»Das macht so keiner« – Start-up will autonomes Fahren ermöglichen STADTGEPLAUDER | 01.01.2023 | Till Neumann

chilli-Redakteur Till Neumann beim virtuellen Auto fahren

Künstliche Intelligenz, trainiert von Menschen. Den Ansatz verfolgt das Berliner Start-up Yaak. Über zehn Jahre lang sollen Fahrschulen dessen Software mit Daten füttern. Die zwei ersten Hightech-Wagen der Republik rollen durch Freiburg. chilli-Redakteur Till Neumann hat das System getestet.

Neulich im Freiburger Kreativpark: Ich sitze in einem hochgerüsteten Kleinwagen, VR-Brille auf der Nase, und fahre durch eine Stadt. Das E-Auto bewegt sich keinen Millimeter, doch vor meinen Augen rolle ich vorbei an Fußgängern, blinke, biege ab, beschleunige und bremse. Nach fünf Minuten ist mir erst mal schwindelig.

„Das ist normal am Anfang“, sagt Ruben Schwebe von Yaak. Der 42-jährige „Head of Product“ ist an diesem Freitag in Freiburg, um Fahrschulen die Idee vorzustellen. Sie sollen Kunden werden und die Künstliche Intelligenz mit Daten füttern. Der Vorführwagenist mit sieben Kameras, GPS und 5G-Antennen ausgerüstet. Er kann als Simulator mit VR-Brille genutzt werden – und als Auto für richtige Fahrten auf der Straße. Dabei zeichnet er alle Strecken auf und kann danach hochauflösende 360-Grad-Videos liefern.

Yaak will zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen soll der VR-Simulator  Fahrschülern das Lernen erleichtern. Zum anderen füttern diese die KI-Software bei echten Fahrten mit Daten: „Wir möchten die Sicherheit autonomer Fahrzeuge erhöhen. Und zwar durch den Faktor Mensch“, sagen die Yaak-Macher. Zehn Jahre lang soll ihr System lernen – und dann alle denkbaren Situationen im Verkehr kennen und beherrschen.

Das System funktioniert rein visuell. „Nicht mit Lasern wie bei Tesla oder Mercedes“, erklärt Ruben Schwebe. Er ist sicher: „Das macht so keiner.“ Im Hintergrund laufen Elektrobeats.

Fahrschulleiter Sascha Fiek

„Ein bisschen revolutionieren“: Fahrschulleiter Sascha Fiek hat zwei Autos von Yaak.

An die Idee glaubt auch der Freiburger Fahrschulbetreiber Sascha Fiek. Der 48-Jährige sagt, das System könnte „die Fahrausbildung ein bisschen revolutionieren“. Bei Fahrstunden können seine Fahrlehrer schwierige Situationen in einer App markieren. Danach bekommen sie ein 20 Sekunden langes 360-Grad-Video zugeschickt. Damit können sie mit den Schülern Videoanalysen machen. Zudem sollen Fieks Schüler im Simulator bald beliebige Situationen trainieren können. Auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten: Nachtfahrten, Regentouren oder die Reaktion bei einem
heranrasenden Rettungswagen.

Als erste Fahrschule Deutschlands hat Fiek zwei Wagen bei Yaak geordert. Knapp 600 Euro pro Fahrzeug zahlt er im Monat. „Die Autos kommen bei den Schülern gut an“, berichtet der Freiburger. Auch er fahre damit regelmäßig durch die Stadt. Ein Riesenfortschritt seien die Videoanalyse und der Simulator. Schüler so schneller zur Prüfung zu bringen, sei auch betriebswirtschaftlich interessant.

36 Stunden brauche ein Fahrschüler bei ihm im Schnitt. Rund 3000 Euro koste das. Es dank Yaak schneller und günstiger zu schaffen, hält er für möglich. Yaak garantiert, dass Schüler ab der 26. Stunde weniger für ihre Fahrstunden zahlen.

Ruben Schwebe und sein Team beantworten derweil Fragen der Freiburger Fahrschullehrer. Sie stehen Schlange, um den Simulator zu testen. Möglicherweise sehen sie es wie der ADAC. Der schrieb kürzlich: „Vollständig autonomes Fahren wird Realität werden.“ Bei Yaak ist man sicher: Das geht nur mit der Hilfe von Fahrprofis wie ihnen.

Fotos: © tln, privat