Immer luschdig un fidel: das Heidewiibli von Rickenbach Land & Leute | 03.09.2020 | Heidi Knoblich

Heidewuhr-c-Hotzenwald-Tourismus-GmbH

Die künstlich angelegten Wuhren Hotzenwald dienten einst zur Bewässerung. Auf das „Heidewuhr“ zwischen Rickenbach und Bad Säckingen geht der Spitzname einer Waldbewohnerin zurück, die wegen ihrer Schlagfertigkeit zur Berühmtheit wurde: das „Heidewiibli“.

In Männerhosen und Rohrstiefeln, mit Angelrute und Netz, mit Fischlogel – einem Transportbehälter für den Fang – und einer immerzu qualmenden Tabakspfeife ging die in Rickenbach geborene Magdalena Schmidt (1799–1880) im Heidewuhr dem illegalen Fischfang nach.

Ihre fangfrischen, wohlschmeckenden Forellen waren bei den Wirten im weiten Umland geschätzt. Mit den unzähligen Strafzetteln, die sie sich damit einhandelte, tapezierte sie ihre alte Fischerhütte, eine Bretterbude, wie der Dichter Johann Victor von Scheffel berichtete. Während seiner Tätigkeit als Rechtspraktikant musste er sie öfters aufsuchen. „Stadtfräcke“ und „Amtslüt“ konnte Magdalena Schmidt allerdings nicht leiden. Einem Stumpen rauchenden Notar, der sie einmal in einem Säckinger Wirtshaus wegen ihrer „Dubakspfiife“ hänselte, gab sie zur Antwort: „D Herre un d Lumpe rauche Stumpe, i raukch mi Pfiife!“ – Die Herren und die Lumpen rauchen Zigarren, ich rauche meine Pfeife!

Gern trieb sie sich in Wirtsstuben herum, wo sie wegen ihrer Schlagfertigkeit wohlgelitten war. Sie nahm es mit jedem trinkfesten Mann auf und blieb keinem eine Antwort schuldig. Ja, man brachte ihr loses Mundwerk gerne zum Übersprudeln, indem man ihr mehr Schnaps einschenkte, als sie vertragen konnte.

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Sogar ein Restaurant wurde einst nach ihr benannt, daran erinnert eine historische Postkarte.

Ein gern gesehener Gast

Auch bei Hochzeiten und Taufen war das „Heidewiibli“ wegen ihrer zünftigen Festreden und dem Vortrag ellenlanger Gedichte ein gern gesehener Gast. Sie lebte nach dem Motto: „Immer luschdig un fidel!“ Doch lustig und fidel war ihr Leben nie gewesen: Ihr Mann hatte als Trinker den gemeinsamen Hof in den Bankrott getrieben und war nach kurzer Ehe verstorben. Als bald darauf die Tochter starb und der Sohn in die Fremde zog, richtete sie sich eine Ziegel- und Kalkbrennerei ein. Nach deren Zusammenbruch überließ sie das Gelände dem Willaringer Dreikönigswirt für zwei Seiten Speck und begann mit dem Fischfang.

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Die Frau mit der Tabakspfeife und dem losen Mundwerk verdankt ihren Namen dem illegalen Fischfang im „Heidewuhr“, einem der vielen uralten Wasserläufe „auf dem Wald“.

Das Rauchen von starken Zigarren diente zunächst nur der Linderung ihres Zahnwehs, das sie sich beim Fischen und beim langen Stehen im Wasser zugezogen hatte. Doch mit der Zeit wurde ihr das Rauchen „ein lieblicher Genuss“ und die Pfeife ihr ständiger Begleiter. Als im Juni 1862 der Großherzog von Baden den Hotzenwald zum ersten Mal besuchte, war bei dem Festzug auch das „Heidewiibli“ anzutreffen – in Hotzentracht, mit Angelrute und Fischlogel, die Pfeife im Mund, dicke Schwaden paffend. Der Amtmann fuhr sie an, sie solle ja ihre Pfeife vor dem hohen Besuch verstecken. Doch als der Großherzog im Festzug daherkam, ging sie geradewegs auf ihn zu und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter: „Gell, Landesvadder, ich darf rauchen!“, sagte sie. Der Großherzog schickte ihr bald darauf eine besonders schöne Tabakspfeife mit Porzellankopf – die sie zeitlebens in Ehren hielt.

Fotos: © Hotzenwald Tourismus GmbH/Dirk Döbele, Gemeinde Rickenbach/Andrea Schick