Statt Scheißhaufen am Wegesrand: Wie zwei Schwarzwälder auf S´Klo kamen STADTGEPLAUDER | 25.07.2021 | Christian Engel
Aufs Klo gekommen: Fridolin Einwald (links) und Michael HeizmannAuf dem Westweg kommt Fridolin Einwald der Gedanke, dass es so nicht weitergehen kann. Es stinkt ihm gewaltig, dass er alle paar Kilometer auf Scheißhaufen am Wegesrand trifft, auf die Notdurft von Wanderern, die sich schamlos entleert und benutzte Feuchttücher liegen gelassen haben. Man bräuchte mehr Toiletten auf den Wanderwegen, denkt er sich. Heute baut er selber welche.
Schließlich ist nicht jeder so gut ausgerüstet wie er, der mit Hilfe eines Klappspatens mal so eben ein Plumpsklo aushebt und sein Geschäft anschließend sachgemäß verscharrt. Eine Chemietoilette im Wald wiederrum wäre aus ästhetischen und ökologischen Gesichtspunkten nicht die Lösung. Welche dann?
Die Lösung kommt geflattert, als sich Fidelius Waldvogel ankündigt. Der Kabarettist möchte im vergangenen Sommer im Rahmen seiner Heimat-Tour in Schwärzenbach bei Titisee haltmachen, in jenem Örtchen, in dem Fridolin Einwald aufgewachsen ist, in dem der 27-Jährige nach seinem Studium in Karlsruhe mittlerweile wieder lebt. Einwald ist von seinem Wandertrip gerade zurückgekehrt, das ganze Dorf setzt sich in Bewegung, um das große Sommer-Event auf die Beine zu stellen. Damit das Traktor-Kabarett stattfinden darf, muss eine wichtige Sache geregelt sein: das Hygienekonzept.
Einen Toilettenwagen erlauben die Behörden nicht: zu viel Kontakt. Dixi-Toiletten wiederum lehnen die Organisatoren (also das ganze Dorf) ab: zu viel Chemie. „Dann bauen wir unsere eigenen Toiletten“, sagt Michael Heizmann, Gastgeber vom Haberjockelshof. Einwald, der Technische Fachwirt und ausgebildete Umweltauditor, klatscht in die Hände. Und packt an.
Die Toilettenkabine ist schnell gebaut: drei Holzwände, eine Holztür, ein Plexiglasdach. Wichtig ist Einwald und Heizmann, dass das Klo ökologisch wird, dass keine Chemikalien verwendet, Ressourcen geschont werden. Also verzichten sie auf eine Spülung mit Wasser, stellen stattdessen ein Gemisch aus Sägespänen und Pflanzenkohle her, das über die Notdurft gestreut wird. „Späne und Kohle nehmen Feuchtigkeit und Geruch auf“, erklärt Einwald. Und tatsächlich: Auch wenn der Behälter unterhalb der Klobrille schon gut gefüllt ist, riecht es noch angenehm – ein bisschen wie im Wald.
„Fünf Liter Wasser werden beim klassischen Spülen verbraucht“, sagt Einwald. Das Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz rechnet mit 40 Litern, die ein Bundesbürger im Schnitt die Toilette runterspült – jeden Tag. „Die Felder werden im Sommer immer trockener, die Wälder lechzen nach Wasser, dort wird das Wasser gebraucht“, erzählt Einwald.
Die Resonanz auf die Komposttoiletten sei nach dem Traktor-Kabarett enorm gewesen, Anfragen flatterten herein. Umliegende Gemeinden wollen welche an Wanderwegen oder auf Parkplätzen aufstellen, ein Kletterpark aus Karlsruhe bestellt gleich zwei, Menschen mieten sie für Hochzeiten und Familienfeste im Freien. Einwald und Heizmann gründen eine KG. Bis Ende des Jahres, berichtet Einwald, könnten sie 100 Toiletten herstellen, so viele Anfragen hätten sie erreicht. Über Kosten und Preise vom S’Klo, wie sie die Komposttoilette getauft haben, möchten sie nicht sprechen.
Über weitere Ziele allerdings gerne. Etwa, in die Toilette eine Belüftung einzubauen, die mit Hilfe eines Solarpanels betrieben wird. Vor allem aber möchten sie einen nachhaltigen Kreislauf herstellen: Aktuell dürfen laut Düngemittelverordnung allerdings keine menschlichen Fäkalien kompostiert und als Humus wiederverwendet werden. Bis es etwaige Veränderungen gibt, müssen sie also die vollen Boxen weiterhin zum Klärwerk bringen. „Das wollen wir unbedingt optimieren“, sagt Einwald, „denn menschliche Fäkalien sind, richtig kompostiert, sehr nützlich und nährstoffreich.“ Um Welten nützlicher, als in Form eines Haufens mit Taschentuchhäubchen am Wanderweg liegend.
Fotos: © Engel; privat