Umfrage: Bundestagsabgeordnete aus der Region zur Organspende Politik & Wirtschaft | 22.08.2019 | chilli

Der Bundestag wird im Herbst über zwei unterschiedliche Gesetzesentwürfe beraten, die die Zahl der Organspender in Deutschland steigern sollen. Die Abgeordneten haben dabei keinen Fraktionszwang. In einer Umfrage zeigen wir vorab die Meinungen von acht Abgeordneten aus den Wahlkreisen Freiburg, Emmendingen-Lahr und Lörrach-Müllheim. Sind sie für die Widerspruchslösung oder die Zustimmungslösung?

Kerstin Andreae, MdB aus dem Wahlkreis Freiburg für Bündnis 90/Die Grünen

© DBT Inga Haar

Den Vorschlag der Zustimmungslösung erachte ich als den zielführendsten, denn am wichtigsten ist es, die Bereitschaft zur Organspende zu erhöhen. Diese ist mit 84 Prozent sehr hoch, doch nur 39 Prozent dieser Menschen sind als Spender registriert. Da müssen wir ansetzen und besser aufklären und informieren. Im Gegensatz zum Vorschlag Jens Spahns, bleibt das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen hier unberührt und jeder Mensch kann auch wirklich eine eigenständige Entscheidung treffen, ob er seine Organe spenden möchte.“

 

 

Johannes Fechner, MdB aus dem Wahlkreis Emmendingen-Lahr für die SPD

© Susie Knoll

Weil Organspenden Leben retten, müssen wir alles tun, damit mehr lebensgefährlich erkrankte Menschen Spenderorgane erhalten als heute. Länder wie Spanien ermöglichen vielen Menschen Transplantationen durch die sog. Widerspruchslösung. Ich finde deshalb den Vorschlag von Lauterbach und Spahn richtig, dass grundsätzlich die Organe eines Verstorbenen für lebensrettende Transplantationen zur Verfügung stehen, es sei denn, er hat einen Widerspruch erklärt. Wer seine Organe nicht spenden möchte, kann das einfach in ein Register eintragen lassen, so dass die individuelle Selbstbestimmung gewährleistet ist. Weil tausende Bürger auf ein Spendenorgan warten, halte ich diese Widerspruchslösung für sinnvoll, um tausende Menschenleben so retten zu können.

 

 

Christoph Hoffmann MdB aus dem Wahlkreis Lörrach-Müllheim für die FDP

© Fuchs

Rund 10.000 Menschen warten auf ein Organ und viele davon drohen zu bzw. werden auf der Warteliste versterben. Das kann uns nicht egal sein. 84 Prozent der Deutschen sind bereit Organspender zu sein, aber nur 36 Prozent haben einen Organspenderausweis. Also muss sich was ändern. Bürgerinnen und Bürger sollen jeweils beim Antrag auf einen Personalausweis Informationen erhalten und sich dort entscheiden. Ein Online-Register ermöglicht eine stets widerrufbare Entscheidung. Damit steigt die Zahl der Spender aber auch in den Kliniken müssen Engpässe beseitigt werden. Ich will, dass Organspende nach dem Tod als eine bewusste und freiwillige Entscheidung beibehalten wird.

 

 

 

Matern von Marschall, MdB aus dem Wahlkreis Freiburg für die CDU

© Jan-Kopetzky

Die Widerspruchslösung ist ethisch heikel. Ich halte sie dennoch für vertretbar, damit künftig mehr lebensnotwendige Organe zur Verfügung stehen. Man kann von jedem Menschen erwarten, dass er sich äußert und ja oder nein sagt. Wer dagegen auf mehrfache Nachfrage nicht reagiert, von dessen Einverständnis wird künftig ausgegangen. Das ist der Punkt. Die Spenderbereitschaft kann jederzeit wieder zurückgenommen werden und schränkt daher die freie Verfügung über den eigenen Körper nicht ein.

 

 

 

 

Tobias Pflüger, MdB aus dem Wahlkreis Freiburg für die Linke

 

© Deutscher Bundestag

Hinsichtlich des „Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ tendiere ich derzeit dazu, der so genannten Widerspruchslösung nicht zuzustimmen. Die Entnahme von Organen, wenn dem nicht widersprochen wurde, ist ethisch schwierig. Zugleich ist mir bewusst, wie viele Menschen auf Organspenden angewiesen sind, auch in meinem persönlichen Umfeld gibt es solche. Derzeit informiere ich mich noch intensiv zum Thema, sehe mir dabei auch die Argumente der jeweiligen Befürworter*innen der beiden vorgeschlagenen Gesetzentwürfe genauer an.

 

 

Thomas Seitz, MdB aus dem Wahlkreis Emmendingen-Müllheim für die AfD

© Andreas Kobs

Trotz schwerster Gehirnschäden und schlechtester Prognose ist der Hirntote ein lebender Mensch. Die Menschenwürde verbietet es, ihn zum Objekt zu machen und seine Organe ohne Einwilligung zu verwerten. Die Widerspruchslösung ist für mich verfassungswidrig, denn kein Mensch ist ein Ersatzteillager. Eine höhere Spendenbereitschaft benötigt mehr Vertrauen in das System der Organtransplantation und weitere Anreize, z. B. bei Erwachsenen durch eine Bevorzugung von registrierten Organspendern.

 

 

Peter Weiß, MdB aus dem Wahlkreis Emmendingen-Lahr für die CDU

© Claudia Thoma

Rund 9.500 Menschen in Deutschland sind auf ein Spenderorgan angewiesen. Demgegenüber gab es 2018 bundesweit 955 Organspender. Wir müssen also mehr werben und aufklären. Denn leider fehlen noch immer ausreichend Organspenderinnen und Organspender. Dennoch steht für mich die bewusste und freie Entscheidung im Vordergrund, die nicht staatlich erzwungen werden darf. Das Recht auf Selbstbestimmung ist für mich ein fundamentaler Baustein der menschlichen Würde.

 

 

Gerhard Zickenheiner, MdB aus dem Wahlkreis Lörrach-Müllheim für Bündnis 90/Die Grünen

© privat

Ich stelle mich hinter den Gesetzentwurf mit Zustimmungslösung, da es dadurch bei einer bewussten Entscheidung für oder gegen eine Organspende bleibt. Schweigen als Zustimmung zu deuten und die ergebnisoffene Aufklärung der Bürger*innen zu streichen, wie in der Widerspruchslösung um Gesundheitsminister Jens Spahn angeführt, sehe ich als zu starken Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht. Die Bürger*innen sollten regelmäßig, wie bei der Ausweisabholung oder durch ihre Hausärzt*innen, zur Organspende und der Möglichkeit zur Eintragung in das Register aufgeklärt werden.

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