„EU-Monster“, „unzeitgemäß“, „tendenziell sinnvoll“ – chilli-Umfrage zum EuGH-Urteil Politik & Wirtschaft | 20.05.2019 | Lars Bargmann

Sie treffen sich einmal wöchentlich zum Frühstück, die Mitglieder des Chapter Schauinsland vom BNI, dem weltweit größten Netzwerk für Geschäftsempfehlungen. Am vergangenen Mittwoch war Lars Bargmann dabei und nutzte das aktuelle Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Erfassung aller Arbeitszeiten für eine Umfrage.

 

Christine Hohlbaum, Inhaberin von Hohlbaum PR & Social Media

„Das neueste EuGH-Urteil bedeutet für die nächste Generation den Tod des Unternehmertums. Jeder selbständige Unternehmer weiß, dass geregelte Arbeitszeiten der Vergangenheit angehören. Obwohl ich auch eine Verfechterin des geschützten Privatraumes bin, ist heutzutage eine Verquickung der beruflichen und privaten Lebensbereiche unvermeidbar. Weg mit der Bürokratie!“

 

 

Oliver Henfling, Inhaber lifestyle + promo it

„Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust, denn zum einen wird es einen erheblichen Einschnitt in die Flexibilität der kleinen und kleineren Unternehmen geben, die es gerade durch Flexibilität immer wieder schaffen, sich am Markt zu platzieren. Zum anderen ist der Schutz und der Erhalt von Gesundheit und der damit verbundenen Arbeitskraft unerlässlich. Die Durchführbarkeit wird eine harte Probe für die Unternehmen sein.“

 

 

Jan Knopp, Inhaber ALT. HOLZ. GARAGE.

„Ich halte das neuste EuGH-Urteil für überflüssige Bürokratie. Bei einem kleinen Unternehmen wie wir es sind, wird viel mit Vertrauen und Zuverlässigkeit gearbeitet. Die Überstunden sollen honoriert werden und keines Falls unter den Tisch fallen. Das aber nach einer Vorgabe abzurechnen und zu dokumentieren, ist ein enormer Mehraufwand, der letztendlich den Geldbeutel der Kunden belastet.“

 

 

 

Anna Stempel-Romano, Inhaberin von Kaleidoskop-Coaching & Potentialentwicklung

„Als Coach für mehr Gelassenheit im Arbeitsalltag und für eine gute Life-Balance weiß ich, wie wichtig ist es ist, Zeiten der Entspannung und der Unerreichbarkeit in den Alltag zu integrieren. Um dieser Herausforderung zu begegnen, ist verantwortliches Handeln sowohl von Unternehmern als auch von Arbeitnehmern gefragt. Hier auf eine Regelung durch den Gesetzgeber zu setzen, halte ich für zu kurz gedacht, denn eine Überregulierung, wie sie von EuGH gefordert wird, bedroht in erster Linie kleine Betriebe, für die der bürokratische Aufwand für eine Dokumentation von Arbeitszeiten den Nutzen bei weitem übersteigen wird.“

 

Janik Gensheimer, selbständiger Werbefotograf

„Meine Meinung zum neuen EuGH-Urteil ist zwiegespalten. Als Freelancer genieße ich die Freiheit, mir meine Arbeitszeit völlig frei einzuteilen und würde mir wünschen, dass mehr Arbeitgeber ihren Mitarbeitern diese Freiheit einräumen. Das wird durch die Bürokratie der Erfassung tendenziell erschwert. Andererseits wird so gewährleistet, dass Angestellte ihre Mehrarbeit auch wirklich als Arbeitszeit angerechnet bekommen. Was in meiner Branche eher unüblich ist und oft einen ungesunden Druck auf die Mitarbeiter ausübt.“

 

Dirk Lenz, Inhaber von GEDANKENtanken Akademie Südbaden

„Zwang, Bürokratie und Kontrolle pauschal über alle Unternehmen, Arbeitsverhältnisse und Branchen??? Das wird in vielen Fällen kontraproduktiv und kaum kontrollierbar sein. Nicht nur die Gesundheit, von Menschen, Teams und Unternehmen, sondern auch die Freiheit, Eigenverantwortung und Motivation stehen auf dem Spiel.“

 

 

 

 

Udo Neumaier, Geschäftsführer und Schreinermeister

„Dieses Urteil ist ein typisches EU-Monster, was jedem Unternehmer und damit auch jedem Arbeitnehmer das Leben schwerer machen wird. Wie so oft ist wird maßlos überzogen, der entstehende Aufwand muss letztlich auf die Waren umgeschlagen werden, somit ist der Endkunde der Leidtragende. Bleibt zu hoffen, dass sich solche Urteile auf das Wahlverhalten am 26.05. auswirken.“

 

Timo Wiedemann, Inhaber der Freiburger Online Marketing Agentur digalo

„In unserer Agentur sind sowohl die Arbeitszeiten als auch der Arbeitsort flexibel. Bei uns sind Ergebnisse wichtig, keine starren Regeln. Aus diesem Grund finde ich das Urteil nicht zeitgemäß. Ich bin sehr gespannt, wie sich die Zeiterfassungspflicht in unserer wandelnden Arbeitswelt umsetzen lässt.“

 

 

 

Sabine Frigge, freiberufliche Ghostwriterin

„Da kann ich nur sagen: kilometerweit übers Ziel hinausgeschossen, lieber EuGH. Die Gewinner des neuen Gesetzes werden vermutlich nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sein, sondern die Anbieter von Zeiterfassungssystemen. Das alles erinnert, was die Bürokratie und den Aufwand für alle betrifft, leider stark an die Einführung der DSGVO.“

 

 

 

 

Benjamin Walleser, Geschäftsführer der E-Commerce-Agentur eseom

„Prinzipiell halte ich das Urteil für einen sinnvollen Weg, um die vielen Arbeitnehmer in den Branchen zu entlasten, in denen der Mindestlohn durch das fehlende Messen der tatsächlichen Arbeitszeit umgangen wird. Um aber wirklich den Effekt zu erhalten, auf den abgezielt wird, müssen Regelungen geschaffen werden, die in der Praxis einfach umgesetzt werden können. Wenn das nicht gelingt, ist ein weiteres „Verwaltungsmonster“ geschaffen worden, das weder Arbeitnehmer noch Unternehmen weiterbringt.“

 

 

Fotos: © v.o.n.u. Klaus Polkowski, Andrea Frank, Alex Dietrich, Marcin Ladecki, Andreas Lörcher, privat, Fichtner, privat, privat, privat