Verstörte Prepper mit Ziege – Premiere: Theresia Walsers Weltuntergangs-Etüde im Theater Freiburg Kultur | 07.02.2025 | Erika Weisser

Theresia Walser stand vor 25 Jahren das letzte Mal selbst auf einer Theaterbühne. Und sie hat ihre Auftritte „seither keinen einzigen Tag vermisst“: „Ich war keine Schauspielerin, die aus ihrem Lampenfieber das Beste machen kann“, sagt sie lachend. Mit der Bühne, mit dem Schauspiel hat sie freilich immer noch zu tun, doch von der anderen Seite, als Dramatikerin. Seit Mitte der 1990er-Jahre schreibt sie eigene Stücke, hat dabei festgestellt, dass ihr das „mehr liegt“ als das Spiel; 1999 wurde sie von der Zeitschrift „Theater heute“ zur Autorin des Jahres gewählt. Ihr jüngstes Werk wird am 8. Februar am Theater Freiburg uraufgeführt.
„Die Erwartung“ lautet der Titel der „katastrophischen Groteske“, die Schlaglichter wirft auf die unterschiedlichen Verhaltensweisen von Menschen, die sich einem Ausnahmezustand ausgesetzt sehen. Intendant Peter Carp führt die Regie; es ist seine letzte Regiearbeit am Theater Freiburg. Von ihm, erzählt Walser, sei die Idee zu dem Stück gekommen: Er wurde in einem Urlaub am Wasser von einer Sturmwarnung ereilt – die sich später als nichtig erwies. Hernach habe er bei ihr angefragt, ob sie eine derartige, an die Grenzen der Vorstellungs- und Handlungsfähigkeit gehende Situation zwischen Bangen und Hoffen in einem Schauspiel verarbeiten könne.
Sie nahm den Auftrag an – und arbeitete fast ein Jahr lang an dem Stück mit zehn Figuren, die sich längst an die latent vorhandene Verunsicherung gewöhnt haben und sich weitestgehend „einfach weltuntergangstaub“ stellen. Durch die Ankündigung eines apokalyptischen Unwetters werden sie plötzlich mit einer extremen Bedrohung konfrontiert und in einen Panikmodus versetzt. Alle Figuren versuchen, sich zu retten und treffen im letzten Moment noch Entscheidungen, die am Ende, wenn die Katastrophe scheinbar ausbleibt, auf andere Weise katastrophal sind. Da suchen die einen gemeinsam Schutz in einem alten Bunker und lassen einander dabei im Stich, da fliehen andere blindlings in eine Richtung, die die falsche sein könnte. Da will eine Insektenforscherin bedrohte Arten vor dem Untergang retten, da vergisst ein Pärchen, das lediglich die eigene Haut retten will, den alten Vater im Rollstuhl, der im allgemeinen Gewusel seine Brille verloren hat und beklagt, dass seine Suppe im Pflegeheim „nun kalt wird“.
Es gibt aber auch eine Frau und einen Mann, die Walser der Prepper-Szene zuordnet. Die beiden leugnen seit jeher die Klimakatastrophe und halten entsprechende Meldungen für puren Unsinn. Während alle anderen fliehen, hocken sie unbeirrt im Garten ihrer Vermieter und grillen Fleisch. Dass sie sich später sogar eine Mauer um diesen Garten bauen, zeigt, dass sie längst ganz andere Pläne verfolgen. Am Ende treffen alle Figuren aufeinander zu einem finalen Showdown. Aber auch die Natur, so viel verrät Walser, gibt keine Ruhe. Dafür sorgt auch die sprechende Ziege Lilly, die sibyllinisch durch die Szenen mäandert.
Mehr will Theresia Walser nicht preisgeben von dem Stück, das das „wunderbare Ensemble“ in nur fünf Wochen einstudiert hat. Sie kennt die Schauspieler aus regelmäßigen Besuchen des Theaters und hatte sie beim Verfassen des Stücks „oft vor Augen“.
Info
Die Erwartung
Schauspiel von Theresia Walser
Uraufführung: Samstag, 8. Februar 2025, 19.30 Uhr
Großes Haus, Theater Freiburg
Weitere Termine & Infos:
www.theater.freiburg.de