„Fragiles Gebilde“: Freiburger Tanzbrunnen boomt, Konfliktmoderation soll helfen STADTGEPLAUDER | 19.12.2024 | Til Neumann

Der Tanzbrunnen an der Ecke Werthmann- und Rempartstraße in Freiburg ist ein Magnet, die Belegung dort historisch gewachsen. Da auch neue Gruppen Raum möchten, kommt es zu Spannungen. Drei Moderationsrunden sind seit September gelaufen. Sie sollten schlichten und Lösungen bringen. Ein Teilnehmer berichtet, wie sie gelaufen sind und wie es weitergeht.
Diskussion im Chatkanal
Montag Salsa, Dienstag Lindy Hop und Swing, Mittwoch Forró, Donnerstag Tango, Freitag Kizomba, Samstag Salsa, Sonntag Bachata. Die Belegung im Tanzbrunnen ist über Jahre entstanden. Zu finden in der Telegram-Gruppe „Tanzen im Brunnen“. Rund 1200 Mitglieder kriegen dort Infos, wer wann tanzt. Weitere knapp 800 sind im Chatkanal. Dort ging es zuletzt nicht nur harmonisch zu.
Auch andere Tanzstile wollen Platz im Brunnen. In den vergangenen zwei Jahren kam es zu unschönen Szenen, berichtet Tänzer Joachim Breitner. Und zwar als zwei Gruppen gleichzeitig den Platz nutzen wollten, erzählt der 39-jährige Informatiker. Ein Bruch des Belegplans. Offensiv eine Änderung gefordert hat die HipHop affine NoLeadersCommunity.
„Die Liste ist lang“
Seit sechs Jahren ist Breitner in Freiburg und Teil der Szene. Er tanzt Lindy Hop und Tango, ist bei gutem Wetter zweimal die Woche dort. Der Austausch auf Telegram war „nicht unbedingt konstruktiv“, berichtet er. Daher sei eine Konfliktmoderation organisiert worden. Nach zwei Terminen im September und einem im November gibt er nun Einblicke.
21 Personen seien beim ersten Treffen gewesen. Als harmonisch beschreibt er die Stimmung. Geleitet haben den Prozess drei Ehrenamtliche vom Verein Konstruktive Konfliktbearbeitung (KoKo). Wer alles Platz im Brunnen sucht? „Urban Dance, HipHop, Zouk, Fusion, Blues, Bal Folk und West Coast Swing … die Liste ist lang“, sagt Breitner. Es sei über Bedürfnisse, Wünsche und Hoffnungen geredet worden. Doch das braucht Zeit: „Zu einem konkreten Fahrplan sind wir nicht gekommen.“

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„Schöne Vielfalt dort tanzen“
Dafür stünden Ideen im Raum, wie der Brunnen geöffnet werden kann. Und der Wunsch, weitere interessante Plätze in Freiburg hinzuzugewinnen. Details sollen nicht kommuniziert werden. In einer kleinen Telegramgruppe gehe der Austausch weiter.
Fakt ist: Der Brunnen begeistert viele. Doch der Ansturm wirft Fragen auf. „Der Brunnen ist ein fragiles Gebilde“, sagt Breitner. Er wünscht sich, dass nichts kaputt gemacht wird. Und eine schöne Vielfalt dort tanzen kann. Er kennt Leute, die nur für den Brunnen nach Freiburg gezogen sind – und liebt das Gefühl, an diesem frei organisierten Kulturort zu tanzen. „Da gibt es keinen Verein dahinter. Trotzdem funktioniert es. Das finde ich faszinierend.“
„Unter Umständen ein Rattenschwanz“
Als Vorschlag stand im Raum, dass Rathaus oder die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) die Koordination übernehmen. Diese Idee wurde am runden Tisch aber mehrheitlich klar abgelehnt, berichtet Breitner. Auch der tanzaffine Grünenstadtrat Timothy Simms hält davon nichts. Er hat sich dazu in der Telegram-Gruppe geäußert und sagt dem chilli: „Wenn die Stadt involviert ist, stellt sich die Frage nach Genehmigungen, da hängt unter Umständen ein Rattenschwanz dran.“
Eine schnelle Lösung braucht es nicht, berichtet Breitner. Es ist Winter. Bis zum Frühjahr werde es wohl konkreter. Er hofft, dass bewahrt werden kann, was meist super funktioniere: ein frei verwaltetes Kleinod für Freiburger Tänzer·innen.
Fotos: © Andreas Schwarzkopf – wikimedia commons
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