Humor anstatt Tumor: Feier des Vereins "Jung & Krebs" im Forum Merzhausen STADTGEPLAUDER | 05.06.2016

Humor anstatt Tumor, lieber Keks statt Krebs, lieber arm dran als Arm ab: Um einen Spruch über seine Krankheit ist Carsten Witte nie verlegen. Vor fünf Jahren wurde beim 29-Jährigen Knochenkrebs diagnostiziert. Die Wahrscheinlichkeit, dass er weitere fünf Jahre erlebt, liegt bei 30 Prozent. In Freiburg hat er die Selbsthilfegruppe Jung&Krebs gegründet, aus der mittlerweile ein Verein geworden ist, der junge Krebskranke unterstützt. Am 11. Juni veranstalten Witte und seine Mitstreiter im Forum Merzhausen eine Party mit Tanz, Musik und Comedy. Eine „Hommage ans Leben“.
 

 
„Die Witze, die ich über Krebs kenne, sind zu böse, die kann ich hier nicht erzählen. In meinem Freundeskreis gibt es nichts, was tabu wäre – wir lachen über die derbsten Sachen. Ich weine natürlich auch über meine Krankheit, aber ich war vorher schon ein humorvoller Mensch und so möchte ich weiterleben.
Natürlich gibt es auch Tiefs: 2011 bin ich wegen Schmerzen im Arm zum Arzt gegangen. Eine Woche später wurde mir gesagt, wenn der Tumor bösartig ist, kann ich mich von meinem Arm verabschieden. Da bin ich in ein Loch gefallen. Doch ich glaube, je positiver man denkt, desto positivere Sachen begegnen einem. Also habe ich mich nicht damit abgefunden, und tatsächlich konnte der Arm erhalten bleiben.
 
Knochenkrebs kann man nie überwinden, es kann immer sein, dass neue Metastasen auftauchen. Im Moment habe ich fünf Verdachtsfälle in der Lunge. Damit muss man umgehen – man kann die Krankheit ja nicht einfach wegdenken –, aber die Frage ist wie. Selbstmitleid ist Quatsch, es gibt immer Strategien, um aus einem Tief wieder rauszukommen.
 
Sich in einer Gruppe auszutauschen hilft wahnsinnig viel. Seine Freunde kann man nicht immer konfrontieren, weil sie vieles nicht verstehen können. Da dachte ich mir, ich muss Leute zusammenbringen, die das gleiche Schicksal teilen. Für Kinder wird glücklicherweise ganz viel gemacht, für Ältere auch – weil Krebs in dem Alter am häufigsten ist –, aber die paar Prozent in der Mitte haben kaum Unterstützung.
 
Größtenteils geht es in der Gruppe um zwischenmenschliche Beziehungen: Wie hat sich mein Freundeskreis verändert? Wie geht meine Familie damit um? Wo kriege ich wieder Kraft her? Und es gibt Sachen, die vor allem uns Jüngere beschäftigen, wie das Thema Kinderwunsch.
 
Man könnte meinen, dass die Möglichkeiten glücklich zu sein, durch den Krebs weniger geworden sind. Aber mein Denken hat sich so verändert, dass ich Kleinigkeiten heute viel bewusster wahrnehme. Durch den Krebs eröffnen sich auch neue Wege. Ich habe zum Beispiel Volleyball geliebt und kann es jetzt nicht mehr spielen, weil ich ein künstliches Ellbogengelenk habe und das nicht belasten darf. Da blutet mein Herz immer noch. Aber da muss ich mir halt einen anderen Sport suchen. Ich spiele jetzt Badminton – dafür brauch ich ja nur einen Arm.
 
Ich will den Krebs als Herausforderung und nicht als Problem sehen. Auch wenn ich ein paar Jahre weniger habe: Ich habe voll Bock auf das Leben.“
 
Aufgezeichnet von Tanja Bruckert / Foto: tbr