Im Nest der Eisvögel – Kompetitiv, wurffreudig und ein bisschen abergläubisch STADTGEPLAUDER | 22.12.2024 | David Pister

Mitten im Stühlinger haben sich drei Eisvögel eingenistet. Oft sind sie ausgeflogen. Im Training, beim Spiel oder an der Uni. Heute sind die drei Basketball-Neuzugänge des USC Freiburg alle zu Hause. Im Nest.
„Eisvögel“ steht auf einem schmucklosen Klebestreifen, der auf der Klingel pappt. Draußen wirbeln dicke Schneeflocken. Drinnen, auf einem Tisch, stehen Duftkerzen, Blumen und Gebäck. Die Wände sind leer. Einzelne Girlanden hängen von der Decke. Einrichtungsstil: schlicht.
Eléa Gaba, Paula Huber-Saffer und Helena Englisch spielen seit September für die Eisvögel in der Basketball-Bundesliga. Der Verein stellt die Wohnung. In Freiburg gibt es insgesamt zwei Eisvögel-WGs, vier Spielerinnen wohnen im Sportinternat – die anderen kommen privat unter.
„Die Wohnung wurde uns zur Verfügung gestellt, damit wir das ganze Drama mit der Wohnungssuche nicht am Hals haben“, sagt Gaba, die aus Dresden kommt. Huber-Saffer wohnte in Hamburg, Englisch war in München.
Englisch, mit 17 Jahren die jüngste, und Huber-Saffer (19) sind mit dem Umzug von zu Hause ausgezogen. Beide kannten sich flüchtig aus der U17-Nationalmannschaft. Die Mitbewohnerinnen wurden vom Verein zusammengesteckt. „Vielleicht klappt das Zusammenwohnen so gut, weil wir Sportlerinnen sind. Wir sind ganz entspannt rangegangen. Aber wir haben auch eine Grunddisziplin“, sagt Gaba. Die 23-jährige Center-Spielerin ist Zusammenwohn-Profi. Sie war schon in sieben Basketball-WGs: „Ich hatte keine Sorge, dass es absolute Rabauken sind.“
Komplett neues Team
Huber-Saffer und Englisch haben vorher noch nie in der Bundesliga gespielt. Die Saison läuft schlecht: Neun Spiele gespielt – neun Spiele verloren. „Es ist schwierig, mit einem komplett neuen Team in eine Saison zu starten“, sagt Gaba, die zum ersten Mal eine große Rolle im Team übernimmt, „unser Trainer setzt auf junge deutsche Spielerinnen. Im Profisport kaufen viele einfach die Besten aus dem Ausland. Die meisten wollen fertige Spielerinnen. Wir sind halt Arbeit.“ Nur die US-Amerikanerin Frannie Hottinger kommt von Übersee. „Das ist einzigartig an Freiburg. Wir haben die Chance, zu lernen. Und dann gewinnen wir auch die Spiele“, sagt Huber-Saffer.
Basketball ist Dauerthema. Die Mitbewohnerinnen trainieren bis zu neunmal in der Woche. „Wenn das Training mal schlecht lief und ich sehe die beiden, dann denke ich wieder an das blöde Training“, sagt Gaba. Deswegen bräuchten die Spielerinnen viel Zeit für sich. „Das kriegen wir ganz gut hin“, sagt Huber-Saffer, „für mich ist es am schönsten, wenn ich abends in meinem Bett liege.“
Die drei sind mehr als Mannschaftskolleginnen – sie sind Freundinnen. Früh aufstehen – Training – Uni – Training – Bett: Viel Zeit für andere bleibt da nicht. Das Zusammenleben sei harmonisch. Außer es wird gezockt: „Wir sind alle sehr kompetitiv“, sagt Gaba. „Spieleabende sind oft sehr angespannt“, stimmt Englisch zu. Uno: Geht nicht. Die Auslegung der Spielregeln sei zu verschieden. Eine ganz normale WG eben. „Vielleicht werfen wir eher Sachen, als einen Schritt mehr zu laufen“, sagt Huber-Saffer. Gaba stimmt zu: „Wenn du mich nach der Fernbedienung fragst, bereite dich darauf vor, sie zu fangen.“
Huber-Saffer und Englisch studieren Psychologie, Gaba Soziologie und Kriminologie. Ein zweites Standbein ist für sie alle wichtig. „Ich möchte nicht ausschließlich diesen Basketball-Weg gehen. Es ist unwahrscheinlich, dass es klappt als Frau in Deutschland“, sagt Englisch. „Wenn dein Körper nicht mehr mitmacht, macht er nicht mehr mit. Wir müssen uns immer auf den verlassen. Gott bewahre, man hat irgendeine Verletzung“, sagt Gaba und klopft mit der Faust auf den Tisch. Huber-Saffer macht mit. Auch Englisch klopft. Aber an ihren Kopf.
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