Ein Götterschmaus: die Früchte des Walnussbaums Haus & Garten | 10.10.2020 | Frank von Berger

Walnussbaum und Maisfeld

Sie gehören zur Landschaft am Oberrhein wie Reben und Mais: Walnussbäume, die im Alter oft zu markanten Baumpersönlichkeiten heranwachsen. Im Herbstwind purzeln die wertvollen Nüsse zu Boden und lassen sich zu allerlei Köstlichkeiten verarbeiten.

Die auch Welsche oder Gallische Nuss genannten und im Alemannischen als Baumnuss bekannten Gehölze stehen wie selbstverständlich am Wegrand. Aber die Walnuss ist eigentlich kein einheimischer Baum. Juglans regia, wie die Walnuss botanisch korrekt heißt, stammt aus dem südwestlichen Asien und kam einst mit den Römern nach Mittel- und Westeuropa. Die sommergrüne, bis 20 Meter hoch wachsende Baumart mit breit ausladender Krone hat sich jedoch so gut eingelebt, dass sie sich im Weinbauklima problemlos durch Selbstaussaat verbreitet. Dabei sind Eichhörnchen, Häher und andere Tiere behilflich, weil sie die reifen Früchte im Herbst als Wintervorrat verschleppen und vergraben.

Walnuss Frucht

Baumnuss heißen auf alemannisch Baum und Frucht, Letztere sind schmackhaft und gesund.

Vor allem der köstlichen Kerne wegen wird die Walnuss in unserer Region gern als Hausbaum, aber auch an Wegen und am Feldrand gepflanzt. Griechen und Römer bezeichneten die schmackhaften Nüsse als Speise der Götter. Darauf verweist auch der botanische Name Juglans: Jovis glans bedeutet so viel wie „Eicheln des Jupiter“. Übrigens empfahl bereits Karl der Große in seiner um das Jahr 800 verfassten Landgüterverordnung „Capitulare de villis“ den Anbau von Walnüssen unter dem Namen „nucarios“. Er wusste wohl um die nahrhaften und gesunden Inhaltsstoffe dieser wertvollen Baumfrucht.

Energiereiches Superfood

Deren Inneres erinnert im Aussehen nicht von ungefähr an ein menschliches Gehirn. Denn die Inhaltsstoffe der Walnüsse enthalten geballte Energie für Körper und Geist und bestehen aus bis zu 60 Prozent Fett. Klingt nicht gerade schlank, ist aber gesund, weil es sich dabei zum Großteil um ungesättigte Fettsäuren handelt. Zudem punktet die Nuss mit wertvollen Vitaminen und Mineralstoffen. Gepresst entsteht aus dem Fruchtfleisch das wertvolle Walnussöl, eine Delikatesse für Kenner. Hierzulande wird es noch manchmal von kleinen Ölmühlen produziert. Inzwischen gelten aber die Türkei, China, die USA und Russland als Hauptanbauländer für die kommerzielle Produktion von Walnüssen. In hiesigen Supermärkten findet man deshalb auch vorwiegend Walnusskerne aus Kalifornien.

Walnuss Blütenstand

Im Frühling wachsen weibliche und männliche Blüten (Kätzchen) am Baum.

Die grünen Schalen, die den Kern der Nüsse bis zur Reife umhüllen, enthalten viel Vitamin C und wirken, medizinisch aufbereitet, magenstärkend. Einfach so sollte man die fleischigen Fruchthüllen nicht verzehren, da sie Stoffe enthalten, die den Magen reizen. Man kann sie aber unreif ernten und als pikante Pickles einlegen. Die Fermentation macht sie bekömmlicher als frisch vom Baum geerntet. Früher wurden grüne Walnussschalen auch getrocknet und vermahlen als Pfefferersatz verwendet. Liebhaber herber Genüsse schwören auf einen braunschwarzen Likör, der aus den unreifen Früchten samt Schalen bereitet wird. Der hohe Gehalt an Gerbsäure machte die Fruchtschale zudem einst bei Färbern beliebt, und Gerbsäure ist auch der Grund, warum die Blätter des Walnussbaums nur schwer verrotten.

Wundersame Wirkungen

Angeblich vertreibt das aromatisch duftende Walnusslaub Mücken und Fliegen, weshalb man unter einem Walnussbaum von den sommerlichen Plagegeistern verschont bleiben soll. Wer sich jetzt eine Ruhebank in den kühlen Schatten der schützenden Baumkrone stellen möchte, sollte jedoch bedenken, dass dieses Gewächs im Mittelalter als gesundheitsschädlich und als Unglücksbringer galt. Tatsächlich weigern sich die meisten Pflanzen, unter Walnussbäumen zu wachsen. Das liegt aber nicht an vermeintlichen Zauberkräften, sondern an aggressiven Stoffen, die das gefallene Laub freisetzt. Früher wusste der Volksmund: „Was unterm Walnussbaum wächst, taugt nichts!“ Doch was des einen Leid ist, das ist bekanntlich des anderen Freud. Der alemannische Dichter Johann Peter Hebel reimte deshalb: „Hab’ ich keinen Tabak auch – Nussbaumlaub gibt guten Rauch.“ Ob das Inhalieren von Walnussbaumlaub jedoch empfehlenswert ist, sei dahingestellt.

Walnuss

Vom Wind bestäubt, entwickeln sich während des Sommers aus den befruchteten weiblichen Blüten die von einer dicken Schale geschützten Nüsse.

Medizinisch anwendbar ist auf jeden Fall der in Rinde, Blättern und Früchten des Baums enthaltene Wirkstoff Juglon. Walnussextrakte aus der Rinde werden kurativ erfolgreich bei Gelbsucht, Hautausschlägen, Akne, Hämorrhoiden und Fußschweiß genutzt. Die Wirkstoffe der Blätter haben eine zusammenziehende Wirkung und sind bei Durchfall und Wurmbefall hilfreich. Und im Mittelalter räucherte man die Krankenstuben mit Walnussblättern aus – der Duft galt als reinigend.

Wie alle Nüsse gilt auch die Walnuss als Fruchtbarkeitssymbol. So war und ist es zum Beispiel üblich, nach der Geburt eines Knaben die Nachgeburt neben einem neu gepflanzten Walnussbaum einzugraben, auf dass Bube und Baum gleich gut gedeihen mögen. Apropos Fruchtbarkeit: Damit man im Herbst eine reiche Ernte großer, schmackhafter Nüsse einsammeln kann, pflanzt man am besten einen veredelten Baum einer der zahlreichen Zuchtsorten. Aus Sämlingen gezogene, „wilde“ Walnussbäume beginnen nämlich erst nach vielen Jahren zu fruchten und bringen dann auch nur mäßige Erträge mit relativ kleinen Nüssen.

Fotos: © Frank von Berger, iStock/omersukrugoksu