Gutmann-Ballhaus verändert die Tanzszene STADTGEPLAUDER | 22.02.2016

Im Januar hat die größte Tanzschule Europas ihre Pforten auf dem Areal der Ganter-Brauerei geöffnet. Mit einem neuen Kursangebot und breit gefächerten Trainingsmöglichkeiten fordert die Tanzschule Gutmann ihre Wettbewerber heraus und setzt neue Maßstäbe. Das sorgt schon vor der Eröffnung für Unruhen im tanzwütigen Freiburg.

„Das Haus ist der Hammer. Unglaublich, was die da auf die Beine gestellt haben”, schwärmt Philip Meihofer aus Freiburg, der seit zwei Jahren bei Gutmann tanzt. Der 18-Jährige hat bei der Eröffnung des Ballhauses große Augen gemacht: „Ich bin echt begeistert und man merkt, dass dahinter irrsinnig viel Arbeit steckt!“

Steht man heute vor dem Ballhaus an der Leo-Wohleb-Straße, kann man bisher nur erahnen, was sich hinter dem großen Baugerüst versteckt. Hier und da fehlt noch der Feinschliff, an manchen Stellen wird noch fleißig gebohrt und geschraubt. Trotzdem läuft schon jetzt der Tanzbetrieb in den acht großen Sälen auf insgesamt 2000 Quadratmetern. Mit dieser Fläche und rund 5000 aktiven Mitgliedern ist die Tanzschule die größte Europas.

Das Ballhaus ist das neue Prunkstück der Freiburger Tanzszene. Anstatt auf Parkett wird hier auf einem hochwertigen Vinylboden das Tanzbein geschwungen. Akustikdecken garantieren einen schönen Klang, die individuell einstellbare Beleuchtung der Ballsäle sorgt für die richtige Tanzstimmung. „So stelle ich mir Tanzschule vor“, beschreibt Inhaber Matthias Blattmann das 4,5-Millionen-Euro-Projekt. Der 43-jährige Unternehmer hat sich mit seinen beiden Kollegen Johnny Schmidt-Brinkmann und Christian Spengler einen Traum erfüllt.

Trotzdem sind die drei Freiburger keine Traumtänzer. Viel Arbeit und eine Menge unternehmerischer Mut stecken hinter dem Baugerüst. Vor allem die gute Resonanz der Kunden legte den Grundstein für das neue Gebäude-Ensemble, das die bisher in Freiburg verteilten 16 Tanzsäle von Gutmann vereint, erzählt Blattmann. Schon damit war die Tanzschule eine der größten in ganz Deutschland. Nun ist sie die größte Tanzschule Europas und zieht Hobbytänzer sowie Profis auf die Tanzfläche, was für die Konkurrenz auch mal ein Dorn im Auge sein kann.

Blattmann ist sich bewusst, dass es für die anderen Tanzschulen nicht einfacher geworden ist: „Jubelschreie haben sie wohl nicht gemacht. Ich glaube aber, dass auch die anderen Tanzschulen einen treuen Kundenstamm haben und wir eher Leute anziehen, die vorher noch gar nicht getanzt haben.“ Für wenig Jubel hat auch der neu gegründete Tanzverein gesorgt. Hinter vorgehaltener Hand wird kritisiert, dass Gutmann Trainer und Tänzer mit günstigeren Preisen anlocken solle. „Wir haben niemanden abgeworben. Es sind jedoch Trainer und Tänzer zu uns gekommen, nachdem wir den Tanzclub Freiburg e.V. gegründet haben, um unseren Tänzern die Möglichkeit zu bieten, an Turnieren teilzunehmen.“

Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Europa-Park Rust und im Zuge des jährlichen Euro Dance Festivals bekommen die Turnierpaare der Tanzschule Gutmann die Chance, in dieser Zeit mit den besten Trainern der Welt zu trainieren.

Dennoch herrscht im Hintergrund dicke Luft. Nach chilli-Informationen erfragten bereits mehrere Freiburger Tanzvereine beim Tanzsportverband Baden-Württemberg, ob es korrekt sei, sich durch die Vereinsgründung auch die GEMA-Gebühren zu sparen. Darf eine Tanzschule überhaupt einen Tanzverein gründen? Präsident Wilfried Scheible erklärt, dass das durchaus legitim sei, um bei Wettkämpfen und Turnieren anzutreten. Mit den GEMA-Gebühren hätte das jedoch überhaupt nichts zu tun.

Es gibt aber auch Tanzvereine und Tanzschulen, die die Gutmann-Offensive kalt lässt. „Wir verfolgen einen ganz anderen Ansatz als Gutmann“, sagt Manuela Schraut-Keppeler vom Verein Tanzsportgemeinschaft Freiburg, „unsere Trainingseinheiten sind persönlicher, individueller und in kleineren Gruppen.“

Gutmann selbst setzt auf ein ganz anderes System: Hier werden monatliche Beiträge statt Kurse bezahlt, hier kann jeder mehrmals täglich auf seinem Niveau in seiner Sparte tanzen und ist eben nicht an „seinen Donnerstagabend“ gebunden.

Es gibt auch Konkurrenten, die sich über die Eröffnung des Ballhauses freuen. „Seit Anfang Januar sind wir mit der Ballettschule Krain in den Räumen von Gutmann”, schwärmt etwa die Ballerina Meret Schweinfurth. „Ich finde aber, das Schönste am Ballhaus ist das Zusammenkommen ganz unterschiedlicher Tanzstile.“ Durch die gute Vernetzung untereinander könnten auch andere Tanzschulen neue Mitglieder oder Interessierte dazugewinnen.

Der Druck auf den Freiburger Tanzmarkt ist groß. Blattmann sieht drei Gründe: Durch die Nähe zum Dreiländereck, die Universität und die Offenheit der Freiburger Bevölkerung hat sich die Stadt mittlerweile zu einem echten Tanz-Mekka entwickelt – egal, ob Standard, Salsa, Westcoast-Swing oder Hiphop. Hier trifft sich alles, was in der Tanzszene Rang und Namen hat.

„Das ist schon absolute Weltspitze, was man in Freiburg bekommen kann, wenn man danach sucht“, schwärmt Blattmann. Vom 10. bis zum 14. Februar unterrichten die weltbesten Trainer, Tänzer und Choreographen beim Euro Dance Festival im Europa-Park und ziehen auch Hobbytänzer wieder in die Region.

Text: Valérie Baumanns / Visualisierungen: © Oliver Hecke / Fotos: © Valentin Behringer