden. Ein Namensschildchen an der jeweiligen Sorte ist sinnvoll, denn die nackten Knollen verraten nicht, welche Blüten sie in der kommenden Saison hervorbringen werden. Die Mühe lohnt sich aber in jedem Fall, denn die schönen und langlebigen Pflanzen werden dann viele Jahre immer wieder aufs Neue Freude schenken!

Fotos: © Frank von Berger