Gemeinsam geht was!: Das „Rothüs Café“ in Kiechlinsbergen Land & Leute | 09.09.2024 | Heide Bergmann

Team vom Rothüs Café Machen statt meckern: Stolz präsentiert sich das Team vom Rothüs Café.

Der nördliche Kaiserstuhl hat viel zu bieten: Weinberge, Radrouten und Wanderwege. Jetzt gibt es dazu eine neue Einkehr – das „Rothüs Café“ mit Dorfladen in Kiechlinsbergen. Das Besondere daran: Das Café entstand in Eigenregie der Dorfbewohner·innen. Hippes Design und entspannter Dorftreff – hier begegnet zeitgemäße Gastronomie der Kaiserstühler Tradition.

Alles fing damit an, dass der Lebensmittelladen, der Bäcker und die Bank in Kiechlinsbergen dichtmachten. Das war 2019. Ein Schock für das Winzerdorf und ein Schicksal, das viele kleine Orte teilen. Immer mehr Gaststätten und Geschäfte schließen, die Lebensqualität droht verloren zu gehen. Aber die Kiech­linsberger·innen wollten das nicht hinnehmen. Bei einer Bürgerversammlung auf Initiative des Ortsvorstandes 2020 beschloss man, etwas dagegen zu tun. Es sprudelte nur so vor Ideen. Der Plan war, ein Café als Begegnungsstätte und einen Dorfladen als Nahversorger auf die Beine zu stellen.

Innenraum Rothüs

Der geschmackvoll eingerichtete neue Wohlfühlort in der Dorfmitte ist mit viel Engagement und in Eigenregie entstanden.

Spontan schlossen sich zwölf Einwohner·innen zusammen, junge, ältere, alteingesessene und zugezogene. Ein Jahr später wurde ein Verein gegründet. „Es war von Anfang an ein Team“, betont Martin Maier, der Vorsitzende des Vereins, „das aus dem Vorstand und 20 bis 30 Ehrenamtlichen besteht. Jede und jeder brachte seine Fähigkeiten mit ein, ob Schlosser, Tischler oder Innenausstatter. So konnte der Innenausbau überwiegend mit Eigenleistungen getätigt werden, unterstützt von örtlichen Handwerksbetrieben. Die Stadt Endingen als Eigentümerin übernahm die Bürgschaft für ein Dar­lehen und kam dem Verein mit der Pacht entgegen.“

Feiner Espressoduft im alten Rathaus

Der Name „Rothüs“ leitet sich von dem ehemaligen Rathaus ab, das 1897 erbaut wurde und unter Denkmalschutz steht. Mitten in Kiechlinsbergen, am Fuß der Weinberge und in Sichtweite der kleinen Pfarrkirche gelegen, ist das historische Gebäude nicht zu übersehen. Gerade wurde es im Rahmen des Landessanierungsprogramms energetisch saniert. Der historische Charme mit den hohen Räumen, dem Treppenhaus und dem Glockenturm wurde dabei bestens erhalten.

Das Café ist stilvoll und freundlich eingerichtet. Die moderne Theke, die hippen Designerlampen, entworfen von einer Kiechlinsbergerin, die restaurierten Stühle in Pastellfarben der 50er-Jahre passen wunderbar zueinander. Espressoduft aus der feinen Kaffeemaschine erfüllt den Raum. Durch die Fenster blickt man auf die Lössterrassen mit Reben, rankenden Kürbissen und Holundertrauben. Auch draußen im Garten ist bestuhlt. 

Im Schatten des Magnolienbaums sitzt Hubert Lücker, einer der ersten Stammgäste im Rothüs. Er ist Rentner und wohnt in Endingen. Fast täglich kommt er zum Mittagstisch hierher. Heute gibt es eine Lachs-Mangold-­Quiche. „Mir gefällt die schöne, ruhige Atmosphäre“, sagt er. „Hier passt alles zusammen, das Gebäude, der Garten, das Team und die kleine, feine Speisekarte. Sie ist einfallsreich und vielseitig, ob vegetarisch oder auch mal mit Fleisch.“

Frische Köstlichkeiten Tag für Tag

Das Rothüs hat an fünf Tagen in der Woche geöffnet. Morgens wird ein Frühstück angeboten, mittags ein Tagesessen und zwischendurch bekommt man Flammenkuchen, knusprige Pa­nini, Gemüsequiche oder hausgemachten Kuchen und Torte, wie etwa Feigenschnitte, Mira­bellen-Streusel oder Heidelbeer-­Käsekuchen. Abends trifft man sich zu Antipasti und Kaiserstühler Wein. Alles wird frisch zubereitet und besteht überwiegend aus regionalen Zutaten. So kommen Fleisch und Wurst aus der Kiechlinsberger Metzgerei, Brot und Eis aus Königschaffhausen, Weine und Säfte von umliegenden Winzerbetrieben, Kaffee aus der Biorösterei in Jechtingen und Mehl aus der Bahlinger Getreidemühle. Auch in dem kleinen Dorfladen werden regionale Produkte angeboten wie etwa Gin aus Oberrotweil oder Kräuter aus Burkheim.

Kuchen auf einem Fensterbrett

Die Gäste schätzen die feine, kleine Speisekarte und die ruhige Atmosphäre.

Seit der Eröffnung am 13. Juli brummt der Laden. Verantwortlich für Küche und Personal ist Natalie Dräger. Sie ist 25 Jahre alt und hat Betriebswirtschaft studiert. Sie und ihre Stellvertreterin Sabrina Mathis haben je eine Vollzeitstelle. Dazu kommen 520-Euro-Kräfte und Ehrenamtliche. „Bisher wurde das Rothüs toll angenommen“, berichtet Natalie Dräger. „Das Frühstück läuft total gut, vor allem sonntags. Da muss man schon reservieren, damit man noch einen Platz bekommt, und der Apero am frühen Abend spricht sich rum.“

Für den Herbst plant das Team ein Veranstaltungsprogramm. Es soll Weinwanderungen geben mit Neuem Süßen und Zwiebelkuchen, Konzerte und Lesungen. Der Start des Rothüs Café ist gelungen. Die weiteren Ideen werden dem Team sicher nicht ausgehen.

Info

Rothüs Café
Herrenstraße 19
79346 Endingen am Kaiserstuhl
Tel.: 07642-924723
www.rothues-cafe.de

Öffnungszeiten:
Do., Fr. & Mo.: 8 bis 20 Uhr
Sa.: 8–21.30 Uhr; So.: 8–18 Uhr

Fotos: © Rothüscafé, Heide Bergmann