20 Punkte und ein Comeback: So spielt der SC Freiburg die Hinrunde Sport | 24.08.2018 | Philip Thomas

Um „seriöse“ Aussagen über die Bundesliga-Hinrunde zu treffen, müsste man bei Vollmond das Blut von drei Vereinsmaskottchen vergießen. chilli-Volontär Philip Thomas hat genau das nicht getan. Er weiß trotzdem ganz genau, wie sich der SC Freiburg in der ersten Saisonhälfte schlägt.

1. Spieltag: SC Freiburg – Eintracht Frankfurt 0 : 1

Im Gegensatz zu Frankfurt hat sich der Aderlass in Freiburg in Grenzen gehalten. Zwar muss die Innenverteidigung an der Dreisam in Zukunft ohne die Leistungsträger Ça˘glar Söyüncü und Marc-Oliver Kempf auskommen. Nach Informationen des Kicker widerstand aber immerhin Defensivkünstler Robin Koch einer Offerte des FC Sevilla. Zumindest in Sachen Videoanalyse hat Koch im Breisgau ausgelernt, wenn man Trainer Christian Streich richtig deutet: „Er erkennt im Video sehr viel. Eigentlich hätte er das Video selber machen können. Er hätte es auch mir erklären können.“ Noch mehr Durchblick beweist schließlich der verbliebene Frankfurter Pokalheld Ante Rebi´c: Er trifft durch die Lücke, die Söyüncü in der SC-Abwehr hinterlassen hat.

2. Spieltag: 1899 Hoffenheim – SC Freiburg 2 : 3

Gegen den neureichen Nachbarn aus dem Kraichgau steht erstmals der 22-jährige Luca Waldschmidt auf dem Feld. „Der Kontakt mit Freiburg besteht schon ziemlich lange“, so der Stürmer bei seiner Verpflichtung. Ausgerechnet jetzt hat der SC den Zuschlag erhalten und eine Ausstiegsklausel gezogen. Kostenpunkt: Fünf Millionen Euro. Nicht gerade ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass Waldschmidt in 50 Bundesligaeinsätzen für einen mittlerweile ausgestorbenen Bundesliga-Dino und damals gerupfte Adler aus Frankfurt bloß zwei Tore erzielt hat und vier weitere auflegte. Da in Hoffenheim Geld aber bekanntlich Tore schießt, netzt der Neuzugang gleich dreimal.

3. Spieltag: SC Freiburg – VFB Stuttgart 0 : 1

Das zweite Nachbarschaftsduell läuft für den SC weniger rund. Übereifrige Kommentatoren sprechen schon von „gewaltbereiten Fans“. Dabei werden für die schwäbischen Gäste an der Dreisam doch bloß die inoffiziellen Strophen des Badner Liedes geschmettert. Überhaupt sank nach Schätzungen von Polizeibehörden die Anzahl gewaltbereiter Fans bei Spielen der ersten Bundesliga seit 2014 mit 4759 auf 3789 im vergangenen Jahr. Von der Polizei als gewaltsuchend klassifizierte Pöbler gingen im gleichen Zeitraum von 1634 auf 1306 ebenfalls zurück. Auch Marc-Oliver Kempf wird mit besonderen Sprechchören bedacht. Die Goldkehlen auf der Nordtribüne wissen: Der ablösefrei ins Ländle abgewanderte Innenverteidiger wird dem SC diese Saison noch fehlen.

4. Spieltag: VfL Wolfsburg – SC Freiburg 1 : 2

In der Autostadt darf Freiburg den Karren nicht gegen die Wand fahren. Denn spielerisch ist der SC mit den Niedersachsen auf Augenhöhe. Nur auf dem Papier trennen die beiden Vereine noch Welten: Auf der langen Fahrt in den hohen Norden errechnen findige Freiburger: In der Punkt-pro-Euro-Tabelle brachten es die Niedersachen in der Saison 2016/2017 mit einem geschätzten Umsatz von 190 Millionen Euro gerade einmal auf 37 Punkte. Das sind mehr als fünf Millionen Euro pro Zähler. Einige Rechenspiele und Bierchen später kommen die Sparfüchse vom SC im selben Zeitraum mit einem Umsatz von 63,4 Millionen Euro und 48 Punkten auf läppische 1,3 Millionen Euro. In dieser Tabelle spielt Freiburg Champions League.

8. Spieltag: Hertha BSC – SC Freiburg 1 : 1

In der Hauptstadt tritt der SC auf einen Vorreiter im deutschen Fußball. Denn die alte Dame aus Berlin zieht die meisten Kinder groß: Zwölf Eigengewächse sind bei der Hertha im Profikader zu finden. Bei Freiburg sind es mit Günter, Höfler, Schwolow, Stanko und Frommann aktuell nur fünf. Um die Freiburger Vorzeige-Schule auf Vordermann zu bringen, stattete der SC Julian Schuster mit einem neuen Vertrag aus. Nanu? Der Kapitän hatte seine Fußballschuhe doch erst im Sommer an den Nagel gehängt? Tatsächlich gilt der Kontrakt nur als Verbindungstrainer neben dem Platz: „Das ist eine neue Stelle, die den Austausch zwischen Fußballschule und Profis noch weiter intensivieren soll“, erklärte der Ex-Kicker seinen neuen Posten. Die Fans freut’s. Schuster hat schließlich gezeigt, dass er mit viel Übersicht zwischen den Reihen eine wichtige Anspielstation sein kann. Es bleibt allerdings zu hoffen, dass sich der 33-Jährige in seiner neuen Mittelfeldposition abseits des Rasens noch schneller bewegt als zu Spielzeiten darauf.

10. Spieltag: FC Bayern – SC Freiburg 0 : 2

Freiburg gewinnt souverän in München: Manchmal schießt Geld eben doch keine Tore. Heute dafür aber Nils Petersen. Zwei Treffer erzielt der erfolgreichste Joker der Bundesligageschichte (20 Tore bei 67 Einwechselungen zum Redaktionsschluss) gegen perplexe Bayern. Das mag verwundern. War Petersen in der Saison, in der sich Deutschland noch Weltmeister nennen durfte, doch gleichzeitig der SC-Stürmer mit den meisten Spielminuten. Fans, die nicht mit ans Münchener Autobahnkreuz reisen konnten, sind indes genervt: Um wirklich alle Spiele ihres SC sehen zu können, müssen sie sich quasi 90 Minuten aus mehreren Bezahl-Abos zusammenkaufen. Wo soll das enden? Läuft die erste Halbzeit bald nur bei Sky, die zweite exklusiv auf DAZN, Ecken und Freistöße gibt es exklusiv bei Eurosport und Amazon präsentiert den Videobeweis?

13. Spieltag: Borussia Dortmund – SC Freiburg 4 : 1

Gegen den neugeformten Favoriten aus Dortmund hält der SC bis zur zweiten Halbzeit gut mit. Dann der Schock: Dauerbrenner Christian Günter, der in der vergangenen Saison als Linksverteidiger alle Pflichtspielminuten absolvierte und damit einen Vereinsrekord aufstellte, greift sich nach einer Auseinandersetzung mit Haudegen Thomas Delaney an den Knöchel. Er kann nicht weiterspielen. Wer soll ihn nur ersetzen? Multitalent Mike Frantz, der wohl auch als Maskottchen eine gute Figur machen würde? Ist Dennis Aogo eigentlich noch im Verein? Die Entscheidung fällt auf Christian Streich. Begründung: Der 53-Jährige ist an der Außenlinie ein echtes Energiebündel und hat dort in unzähligen Zweikämpfen mit dem Schiedsrichter langen Atem bewiesen.

17. Spieltag: FC Nürnberg – SC Freiburg 0 : 1

Nach 17 anstrengenden Spieltagen liegen unter dem Weihnachtsbaum an der Schwarzwaldstraße die 20 Punkte, die sich der Verein zum Fest so sehr gewünscht hat. Außerdem mit dicker Schleife auf dem Gabentisch: Ça˘glar Söyüncü. Doch noch nicht ganz reif für die Insel, wird der türkische Innenverteidiger bis zum Saisonende von den Foxes aus Leicester an die Füchsle in Freiburg zurückverliehen.

Foto: pixabay; Collage: Jana Schillinger