»Knallheiß in die Tüte«: Brotsommelier setzt auf Qualität und altes Handwerk STADTGEPLAUDER | 22.05.2022 | Maja Bruder

Frische Brötchen mit Mandelstückchen auf einem Backblech

Tillmann Gurka ist Brotsommelier und hat vor kurzem seine eigene Bäckerei im Freiburger Güterbahnhofviertel eröffnet. Trotz kleinem Sortiment und happigen Preisen hat der Bäckermeister gut zu tun. Angebote von Supermarktketten zur Vergrößerung lehnt der 31-Jährige ab.

9 Uhr. Tillmann Gurka ist fröhlich bei der Arbeit und hat die ersten Brote im Ofen. In einer Stunde werden auch die großen Zimtschnecken gemacht, die laut Gurka der große Favorit der meisten Kund·innen sind. Der Brotsommelier ist seit der achten Klasse in Bäckereien unterwegs und geht seiner Leidenschaft seit mittlerweile 16 Jahren nach. Er sieht das Endprodukt als „kleines Wunder“. Deshalb kam nach der Bäckermeisterausbildung auch noch das Brotsommelier-Diplom. In der Weiterbildung „kriegt man nicht mehr beigebracht, wie man Brot backt“, sagt Gurka. Als Brotsommelier kann er Brotsorten und Aromen genauestens erkennen und beschreiben.

„In der heutigen Gesellschaft fehlt die Wertschätzung für Brot“, meint Gurka. Ihm ist bewusst, dass seine Preise über dem Standard liegen. Aber der Sommelier bezieht Stellung: „Die Kunden, die nicht gerne Geld ausgeben für Brot, die kommen auch jetzt schon nicht zu mir.“

Deshalb sieht der 31-Jährige in den großen Ketten wie K&U oder Heitzmann keine Konkurrenz – obwohl sie in direkter Nachbarschaft sind. Er hat vorher selbst als Produktentwickler oder Bäckermeister dort gearbeitet und ist überzeugt, dass seine Bäckerkunst sich von den anderen unterscheidet. Manche würden von seinen Preisen abgeschreckt. Aber er „muss nicht alles abgrasen, deshalb haben die Ketten ihre Daseinsberechtigung mit ihren Preisen“. Kund·innen würden teilweise extra auf ihr Brot warten: „Die Leute kennen das nicht, dass die knallheißes Brot in die Tüte bekommen.“

Der Sommelier und sein Team

Der Sommelier und sein Team: Tillmann Gurka in der Edel-Bäckerei am Güterbahnhof.

Der Brotsommelier backt den Tag über frisch und startet verhältnismäßig spät. Er fängt um 6.30 Uhr an und schließt um 18.30 Uhr. Auch seinem Teig lässt er Zeit: Der Sauerteig ruht drei Tage. Dass Gurka nicht so viel Stress hat, liegt vor allem an seinem kleinen Sortiment und dem Backen nach Bedarf. Er möchte den Leuten möglichst frische und warme Ware mitgeben und backt deshalb nicht nach Kalkulation: „Es ist halt einfach schöner, wenn man ne warme Tüte bekommt.“

Seine größte Sorge ist, die ­Qualität zu halten, „einfach weil ich die Preise habe, die ich habe“. Er backe ohne Hefe und nur mit natürlichen Enzymen und Zutaten. Das locke Kund-
schaft aus allen Ecken der Region: Die Leute kämen aus Emmendingen, Teningen und Offenburg. Gurka war über das große Interesse überrascht. Letzten Monat habe er 40.000 Suchaufrufe bei Google gehabt, „da bin ich selbst erschrocken“.

Die Aufmerksamkeit verschafft dem Brotsommelier auch Angebote von Supermarktketten. Eine Kooperation sei logistisch aber nicht möglich: „Mehr Personal bedeutet auch mehr Fehler.“ Der Brotsommelier ist Perfektionist und möchte sich derzeit nicht vergrößern. Vielleicht lassen sich seine Brote aber bald donnerstags auf dem Bauernmarkt am Zollhallenplatz finden.

10 Uhr. Die Zimtschnecken kommen aus dem Ofen, es duftet herrlich. Um 11 öffnet der Laden, die ersten Brotliebhaber·innen sind schon da.

Fotos: © Maja Bruder