Mit Leidenschaft: Bildhauer und Gastronom Konrad Winzer Land & Leute | 12.07.2024 | Arwen Stock

Skulpturen von Konrad Winzer. Skulpturen im Garten und eine Profi-Küche im Atelier: Bildhauer und Gastronom Konrad Winzer lebt idyllisch hoch über dem Kandertal.

Als Bildhauer und preisgekrönter Gastronom des „Drei König“ ist Konrad Winzer weit über Lörrach hinaus bekannt. Nach dem Ausstieg aus dem Restaurant sind Kunst und Küche in seinem Atelier in Kandern-Egisholz vereint. Ein Ortsbesuch.

Ob ein warmer Sommerwind den Hang zum Baselblick hochweht oder im Winter Schnee die nackten Körper im Skulpturengarten ziert: Im Atelier des Künstlers Konrad Winzer duftet es nach feinstem Espresso – und Holzspänen. Hier steht die Siebträgermaschine selbstverständlich neben seiner Bronze „Gottes Werk und Teufels Beitrag“. Dazwischen ruht auf einem Stuhl der Katalog seines künstlerischen Werks, darunter lehnt seine Auszeichnung des Restaurantführers Gault & Millau: „Restaurateur des Jahres“.

Küche von Konrad Winzer

Profi-Küche im Atelier

„Die Esskultur ist die erste Kultur, die der Mensch besessen hat“, betont Winzer. Dass sich Kunst und Kulinarik in seinem Leben so verbinden, empfindet er als Geschenk. In die Wiege gelegt wurde ihm das nicht: 1955 geboren in Lörrach, wuchs er mit zwei Geschwistern im hinteren Wiesental auf. Sein Vater war Rektor, seine Mutter kaufmännische Angestellte. Als er zwölf Jahre alt war, zog die Familie nach Lörrach. Nach dem Schulabschluss 1971 meldete ihn seine Mutter zur Lehre beim Steinbildhauer Leonhard Eder in Rheinfelden an. Für Winzer war es eine Punktlandung: „Ich war schon damals und bin noch ein fanatischer Arbeiter.“ Mit dem Abschluss wurde er 1974 Kammer-, Landes- und Bundessieger im Leistungswettbewerb der deutschen Handwerksjugend und gewann ein Stipendium: für die Meisterschule oder die Kunstakademie.

„Hacken“ lernen bei Alfred Hrdlicka

Aber Winzer wollte zu Hrdlicka. Der bekannte österreichische Bildhauer und Künstler Alfred Hrdlicka war damals Professor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. 1975 begann Winzer dort Bildhauerei zu studieren. Tags arbeitete er an seinen Skulpturen, nachts jobbte er im Markgröninger Schlosskeller. Nach dem Abschluss 1981 zog es Winzer zurück in die Heimat: Zuerst „hackte“ er in Lörrach seine Steine, erst in einer „billigen Hütte“, später in einer schlauchartigen Werkstatt.

„Mich hat nichts abgehalten, auch nicht die äußeren Bedingungen“, berichtet er. Ob er Skulpturen in meterhohe Steinblöcke hauen wollte, die Werkstatt aber nur zweieinhalb Meter breit war, oder ob die fünf bis sieben Tonnen schweren Kunstwerke zu seinem Galeristen nach Wien transportiert werden mussten – langsam schaffte er es, seine Position zu verbessern.

Femme Fatal Skulptur von Konrad Winzer.

Winzers „Femme fatale“ ist aus Holz gearbeitet.

Aus einer Idee heraus bewarben sich er und ein Freund 1992 als Pächter des Gasthauses „Zum wilden Mann“ in Lörrach. Und bekamen mit ihrem Konzept für ein „ganz normales Gasthaus“ den Zuschlag. Mit der Eröffnung überrollte die beiden der Erfolg. Das Atelier verwaiste. Doch zwei Jahre später schon hatte sich die viele Gastro-­Arbeit für Winzer gelohnt: Der kleine Bauernhof hoch über dem Kandertal in Egisholz stand zum Verkauf. „Mit meiner Bildhauer-­Tätigkeit hätte mir keine Bank einen Kredit gegeben“, lacht er. Doch mit der betriebswirtschaftlichen Auswertung des „Wilden Mannes“ gelang die Vollfinanzierung.

Bis 2007 blieb er noch im „Wilden Mann“. Dann verkaufte er seinen Anteil und war wieder ganz Bildhauer in Kandern-Egisholz – bis ihn 2010 die Gastronomie noch mal einholte: Winzer eröffnete das „Delikatessen“ im Herzen von Lörrach. KaDeWe-inspiriert gab es dort Mittagessen und Wein, auch zum Mitnehmen. 2011 kam die Gelegenheit um die Ecke, direkt am Alten Markt das sogenannte „Fetteck“ aufzuwerten.

Als Gastronom auf der Erfolgswelle

„Ich habe immer gute Ideen gehabt“, erinnert sich Winzer, der nach einem gewaltigen Umbau neben dem „Delikatessen“ die Bar „Drei König“ und im ersten Obergeschoss das Restaurant „Drei König“ eröffnete. Als er 2012 vom Gault & Millau als „Restaurateur des Jahres“ ausgezeichnet wurde, hörte die Erfolgswelle nicht mehr auf zu rollen. Er arbeitete rund um die Uhr, sein gastronomisches Konzept begeisterte die Gäste. Für die Kunst oder überhaupt eine Beziehung blieb keine Zeit mehr. 2019 war es dann so weit – er gab das „Drei König“ ab: „Ich konnte nicht mehr.“

Die Skulptur "erotische Gednaken" von Konrad Winzer.

„Erotische Gedanken“ hat der Künstler in Stein gehauen.

„Nun fühle ich mich nicht mehr getrieben“, ist er erleichtert und berichtet: „Seit 2020 arbeite ich auch nur noch in Holz, das passt jetzt besser zu mir.“ Damit ist möglich, was wegen des feinen Steinstaubs nie ging: Eine Profi-­Küche steht nun in seinem Atelier. Hier arbeitet Winzer bildhauerisch, zuletzt an der fast raumhohen Gedenksäule „Feind des Glücks“ und der „Femme fatale“, beide aus Lindenholz. Und er kocht und tafelt mit Freunden aus der ganzen Welt. Eine Flasche toskanischer Wein mit seinem Etikett steht schon auf dem Tisch.

Fotos: © Arwen Stock, Jörn Clotten