„Man arbeitet viel für die Tonne“: VHS-Dozent·innen hoffen auf Restart der Sprachkurse STADTGEPLAUDER | 16.04.2021 | Hendrik Sexauer

Japanisch, Persisch oder doch Neugriechisch? Wer eine Sprache lernen möchte, landet nicht selten bei der Volkshochschule (VHS) Freiburg. Bis Anfang Juni müssen deren Türen jedoch wohl geschlossen bleiben. Eine Lösung: Online-Kurse. Aber kann das überhaupt gehen bei Fremdsprachen? Dozent·innen in Freiburg berichten aus dem Corona-Lockdown.

Bis zu 27 Sprachen werden in Freiburg von 100 Dozent·innen unterrichtet. Präsenzkurse, die im April starten sollten, mussten nach verlängerten Kontaktbeschränkungen doch wieder verschoben werden. „Man arbeitet viel für die Tonne“, berichtet Renate Röttele-Lebfromm, Bereichsleiterin der Fremdsprachen der VHS-Freiburg. Kurse könnten im analogen Raum nur mit reduzierten Teilnehmer·innenzahlen stattfinden. Abstandsregelungen ließen Kurse von bis zu 18 Teilnehmer·innen auf zehn Personen schrumpfen. Hoffnung machen aber die 78 Kurse, die digital bereits gestartet sind.

„Das muss man üben – face to face“

Online Kurse seien zeitlich wie örtlich sehr flexibel, sagt Olga Gorfinkel. Mit zwei Kursen ist die 42 Jahre alte Russisch-Dozentin im April gestartet: „Und ich muss sagen es funktioniert sehr gut.“ Sie gibt jedoch zu bedenken, dass ein Online-Kurs schnell durch ein YouTube-Tutorial ohne Dozentin und ohne feste Gruppe ersetzt werden könnte. Dauerhafte Kommunikation und konsequente Korrektur würden dann fehlen.

Unterrichtet Chinesisch: Lan Hou

Man müsse mit dem zufrieden sein, was möglich ist, sagt Lan Hou. Seit neun Jahren unterrichtet sie Chinesisch in Freiburg; ein Kurs läuft momentan digital. Technische Probleme oder instabile Verbindungen? „Das nervt“ Dozentin wie Teilnehmer·innen, so Hou. Sie habe Mathematiker·innen, Lehrer·innen, Apotheker·innen, Neunzehnjährige und Senior·innen in ihren Kursen. Nicht überall seien die Voraussetzungen für Online-Kurse vorhanden. Und nicht jeder mag nach einem Arbeitstag am Abend nochmal den Laptop aufklappen. Ähnliches beobachtet Gorfinkel, deren digitaler Russisch-Kurs im Herbst 2020 wegen fehlender Anmeldungen nicht zustandekam. Eine technische Herausforderung dabei ist auch: Wie tippe ich auf der deutschen Tastatur kyrillische Buchstaben?

Ein Sprachdozent im Homeoffice? Für Mazen Anty ist das nichts. Feine Nuancen in der Aussprache oder dem Deutschen unbekannte arabische Buchstaben: „Das muss man üben, üben, üben und zwar face to face“, sagt der 37-Jährige. Und zwar ohne, dass eine schlechte Verbindung Artikulation, Gestik und Mimik verzerrt. Auf Arabisch-Kurse muss daher bis Juni gewartet werden.

„Man lernt mit den Augen“

Setzt auf Face to Face: Mazen Anty

Sprachkurse seien nicht wie ein Excelkurs, so Hou. „Sprache ist etwas Lebendiges. Man lernt sie mit den Augen, mit Gefühlen und durch Interaktion.“ Als Muttersprachlerin aus dem russischen Jekaterinburg sieht Gorfinkel ihre Aufgabe eng verwoben mit der Stärkung interkultureller Kompetenzen. Geographische Grenzen ließen sich heutzutage leicht überwinden. Um nationale und kulturelle Grenzen zu überbrücken, brauche man aber sprachliche Fertigkeiten. 2013 floh Anty aus Syrien nach Deutschland, wo er mit seinem Honorar eines Arabisch-Dozenten den eigenen Deutsch-Kurs finanzierte. Aus eigener Erfahrung kennt er den Mehrwert einer Fremdsprache: „Sprache bringt die Gesellschaft zum Laufen. Sie ermöglicht die Kommunikation damit wir uns verstehen können.“

Sprachkurse, die pandemiebedingt nicht stattfinden können, bedeuten fehlendes Einkommen für Sprachdozent·innen, die auf Honorarbasis arbeiten. Finanzielle Unterstützungen durch den VHS-Verband fehlen. So bleibt der VHS in Freiburg nicht mehr als auf die Soloselbständigen Hilfe des Staates zu verweisen. Besonders hart sei es für die Dozent·innen, die nur von den Kursen leben, sagt Hou. Bei ihr sei das zum Glück nicht so.

Die Hoffnung bleibt, dass ab Juni die Sprachkurse wieder in Präsenz starten können. Vertraut wird dabei auch auf das Interesse der Kursteilnehmer·innen, die sich weiterhin an die Sprachkurse der VHS erinnern. Für Anty sind solche Kurse unersetzlich: „Verschiedene Sprachen, verschiedene Kulturen machen unser Leben schöner und bunter – wie ein Mosaik.“

Zentrale Lage: die Volkshochschule Freiburg muss derzeit auf digitale Kurse setzen

vhs-freiburg.de

Fotos: © pixabay, privat, Hendrik Sexauer