Was den  Ohren hilft: Gutes Hören Gesund & Fit | 14.08.2023 | Dorothea Wenninger

Älteres Ehepaar welches sich was zuflüstert

Damit das Hören gut funktioniert, müssen alle äußeren und inneren Bestandteile des Ohres gesund sein und harmonisch zusammenspielen. Grob gesagt besteht das Gehör aus Außenohr, Mittelohr, Innenohr und Hörnerv.

Die Ohrmuschel fängt die Schallwellen ein, die durch den Gehörgang auf das Trommelfell treffen. Dahinter liegt das Mittel­ohr, es besteht aus der sogenannten Paukenhöhle, einem Hohlraum, der durch die Eustachische Röhre aus dem Nasen-Rachen-Raum mit Luft versorgt wird. In der Paukenhöhle liegen drei winzige, durch Gelenke miteinander verbundene Knöchelchen: die nach ihrer Form benannten Hammer, Amboss und Steigbügel. Sie nehmen die Vibration vom Trommelfell auf und übertragen sie durch ein ovales Fensterchen hindurch aufs Innenohr in die Flüssigkeit der Schnecke. Dieses Hörorgan bekam seinen Namen durch sein Aussehen, das einem Schneckenhaus – lateinisch cochlea – gleicht. Hier stimulieren die Schwingungen unzählige winzige Haarzellen und werden so in bioelektrische Impulse umgewandelt, die der Hörnerv ans Gehirn übermittelt. Das Gehirn wiederum verarbeitet die aus beiden Ohren eintreffenden Impulse und kann so auch die Richtung, aus der ein Laut kommt, bestimmen.

Das Ohr ist nicht nur zum Hören da, es ist auch sehr wichtig für den Gleichgewichtssinn. Im Innenohr liegt neben der Schnecke das Gleichgewichtsorgan, das aus drei Bogengängen besteht.

Zwei Arten von Hörverlust

Der sogenannten Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis) liegt ein Hörverlust im Innenohr zugrunde: Die Härchen in der Cochlea können alters- oder lärmbedingt ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen, sie sind quasi abgenutzt. Das passiert schleichend. Rauchen, Krankheiten und Medikamente können diese Art der Schwerhörigkeit begünstigen, ebenso eine erbliche Vorbelastung.

Bei der Schallleitungsschwerhörigkeit liegt die Störung weiter vorne in der Hörkette: Schall kann nicht oder kaum mehr ins Innenohr geleitet werden, weil ein Ohrenschmalzpfropf oder ein Fremdkörper den Gehörgang verstopft, weil das Trommelfell verletzt ist oder weil das Mittelohr durch eine chronische Entzündung beeinträchtigt ist. Von kombiniertem Hörverlust spricht man, wenn beide Arten zusammentreffen.

Ursachen für Hörverlust

Durch Krankheiten und natürliche Alterung der Körperzellen lässt das Hörvermögen ab dem 40. Lebensjahr allmählich nach. Von den Über-80-Jährigen leiden mehr als 50 Prozent an Schwerhörigkeit. Das heißt aber auch, dass die andere Hälfte nicht oder kaum davon betroffen ist. Altern heißt nicht automatisch schlecht zu hören.

Die größte Gefahr für das Gehör ist Lärm. Nicht nur die Stärke von Geräuschen, auch ihre Dauer ist hierfür ausschlaggebend. Andauernde Lärmbelastungen sollten vermieden werden. Wenn sich das Ohr zwischendurch nicht erholen kann, ist ein Hörverlust wahrscheinlich.

Besonders fatal sind plötzliche, also knallartige Geräusche. Sie lösen ein Knalltrauma aus, das tagelang anhalten kann und unbedingt behandelt werden muss. Trommelfell oder Gehörknöchelchen können dabei verletzt worden sein.

Es ist ein Irrglaube, dass Hörprobleme erst im Alter auftreten. Die Hälfte der Schwerhörigen ist noch berufstätig. Kinder und Jugendliche können durch chronische Mittelohrentzündungen schwerhörig werden. Eine häufige Ursache in dieser Altersgruppe ist zu laut gehörte Musik, denn die wirkt auf die Gehörorgane nicht anders als Lärm. Sie kann die Sinneszellen im Ohr irreversibel zerstören.

Früh gegensteuern

Man kann einiges dafür tun, um sich ein gutes Gehör zu erhalten. Am effektivsten ist es, Lärm zu meiden. Wichtig ist auch, erste Anzeichen ernst zu nehmen und einen fälligen Hörtest nicht auf die lange Bank zu schieben. Wartet man zu lange mit Gegenmaßnahmen, verblassen die akustischen Erinnerungen im Gehirn immer stärker. Fehlt das tägliche Training, verlernt das Gehirn die Fähigkeit, akustische Signale zu verarbeiten.

Anzeichen einer altersbedingten Schwerhörigkeit sind allgemein bekannt: In Situationen, bei denen durcheinander geredet wird oder viele Hintergrundgeräusche vorhanden sind, wird das Gesprochene nicht mehr verstanden. Wer schon lange keine Vögel mehr singen gehört hat und das Surren seines Kühlschranks nicht wahrnimmt, sollte sich fragen, ob mit dem Gehör alles in Ordnung ist. Ebenso, wenn Telefongespräche oder Fernsehsendungen Probleme bereiten oder man das Gegenüber immer wieder auffordern muss, lauter zu sprechen. Niemand möchte den eigenen Körper als fehlerhaft erleben. Deshalb ist die Gefahr groß: Man verdrängt lieber die Beeinträchtigung, fängt an, schwierige Situationen zu meiden oder lastet dem Gegenüber das Problem an: die Kolleginnen sprechen zu undeutlich und Nachrichtensprecher sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

Schwerhörigkeit und Demenz

Menschen mit Höreinschränkungen haben ein höheres Risiko, eine Demenz zu entwickeln. Es ist nicht klar, ob für beides vielleicht dieselbe körperliche Ursache verantwortlich ist. Auf jeden Fall aber fördern Rückzug und Vereinsamung die Entwicklung einer Demenz, weil das Gehirn dann nicht genug gefordert wird. Zu wenige verschiedene Reize auf das Denk­organ lassen die Zellen schrumpfen. Das ist nicht anders als bei einem Muskel, der immer trainiert werden muss, wenn er nicht verkümmern soll.

Die ersten Anzeichen einer Hörbeeinträchtigung sollten also nicht unter den Teppich gekehrt werden. Ein Besuch beim Hörgeräteakustiker oder bei der Ohrenärztin bringt Aufschluss über das weitere Vorgehen und hilft, eine ausgeprägtere Form der Schwerhörigkeit zu vermeiden oder wenigstens hinauszuzögern.

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