Gaskugel ist unter Denkmalschutz – Zukunft bleibt offen STADTGEPLAUDER | 18.12.2019 | Till Neumann
Schön ist sie nicht. Aber ein Fixpunkt im Freiburger Stadtbild: die Gaskugel am Zubringer in Betzenhausen. Als Speicher wird sie nicht mehr gebraucht. Daher hat sich ein Bündnis formiert, das ihren Erhalt fordert. Viele Ideen stehen im Raum. Sicher ist: Die Gaskugel steht jetzt unter Denkmalschutz.
Die Dreisam plätschert, Spaziergänger schlendern am Ufer entlang. Nur einen Steinwurf entfernt thront die Riesenkugel in der Abendsonne. Geschützt durch meterhohe Zäune und Stacheldraht. Die Füllanzeige auf der Kugel verrät, dass hier Schicht im Schacht ist. Das Gas ist abgepumpt.
Knapp 34 Meter hoch ist das Bauwerk. Und fast 55 Jahre alt. Der Betreiber bnNETZE (eine Badenova-Tochter) hat sie außer Betrieb genommen. „Eine weitere energiewirtschaftliche Nutzung ist nicht völlig ausgeschlossen“, berichtet Badenova-Sprecher Roland Weis. Doch auch viele andere Ideen stehen im Raum: „Es gibt mehr als ein Dutzend Interessenten und Vorschläge.“
Der vielleicht umfassendste kommt aus Betzenhausen. Er ist unter Führung der ehemaligen E-Werk-Chefin Heike Piehler entstanden. „Wir haben breite Zustimmung in der Bevölkerung“, sagt die 54-Jährige. Klar ist für sie: „Man darf die Kugel nicht abreißen.“
Hinter dem 16-seitigen Konzept stehen unter anderem der Bürgerverein Betzenhausen-Bischofslinde, die Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild sowie der Kultur- und Geschichtskreis Betzenhausen-Bischofslinde. Dessen Vorsitzender Thomas Hammerich stellt im Vorwort des Konzeptes klar: Die Kugel sei das „Wahrzeichen des Freiburger Westens“. Die Gruppe fordert eine „sanfte Nutzung“.
Ebenfalls fordern sie, dass die Kugel als Industriebauwerk denkmalgeschützt wird. Das ist bereits geschafft, wie Oberbürgermeister Martin Horn am Montagabend verkündete. Das Landesamt für Denkmalpflege habe so entschieden. Ein Abriss der Kugel ist damit nicht mehr möglich. „Ein wichtiges Etappenziel“, betont Piehler.
Was in den 60ern als „apokalyptisches Werk“ geschimpft wurde, soll jetzt um ein familienfreundliches Gartencafé erweitert werden. Das könnte sich zur Dreisam hin öffnen und „explizit kein Ausflugsziel für AutofahrerInnen“ werden. „Wir denken an einfache Sitzgelegenheiten und zum Beispiel Stufen, Podeste und Grasflächen, die in die Bewirtung einbezogen werden. Und an einen speziellen Radfahrertreffpunkt, zum Beispiel mit einer Fahrradwerkstatt.“
Wichtig sei, dass das Vorhaben finanzierbar bleibt. „Erste Recherchen haben gezeigt, dass es sehr aufwendig und teuer würde, die Gastronomie ins Innere der Kugel zu bauen“, heißt es im Konzept. Es erscheine aber machbar, die „Cafébar – in welcher Weise auch immer – an die Gaskugel anzudocken“. So soll die Kugel möglichst „neu erlebbar werden“.
Ausschließen wollen sie einen Zugang ins Innere nicht. Zumindest in den kühleren Monaten könnte sie für Gruppenführungen begehbar werden. Das sei ambitioniert, aber machbar. „Wir denken keinesfalls daran, einen voll klimatisierten, kommerziellen Publikums-Hype zu schaffen“, schreibt Piehler. Vielmehr soll die Kugel „möglichst pur erlebt werden können“.
Auch Licht und Ton könnten eine Rolle spielen. In Villingen-Schwenningen haben 2003 vier Musiker zwei Tage in einer solchen Kugel musiziert. Das Echo halle dort bis zu einer Minute lang, erzählt Piehler. Ein Spektakel sei das. Ihr Konzept skizziert vorsichtig auch das Potenzial für Kunst in der Kugel.
In Solingen ist man damit schon weiter. Dort ist im Juli in einer ehemaligen Gaskugel ein Planetarium eröffnet worden. Im Galileum steigen unter anderem Harfenkonzerte. Anders lief es in Offenburg. Dort ist eine Gaskugel 2010 sang- und klanglos abgerissen worden.
Für Heike Piehler ist klar: Jetzt braucht es den politischen Willen in Freiburg. Dann sei auch mit Badenova zu reden. Pressesprecher Roland Weis bestätigt das: „Wenn die Politik entsprechende Ziele verfolgt und planungsrechtlich möglich macht, ist bnNETZE bereit, Kugel mitsamt Grundstück zu veräußern.“
Fotos: © Till Neumann & privat