Eine zweite Velo-Garage? Ort ist ausgemacht – Radstation soll Update bekommen Mobilität | 04.07.2023 | Till Neumann

Fahrräder so weit das Auge reicht: Auf dem Parkplatz am Freiburger Hauptbahnhof ist es immer eng

Wild geparkte Räder an vielen Ecken. So sieht es rund um den Freiburger Hauptbahnhof aus. Dabei gibt es die Radstation an der Blauen Brücke. Aus allen Nähten platzt sie nicht. Sie könnte dennoch in Kürze modernisiert werden. Und das Rathaus prüft, ob gegenüber vom Hauptbahnhof eine weitere Velo-Garage entstehen könnte.

„In den ersten 24 Stunden kostenlos“

Radparkhäuser sind angesagt. Amsterdam hat gerade zwei neue bekommen. Mit insgesamt 11.000 Plätzen. Auch in Münster parkt man am Hauptbahnhof unter der Erde. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat im März ein Förderprogramm über 110 Millionen Euro für neue Radparkhäuser in Aussicht gestellt.

Jörg Isenberg

Aktivist: Jörg Isenberg

Für Jörg Isenberg vom Fuß- und Radentscheid Freiburg wäre das Geld in Freiburg gut investiert: „In den Niederlanden hat jede Stadt ab einer Größe von Tübingen ein Parkhaus, das in den ersten 24 Stunden kostenlos ist“, sagt Isenberg. Er fordert, die Radpark-Situation rund um den Freiburger Hauptbahnhof zu verbessern. Sein Vorschlag: Die Autotiefgarage am Bahnhof könnte man umwidmen für Räder. Sie soll für 9,5 Millionen Euro saniert werden.

„Sichere Zufahrt nicht möglich“

Die Forderung Isenbergs ist in Verwaltungskreisen bekannt. Isenberg weiß: „Die Verwaltung ist nicht begeistert davon.“ In öffentlichen Dokumenten des Rathauses ist auch einer der Gründe genannt, warum das Parkhaus unter der Erde für Radelnde ungeeignet sein soll: „Wir halten an unserer Einschätzung fest, dass eine sichere Zufahrt für Radfahrende in die Bahnhofsgarage über die vorhandenen Rampen nicht möglich ist“, schreibt die Verwaltung dort. Das Problem ist die Steilheit der Rampen. Sie soll „generell 6 Prozent nicht überschreiten. Maximal sind 10 Prozent auf bis zu 20 Meter Länge möglich.“ In der Freiburger Bahnhofsgarage würden die Rampen jedoch ein Gefälle von über 13 Prozent ausweisen.

An der UB geht’s

Für Isenberg ist das befremdlich. Er hat die Rampe des UB-Radparkhauses gemessen und kommt dort auf 15 bis 16 Prozent. Warum es dort geht, am Bahnhof aber nicht, ist ihm schleierhaft. Er sagt: Wer da nicht fahren will, kann auch schieben. In Parkhäusern in den Niederlanden sei das auch so. 

Eine Umwidmung der Tiefgarage scheint damit vom Tisch. Dennoch gibt es Bewegung für Radelnde: „Grundsätzlich besteht hier nach wie vor Bedarf“, informiert Rathaus-Sprecherin Linda Widmann. Ein möglicher Standort für eine Velo-Garage ist ausgemacht: „Es gibt Überlegungen, den ebenerdigen Radabstellplatz gegenüber vom HBF auszubauen“, erklärt Widmann. Und weiter: „Dies könnte gegebenenfalls ein Radparkhaus sein.“ Den Ort zeigt das Foto ganz oben.

„Noch Kapazitäten“

Eine weitere Überlegung geht in Richtung Radstation am Hauptbahnhof. Das Radparkhaus dort betreibt die Freiburger Stadtbau (FSB). Für einen Euro am Tag gibt’s einen Tagespass. Wer rein will, zieht sich ein Papierticket und muss durch eine Schranke. Das Monatsticket kostet zehn Euro. Das Jahresticket 80 Euro. „Das Fahrradparkhaus umfasst 1.000 Stellplätze“, sagt FSB-Sprecherin Marion Uerlings. Es wurde 1999 eröffnet.

Voll, aber nicht ganz: Die Radstation in Freiburg hat 1000 Plätze und kostet einen Euro am Tag.

Voll ist das Parkhaus nicht: „Im Jahr 2022 lag die durchschnittliche Auslastung der Fahrrad-Parkgarage bei rund 70 Prozent“, so Uerlings. Im Sommer ginge es teilweise auf bis zu 80 Prozent. 77 Prozent der Kunden seien Tagesnutzer, rund 17 Prozent hätten ein Abo. „Trotz dieser zufriedenstellenden Auslastung verfügt das Fahrradparkhaus noch über Kapazitäten, die seitens der Fahrradfahrer genutzt werden könnten“, sagt Uerlings.

Update für die Radstation

Rentabel ist das Angebot nicht: „Der Preis für eine Tageskarte in Höhe von 1,00 Euro ist bereits jetzt nur symbolisch“, erklärt Uerlings. Er decke die Kosten bei weitem nicht. Genaue Zahlen will sie jedoch nicht nennen. Die ausbaufähige Auslastung führt sie nicht aufs Geld zurück: „Unseres Erachtens ist es nicht der Preis, der Nutzer am Einstellen der Fahrräder hindert, sondern eher Praktikabilitätsüberlegungen beziehungsweise die in der Bahnhofsumgebung zahlreich vorhandenen Abstellmöglichkeiten.“

Dennoch sieht die FSB Gründe für ein Update. Der kaufmännische FSB-Geschäftsführer Matthias Müller hat sich kürzlich ein Bild von der Abstellanlage gemacht und möchte nun eine Arbeitsgruppe einrichten. „Es geht darum, die Station zu modernisieren und sie auch wieder attraktiver zu machen“, erklärt Müller. Er möchte sie insbesondere für E-Bikes und Lastenräder zugänglicher machen. „Man muss den Fahrradzugang so gestalten, dass es schnell und unkompliziert geht“, sagt Müller. Statt des „sehr langen Infotextes“ schweben ihm Piktogramme vor. Im Juli soll es ein Auftaktgespräch geben.

Etwas in die Jahre gekommen: das Radparkhaus am Hauptbahnhof Freiburg mit Drehschranke

Hochburg der Raddiebe

Lohnen könnte sich auch ein Blick nach Straßburg. Dort gibt es seit vielen Jahren ein videoüberwachtes Radparkhaus am Bahnhof. Der Veloparc Gare bietet 760 Plätze. Er ist kostenlos, ohne Schranke zugänglich und gut erreichbar, auch wenn es mal schneller gehen muss. Die Diebstahlzahlen in Freiburg sind jedenfalls ein klares Argument für mehr sicheres Parken: In keiner Stadt Baden-Württembergs werden so viele Räder geklaut wie hier. 2022 waren es 849 pro 100.000 Einwohner. Weit abgeschlagen folgen Mannheim (563) und Karlsruhe (560).

Fotos: © Till Neumann & privat

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