Juliane Alt-Mörbe führt in ihrem Freiburger DNA-Labor Vaterschaftstests durch Gesundheit | 12.09.2024 | Philip Thomas

Ruhige Hand: Juliane Alt-Mörbe arbeitet im Labor mit Mikroliter-Pipetten. Ruhige Hand: Juliane Alt-Mörbe arbeitet im Labor mit Mikroliter-Pipetten.

Seit mehr als 30 Jahren untersucht Juliane Alt-Mörbe in Freiburg DNA-Stränge. Mit ruhiger Hand kommt die Gen-Detektivin zahlreichen Krankheiten auf die Schliche, klärt Vaterschaften und sogar so manchen Nachbarschaftsstreit.

„Ich wollte unbedingt etwas mit DNA machen, das hat mich schon immer fasziniert. Darin stecken die Baupläne von allen Lebewesen“, sagt Juliane Alt-Mörbe in ihrem kleinen Labor an der Freiburger Klarastraße. Dort eingerichtet hat sich die Biologin im Jahr 2009. Abgeschreckt von Jahresverträgen in der Forschung wagte sie bereits 1993 den Schritt in die Selbstständigkeit, eröffnete erste Untersuchungsräume an der Wippertstraße.

„Alle haben mir gesagt, du bist verrückt. So ein Mini-Labor gab es in Deutschland praktisch nicht“, erinnert sie sich. Mindestens eine halbe Million Mark hätte die Einrichtung wohl gekostet. In der Tasche hatte Alt-Mörbe aber bloß 35.000 Mark. Eine Nachahmung empfiehlt sie nicht: „Ich hatte mehr Glück als Verstand.“

Denn kurz nach der Eröffnung rief ein Professor der Freiburger Tumorbiologie an: „Ich stelle Ihnen das neueste Gerät hin, wenn sie auch Sequenzierungen für uns durchführen.“ 180.000 Mark habe das Sequenzgerät damals gekostet. Gehalten hat es – zahlreicher Reparaturen sei Dank – bis zum vergangenen Jahr. Unzählige Nukleotid-Abfolgen hat die heute 73-Jährige darin schon bestimmt.

Mit neuem Instrument führt sie unter anderem PCR-Tests für das Freiburger Zentrum für Dermatopathologie durch. „Bei PCRs muss man sehr sauber arbeiten“, sagt Alt-Mörbe, die deswegen zwei getrennte Labore sowie Kittel benutzt und knapp 1000 Einweghandschuhe in sechs Wochen verbraucht.

Auch ein ruhiges Händchen muss die Biologin haben: Sie arbeitet mit Pipetten im Mikroliterbereich. An Gewebeproben kann die Expertin etwa Borrelien-DNA aufspüren und so infizierte Zeckenbisse nachweisen. Die Ergebnisse reicht sie weiter. „Alles andere überlasse ich dem Arzt.“

Auch lebensverändernde Nachrichten überbringt Alt-Mörbe: Zwei Vaterschaftstests führt die Biologin pro Monat durch. „In Familien kursieren Gerüchte und die Leute wollen Klarheit“, erklärt sie. 340 Euro kostet ein Test. Oft werden die Kunden mit Haaren vorstellig, dabei sei das tote Material für DNA-Untersuchungen denkbar ungeeignet. Alt-Mörbe entnimmt Proben an der Mundschleimhaut. „Ein paar Zellen reichen“, sagt sie.

Heimlich abgeschnittene Locken dürfe sie außerdem gar nicht untersuchen. In Deutschland muss die Probeentnahme unter Aufsicht, „identitätsgesichert“ und nur mit Zustimmung aller Sorgeberechtigten stattfinden. Bei erwachsenen Kindern führe sie die Tests nicht gerne durch: „Wenn sich der Verdacht bestätigt, dass ein sozialer Vater nicht der leibliche Vater ist, habe ich schon gestandene Leute umkippen sehen.“

Alt-Mörbes drittes Standbein ist das sogenannte DNA-Barcoding, also Artenbestimmung. Lebensmittelherstellern kann die Expertin damit genau berichten, ob die Verunreinigung in ihrem Müsli von der Kalifornischen Dörrobstmotte oder der Türkischen Mehlmotte stammt und welchen Teil der Produktionskette das Unternehmen durchleuchten sollte.

Manchmal klopfen deswegen auch Privatleute im Labor an. „Ich hatte mal jemanden, der dauernd Scheiße in seiner Garage gefunden hat. Der wollte wissen, ob das sein Nachbar oder ein Hund war“, lacht Alt-Mörbe. Das eindeutige Ergebnis ihrer Artbestimmung: Homo sapiens. Aber auch in so einem Falle gelte natürlich: „Man darf die Probe nicht verunreinigen.“

Foto: © pt