Balance ist die Krux: Die Dragons sind Freiburgs Mannschaft des Jahres 2018 Sport | 11.07.2019 | Philip Thomas

Dragons Rugby

Es läuft bei den Rollstuhl-Cracks Dragons Freiburg: Nach der Vizemeisterschaft in der zweiten Liga im Jahr 2014 und dem zweiten Platz in der ersten Bundesliga 2016 wurde das Rollstuhl-Rugby-Team jetzt zur Freiburger Mannschaft des Jahres 2018 gekürt.

„Rugby ist vielleicht ein bisschen irreführend“, sagt Mark Pape, einer von zwölf Freiburger Dragons. Denn die Rollstuhlvariante des ruppigen Sports vereint mit Shot-Clock, Powerplay und gestoppter Zeit Elemente aus Eishockey und Basketball. Gespielt wird mit einem Volleyball. „Der lässt sich besser aufheben“, sagt Pape. Trotz der Modifikationen geht es bei dieser Form des Rugbys nicht minder ruppig zu: „Wir schonen uns nicht“, sagt Alexander Butz, Teamkollege von Pape. Auf Neulinge werde allerdings Rücksicht genommen: „Jeder neue Spieler tut erst mal das, was er kann.“

Um den Sport auf Wettbewerbsebene machen zu können, müssen mindestens drei Gliedmaßen beeinträchtigt sein. Dabei kann ein Finger fehlen – oder der ganze Arm. „Balance ist die Krux bei jedem Behindertensport. Das zieht sich hoch bis in die Paralympics“, sagt Pape. Um im Rollstuhl-Rugby Chancengleichheit zwischen den Behinderungsgraden zu schaffen, wird jedem Spieler eine Zahl zwischen 0,5 und 3,5 zugeteilt. Je höher der Wert, desto weniger sind die Sportler körperlich eingeschränkt. Die Viererteams dürfen damit einen Wert von acht nicht überschreiten. „Insgesamt fair“, findet Pape. Nach seinem Unfall im Jahr 2010 musste Butz seinen Körper neu kennenlernen.

Sport sei ein gutes Mittel dazu: „Es ist schön, wenn man sieht, wie man sich entwickeln kann.“ Gerade in einer Gemeinschaft mache man schnell Fortschritte. „Wir pushen uns gegenseitig“, sagt Butz. Das Wort ‚Selbsthilfegruppe’ möchte sein Mitspieler Pape vermeiden. „Es geht aber wahrscheinlich in die Richtung“, ergänzt sagt der 27-Jährige, der vor seiner schweren Verletzung schon Fußball in einem Verein gespielt hat. Dort sei man hier und da auch befreundet gewesen, mit dem Zusammenhalt bei den Dragons sei das aber nicht zu vergleichen: „Wir sind Weggefährten, treffen uns auch außerhalb des Sports und unternehmen viel miteinander. Das ist wie eine kleine Familie.“

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Teure Technik: Alle Rugby-Rollstühle sind Maßanfertigungen. Spitzenmodelle aus Titan kosten bis zu 10.000 Euro.

Während des Gesprächs bei sommerlichen Temperaturen nebeln sich die beiden Sportler immer wieder mit Wasser aus einer Sprühflasche ein. „Wir können nicht schwitzen“, erklärt Pape. Um auch im Eifer des Rugby-Gefechts nicht zu überhitzen, nehmen die Teams regelmäßig Time-outs. „Wir simulieren das mit Wasser und Ventilatoren“, sagt Pape.

Auch hinter den Kulissen ist Einfallsreichtum gefragt: Rollstuhlsport ist nach wie vor eine Nische. Wenn die Dragons vor Spielen nicht die Werbetrommel rühren, beschränken sich die Besucher oft auf Freunde und Familie. Auch beim Sponsoring läuft längst nicht alles rund. Zwar gebe es Geldgeber, „die sehen aber eher den sozialen Aspekt als das Sportliche“, sagt Pape. Vom Freiburger Ring der Körperbehinderten gebe es Zuschüsse für Fahrten, auf den meisten Kosten bleiben die Rollstuhlfahrer aber sitzen. Umso mehr freuen sich die beiden Dragons über die Auszeichnung. „Das ist eine Wertschätzung für den Sport und uns“, sagt Butz. Im Moment sei Rollstuhl-Rugby in Freiburg noch zu klein. Durch den Preis soll sich das ändern.

Fotos: © Ring-Sport Abt. Dragons Rugby