„Absolutes Neuland“: Melanie Grüner erforscht den Sound des Wassers Land & Leute | 10.06.2022 | Christian Engel

Laufender Duschkopf umrundet von Kamera- und Soundgeräten

Von der Praktikantin zur Pionierin: Verfahrenstechnikerin Melanie Grüner hat bei Hansgrohe in Schiltach ein Soundlabor eingerichtet, um den Klang von Duschbrausen zu optimieren. Die Sounddesignerin ist weltweit damit die einzig bekannte ihrer Art. REGIO-Autor Christian Engel hat sich mit ihr unterhalten: über Vorurteile gegenüber ihrer Tätigkeit, angenehmes Rauschen und die Zukunft in der Duschkabine.

Lust auf REGIO: Frau Grüner, ich muss es Ihnen beichten: Als ich davon hörte, dass es eine Sounddesignerin extra für Duschbrausen gibt, musste ich kurz etwas schmunzeln. Was es nicht alles so gibt …
Melanie Grüner: Diese Reaktion bin ich gewohnt, ich nehme Ihnen das nicht übel. Es ist ja wirklich ein außergewöhnlicher Beruf – und ich kenne sonst niemanden auf der Welt, der so etwas tut wie ich. Sounddesigner in der Automobilbranche – total üblich! Aber bei einem Sanitärtechnikunternehmen? Absolutes Neuland! 

Lust auf REGIO: … Neuland, das Sie sehr gereizt haben muss. 
Melanie Grüner: Ich habe Verfahrenstechnik studiert und mich sehr für das Thema Akustik interessiert. Für die Masterarbeit wollte ich wieder zurück in meine Heimat, ich bin in Offenburg aufgewachsen. Dort in der Ortenau haben wir mit Hansgrohe einen richtigen Global Player mit einem super Ruf. Also probierte ich mein Glück, bewarb mich dort, um im Betrieb meine Thesis erarbeiten und schreiben zu können: Ich wollte den Klang von Duschbrausen und Armaturen erforschen, diese diesbezüglich optimieren. Die Vorgesetzten waren hellauf begeistert von dem Thema – und ließen mich machen.

Lust auf REGIO: Dann rückten Sie den Duschbrausen mit Mikros auf den Leib. 
Melanie Grüner: Hansgrohe hatte extra einen Raum für mich eingerichtet, mittlerweile – ich wurde 2016 nach der Abschlussarbeit übernommen – hat sich dieser zu einem professionellen Soundlabor entwickelt. Dort schließe ich einen Prototyp, nehmen wir mal eine Brause, an einen Schlauch, lasse das Wasser laufen, nehme die Geräusche auf. Anschließend untersuche ich die Frequenzbereiche. Diese sollen gleichmäßig sein, möglichst ohne Peaks. Ein winziges und falsch eingebautes Bauteil kann die Geräuschkulisse bereits versauen, zu unangenehmen Klängen führen.

Lust auf REGIO: Was, wenn’s scheppert?
Melanie Grüner: Na, dann müssen wir eben noch einmal ran. Ich bespreche dann mit den Konstrukteuren, welches Bauteil wir überdenken oder anders einbauen müssen. Am Anfang ging ein Prototyp bisweilen 20 Mal hin und her, bis wir mit dem Klang zufrieden waren und das Produkt in Serie gehen konnte. Mittlerweile wissen die Konstrukteure, worauf sie in Bezug auf den Klang achten müssen – das hat sich richtig gut eingespielt.

Lust auf REGIO: Haben die Konstrukteure schon Bammel, wenn sie auf dem Flur Ihre entschlossenen Schritte hören, wissen, dass Sie wieder was zu meckern haben?
Melanie Grüner: Ach was! Die wollen ihre Produkte doch auch so perfekt wie möglich hinbekommen. Und meckerig bin ich sowieso überhaupt nicht. Aber, das passt zu Ihrer ersten Frage, auch manch ein Konstrukteur wusste nicht so recht, was der Soundtest eigentlich bringt. Es kostet ja zusätzlich Zeit und Geld, wenn da noch jemand den Sound prüft. Die anfängliche Skepsis war aber schnell verschwunden, der angenehme Klang der Brausen überzeugte auch die Entwicklerinnen und Entwickler.

Lust auf REGIO: Wenn wir in die Zukunft blicken: Welche Trends kommen da noch auf Sie und uns Duschliebhaber zu? Kabelloses Duschen?
Melanie Grüner: (lacht) Das dürfte schwierig werden. Ich untersuche neben dem Sound ja auch verschiedene Strahlenarten. Da gibt es noch sehr viel kreatives Entwicklungspotenzial, vor allem mit Blick auf Wassereinsparung. Bezüglich des Sounds gibt es von Mitbewerbern schon erste Ideen für integrierte Lautsprecherboxen in Duschbrausen. Mal sehen, was die Zukunft bringt. Sie wird auf jeden Fall spannend.

Melanie Grüner mit sensiblem Sound Mikrofon

Zur Person

Melanie Grüner, 32, hat Verfahrenstechnik an den Hochschulen in Offenburg und Frankfurt studiert. Ihre Masterarbeit zum Klang von Duschbrausen hat sie bei Hansgrohe in Schiltach erforscht und geschrieben. Grüner ist Mutter eines Sohnes und nach eigener Aussage nicht musikalisch.

Fotos: © Hansgrohe SE / Braxart