Jetzt schneiden: Verjüngungskur für Bäume und Sträucher Haus & Garten | 06.02.2023 | Dorothea Wenninger

Die Zeit zwischen Ende Januar und März ist ideal für den Rückschnitt von Obstgehölzen und spätblühenden Sträuchern. Wo Weinreben wachsen, können Gärtner schon Ende Januar damit beginnen. In kälteren Gebieten wartet man besser bis Ende Februar oder März.
Warme Winter mit unvorhersehbaren Kälteeinbrüchen erschweren die Gartenplanung. Besser als sich an einem festen Datum zu orientieren ist deshalb, zu schauen, wie weit die Natur ist: Im Vorfrühling, wenn Schneeglöckchen und Haselnuss blühen, bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Krokusse in den Startlöchern stehen, ist die beste Zeit für den Winterschnitt. Wenn dann keine frostigen Temperaturen unter minus fünf Grad zu erwarten sind, kann es losgehen. Mit Ast-, Gartenschere und Baumsäge widmen sich Hobbygärtner ihren Bäumen und Sträuchern. Denn vor allem Gehölze profitieren von einem jährlichen Rückschnitt. Erfolgt er im Winter, regt er das Wachstum an, im Sommer wirkt er eher bremsend.
Beim Baumschnitt kommt es nicht nur auf die Baumart an, sondern auch auf das Alter des Baumes. Denn der Erziehungsschnitt in den ersten drei Jahren ähnelt dem Pflanzschnitt, bei dem Triebe und Zweigspitzen im oberen Bereich und an den Seiten zurückgeschnitten werden. Dabei immer darauf achten, dass das Auge, über dem geschnitten wird, nach außen zeigt. Das Einkürzen regt das Wachstum sehr stark an, und an den Schnittstellen sprießen neue Triebe. Den Erziehungsschnitt führt man nur beim Einpflanzen durch und in der Anfangsphase, wenn man beim Obstbaum die sogenannten Gerüst-äste herausbilden möchte, aus denen dann die Fruchtäste wachsen sollen.
Ist der Obstbaum schon der Kindheit entwachsen, zielt ein Rückschnitt auf die Erhaltung eines gesunden Wuchses und einen hohen Ertrag ab. Die Früchte sollen genügend Sonne erhalten. Alle Äste, die der Mittelspitze oder den Gerüstästen Konkurrenz machen, absägen. Zu dichtes Gezweig ausdünnen oder aber zu schwache Triebe durch einen Rückschnitt zu kräftigerem Wachstum anregen. Dabei nicht zu viel Fruchtholz entfernen. Es ist ganz leicht an den rundlichen Blütenknospen zu erkennen, die wesentlich dicker sind als die Blattknospen.
Einzelne Zweige oder Äste so beseitigen, dass die Kraft des Baumes in den darunter wachsenden Seitentrieb umgelenkt werden kann. Also einen Ast nie einfach irgendwo abschneiden und einen alleinstehenden Stummel stehenlassen. Die Schnittstelle muss immer an einer Verzweigungsstelle liegen. Diese Schnitttechnik ist nicht nur grundlegend für einen ästhetischen Baumschnitt – werden Äste einfach gekappt, sieht das immer unnatürlich und verkrüppelt aus –, sondern erhält den Baum auch gesund. Die aus den Wurzeln aufsteigenden Säfte schießen sonst ins Leere und dem Baum fehlt es an der richtigen Stelle an Kraft.
Beim Sägen oder Schneiden immer darauf achten, dass die Schnittstelle schräg vom Baum weg weist, sodass das Wasser von ihr ablaufen kann und es nicht zu Fäulnis kommt. Ein Astschnitt sollte nicht mehr als fünf Zentimeter im Durchmesser betragen. Je größer und ausgefranster die Wunde, umso schwieriger die Heilung. Bei großen Wunden die Ränder mit einer Hippe oder einem scharfen Messer säuberlich glätten und eventuell dünn – und nur auf die Ränder – etwas Wundpaste auftragen. Einen langen Ast provisorisch über der Schnittstelle kappen, damit er nicht bricht und den Stamm aufreißt. Dann sauber und schräg an der richtigen Stelle – direkt am Stamm oder an einer Verzweigung – absägen.

Ein vorbildlich geschnittener Apfelbaum erhält die typische Form und verschafft der Krone Licht.
Vergreiste Bäume
Übernimmt man einen Garten mit vernachlässigten Obstbäumen, geht es in erster Linie darum, kräftig auszulichten. Je länger nicht geschnitten wurde, umso mehr Holz muss jetzt herausgeholt werden. Nach innen, zum Stamm hin strebende Zweige und horizontal wachsende, die anderen in die Quere kommen, dürfen nicht stehen bleiben. Überaltertes, herabhängendes Frucht-holz abschneiden und ableiten auf einen – meist darüberliegenden – jüngeren Seitentrieb.
Die vielen Wasserschosse müssen weg: Die dünnen, senkrecht nach oben wachsenden Triebe nehmen dem Baum nur Licht und Luft und bilden kein Fruchtholz. Einfach mit der Rebschere am Ansatz komplett kappen. Was auch entfernt werden muss, sind Triebe, die direkt aus der Erde oder dem Stamm kommen oder solche, die unter einer Ver-edelungsstelle herauswachsen.
Das kräftige Auslichten ist Voraussetzung dafür, dass alte Obstbäume auch wieder Früchte tragen. Dabei ist natürlich der Baumart Rechnung zu tragen. Ein Apfelbaum sollte in seiner rundlichen Form zum Beispiel immer von einem länglicher wachsenden Birnbaum zu unterscheiden sein.
Bei nicht Obst-tragenden Laubbäumen ist kein Schnitt nötig. Es geht höchstens darum, eine schöne Krone zu formen, also keine Konkurrenztriebe zuzulassen und außen einzukürzen, damit insgesamt ein harmonisches Bild entsteht. Ist ein über Jahrzehnte gewachsener Baum zu groß geworden, müssen die Experten ran.
Nadelbäume sollten übrigens nie geschnitten werden. Eine gekappte Fichte zum Beispiel wird immer aussehen wie eine Fichte, der die Spitze abhandengekommen ist. Die Verletzung bleibt immer sichtbar. Ausnahmen von der Regel sind Hecken aus Nadelgehölzen und Latschenkiefern.

Hier sieht man die korrekte Schnitttechnik: schräg und direkt am Ast.
Obst- und Ziersträucher
Wer im Herbst vergessen hat, die Obststräucher zurückzuschneiden, kann dies jetzt noch tun. Vergreiste Brombeer- und Himbeerruten immer an der Basis abschneiden. Das regt das Wachstum von neuen Trieben an. Als vergreist gelten bei diesen Beeren bereits zweijährige Ruten. Bei Johannis-, Stachel- und Heidelbeersträuchern tragen auch mehrjährige Triebe noch, sie müssen erst nach etwa fünf bis zehn Jahren herausgenommen werden. Werden die Sträucher zu hoch, sollte man auf einen tieferen Seitenarm umlenken, also den langen Trieb direkt darüber kappen.
Bei den Ziersträuchern streiten sich die Geister, ob ein Rückschnitt überhaupt nötig ist.
Krankes, erfrorenes und abgestorbenes Holz sollte aber immer herausgeschnitten werden. Und vielen schadet es nicht, wenn sie immer wieder in ihrem Wuchs verschlankt werden. Dafür werden konkurrierende Mittel- sowie ein- und mehrjährige Seitentriebe entfernt. Man kann auch ganze Triebe direkt über der Erde ab-schneiden. So kommt mehr Licht ins Innere des Strauchs, was dem Verkahlen vorbeugt. Natürlich gilt auch hier, dass jede Strauchart einen anderen Schnitt braucht, um die natürliche Wuchsform der Pflanze nicht zu zerstören.
Die Sommer- und Herbstblüher unter den Ziersträuchern bilden ihre Blüten an den frischen Trieben. Deshalb die einjährigen Ruten auf wenige Augen einkürzen. Je stärker zurückgeschnitten wird, umso kräftiger werden die neuen Triebe wachsen und umso üppiger wird die Blüte ausfallen.
Sträucher, die im Frühjahr blühen – wie Forsythie, Haselnuss, Flieder oder Berberitze –, schneidet man grundsätzlich erst nach der Blüte. Sonst würde man ihre Knospen mit entfernen, die sie schon im Vorjahr ausgebildet haben. Auch an kälteempfindlichen Pflanzen aus dem mediterranen Raum wie Lavendel, Salbei oder Rosmarin sollte man sich jetzt noch nicht mit der Gartenschere zu schaffen machen. Sie könnten sonst einen Kälteschaden erleiden und eingehen.
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