In Harmonie mit der Natur: Permakultur Haus & Garten | 09.06.2024 | Heide Bergmann

Auf dem Bild ist eine Frau die am gärtnern ist.

Durch den Klimawandel geraten Gärten, Ackerbau und Wälder immer mehr aus dem Gleichgewicht. Trockenheit, ausgelaugte Böden und Artenschwund sind die Folgen. Wir brauchen eine Landbewirtschaftung, die diesen Herausforderungen gerecht wird. Kann Permakultur eine Lösung sein? Was bedeutet sie und was bewirkt sie in unseren Gärten?

Ein Bild von einem Garten.

Ertragreich gärtnern mit harmonischen Pflanzengesellschaften: Obstbäume, Rankpflanzen, Beerensträucher, Stauden, Gemüse und Bodendecker gedeihen nebeneinander. Eine lange Tradition haben die „Drei Schwestern“ (u.), eine Mischkultur aus Kürbissen, Bohnen und Mais.

Der Begriff Permakultur setzt sich aus „permanent“ und „(agri)culture“ zusammen und bezeichnet eine Landwirtschaft, die nicht auf Monokulturen, sondern auf Vielfalt setzt. Nicht der Profit und die Ausbeutung der Natur stehen an erster Stelle, sondern ihr dauerhafter Erhalt für die Zukunft. Der australische Umweltwissenschaftler Bill Mollison gilt als Vater der Permakultur. Zusammen mit seinem Schüler David Holmgren entwickelte er in den 70er-Jahren seine zukunftsweisenden Ideen und wurde dafür 1981 mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Mollisons Visionen sind struktur- und artenreiche Lebensräume, in denen Mensch, Tier und Pflanze harmonisch zusammenleben. Je reichhaltiger und komplexer solche Systeme sind, desto stabiler und resilienter sind sie. Eine ökologische, artenreiche Landwirtschaft etwa gerät bei Extremwetter, Trockenheit oder Schädlingsbefall nicht so schnell aus dem Gleichgewicht. Dies gelingt zum Beispiel mit Agroforstwirtschaft, die in tropischen Regionen bereits heute eine wichtige Rolle spielt. Sie verbindet Feldbau, Tierhaltung und Forstwirtschaft miteinander. So entstehen Pflanzengesellschaften, die sich gegenseitig unterstützen, den Wasserhaushalt und die Fruchtbarkeit fördern und Bodenerosion verhindern.

Mais, Kürbisse und Bohnen auf einem Bild.

„Drei Schwestern“

Viel mehr als eine Anbaumethode

Ist Permakultur die adäquate Antwort auf den Klimawandel? Ronny Müller, Permakultur-De­signer und Gründer des Vereins Permakultur Dreisamtal, sieht die Lage kritisch: „Wir sind im Klimawandel bereits so fortgeschritten, dass wir wahrscheinlich nahe an etlichen Kipppunkten sind. Nachhaltig zu agieren allein genügt nicht. Wir müssen die Systeme wieder regenerieren, den Kohlenstoff aus der Atmosphäre im Boden und in der lebenden Biomasse binden!“ Müller betreut seit 10 Jahren einen circa 3000 Quadratmeter großen Permakulturgarten am Häuslemaierhof bei Buchenbach. Er gibt bundesweit Kurse und Veranstaltungen zur Permakultur. „Der Zustand der Welt ändert sich gerade dramatisch“, betont er. „Es wird mehr Dürrephasen und mehr Hochwasser geben und dabei immer ausgelaugtere Böden. Wir müssen Resilienz entwickeln, um mit Krisen besser umzugehen und sie als Chancen zur Umgestaltung zu nutzen. Nicht nur in der Landwirtschaft, auch in der Gesellschaft.“ Permakultur ist für Müller mehr als nur eine Anbaumethode. Sie ist ein ethisches Konzept, das unser Zusammenleben betrifft. „Wir stehen komplexen Problemen gegenüber, und dafür braucht es angepasste Lösungen. Wenn wir als Menschen friedlich zusammenleben wollen, müssen wir grundsätzlich unseren Umgang mit der Erde ändern.“ Ein Leitsatz der Permakultur lautet demnach: „Sorge für die Erde, sorge für die Menschen und teile gerecht.“ Permakulturgärten sind häufig auch soziale Projekte, in denen gemeinschaftlich gearbeitet und geerntet wird.

Vielfalt im Garten

Viele Ansätze aus der Permakultur lassen sich im eigenen Garten umsetzen. Pflanzengesellschaften gelten als Basis, um ertragreich zu gärtnern wie etwa im Waldgarten: Hier gedeihen Obstbäume, Rankpflanzen, Beerensträucher, Stauden, Gemüse und Bodendecker auf verschiedenen Etagen nebeneinander. Die jeweiligen Arten nutzen Licht, Wasser und Nährstoffe auf ihre je eigene Weise und ergänzen sich gegenseitig. Äpfel, Birnen, Weintrauben, Stangenbohnen, Johannisbeeren, Erdbeeren, Salat und schatten­verträgliches Gemüse lassen sich so wunderbar miteinander kombinieren. Der Boden liegt bei diesem System nicht offen, sondern wird beschattet und durchwurzelt. Dies fördert die Feuchtigkeit und den Humusaufbau. Das ist wichtig, denn „das Ausbalancieren des Wasserhaushalts wird künftig eine der Hauptaufgaben im Garten sein“, so Müller.

Ein Bild von einem Garten mit einem Wildbienen Haus.

Der Boden liegt nicht offen, sondern wird beschattet und durchwurzelt, das fördert Feuchtigkeit und Humusaufbau. Auch Wildbienen sind in der harmonischen Gemeinschaft willkommen.

Eine harmonische Pflanzengesellschaft sind auch die „Drei Schwestern“. Dabei handelt es sich um eine traditionelle Anbauform der Ureinwohner·innen Amerikas. Kürbisse, Bohnen und Mais werden in Mischkultur angebaut. Die Kürbisse beschatten den Boden, die Wurzelbakterien der Bohnen fixieren Stickstoff, von dem die Starkzehrer profitieren, und der Mais dient als Rankhilfe. Entscheidend, ob diese Mischkultur klappt, ist der richtige Zeitpunkt der Aussaat oder Pflanzung. So empfiehlt Ronny Müller, die Bohnen erst in den Boden zu stecken, wenn der Mais hoch genug gewachsen ist.

Kräuterspirale – ein Projekt der Permakultur

Mit der Kräuterspirale hat ihr Erfinder, Bill Mollison, gleich mehrere Permakultur-Prinzipien modellhaft umgesetzt. Das dreidimensionale Beet aus Natursteinen bietet auf begrenztem Raum ganz unterschiedliche Standorte für Tee- und Küchenkräuter, von der Trockenzone über den normalen Gartenboden bis zum Sumpfbereich, vom mediterranen Thymian und Salbei über Schnittlauch und Petersilie bis zur Brunnenkresse. Die einzelnen Elemente der Spirale erfüllen jeweils mehrere Funktionen. Die Natursteine speichern Sonnenwärme und schaffen dadurch ein spezielles Kleinklima. Gleichzeitig bieten sie ein trockenes, mineralisches Milieu, in dem mediterrane Kräuter besonders gut gedeihen. Diese locken bestäubende Insekten an. In den Fugen finden Eidechsen, Erdkröten, Bergmolche oder Wildbienen Unterschlupf. In ­einem Becken sammelt sich das Regenwasser, das temperaturausgleichend wirkt. Außerdem profitieren die Pflanzen am unteren Ende von der Feuchtigkeit.

Ein Bild von einer Kräuterspirale aus Stein gebaut mit einer kleinen Wasserstelle am Grund.

Funktioniert auch auf begrenztem Raum: Von der wasserliebenden Brunnen­kresse bis zu Trockenheit liebendem Thymian gedeihen die Pflanzen in der Kräuterspirale.

Wenn wir wie bei der Kräuterspirale die Ökosysteme aus der Natur möglichst gut nachahmen, schaffen wir robuste, widerstandsfähige Gärten, die das Wasser optimal nutzen und die Bodenfruchtbarkeit langfristig erhalten. Genaue Beobachtungen der Natur sind hierbei hilfreich. Auch die äußeren Faktoren spielen eine Rolle, das urbane Umfeld, Lichtverhältnisse, Schatten, Wind und Temperatur. Und nicht zuletzt das soziale Umfeld, die Menschen, die im Garten arbeiten, sich davon ernähren und miteinander teilen.

Info

„Permakultur und spirituelle Landbewirtschaftung“
Eine Fortbildung mit Ronny Müller und Werner Braun,
Dipl. Agraringenieur
22.–23. Juni 2024
In der Demeter Gärtnerei
Echinos, Buchenbach.

Anmeldung und Information: www.echinos.de

Fotos: © Heide Bergmann, freepik.com/EyeEm, iStock.com/photohampster