Bergwacht Schwarzwald: Leben retten mit der Wärmebilddrohne Szene | 28.03.2023 | Pascal Lienhard

Rettungsmann am Abhang

Mehr als 1500-mal rückte die Bergwacht Schwarzwald vergangenes Jahr aus. Ein Rekord. Der Verein agiert mit modernster Technik, um in Not geratene Personen zu retten. Bald soll die Ortsgruppe Freiburg, noch immer beheimatet in einer alten Garage, endlich eine anständige Basis haben. Weil die Krankenkassen viele Einsätze gar nicht bezahlen, fordert der Verein eine Finanzierungsreform.

„Wir sichern das Gebiet vom Kaiserstuhl bis zum Hirschsprung und vom Glottertal bis ins Hexental“, erklärt Patric Hafner. Der 34-Jährige ist Erster Vorsitzender der Ortsgruppe Freiburg, die zur Bergwacht Schwarzwald gehört. 100 Mitglieder hat die Ortsgruppe, darunter sind 30 Anwärter·innen.

Bei ihren Einsätzen dringen die Berg­retter·innen in unwegsames Gelände vor. Das sind Bereiche, in die andere Rettungsdienste nicht kommen. Die Ehrenamtlichen helfen etwa, wenn jemand auf Wander- und Radrouten oder beim Skifahren einen Unfall hat. Mal nutzt die Bergwacht dafür Kletterausrüstung, mal spezielle Geländefahrzeuge. In Freiburg ist die Bergwacht aber auch für die Höhen- und Tiefenrettung, insbesondere am Münsterturm, dem Schlossbergturm und dem Bergwerk auf dem Schauinsland sowie der dortigen Seilbahn zuständig. „Eine Evakuierung aus der Seilbahn gab es aber noch nie“, berichtet Hafner. „Ins Bergwerk müssen wir etwa alle zehn Jahre.“

Patric Hafner

Für die Bergwacht Schwarzwald im Einsatz: Patric Hafner hat als Erster Vorsitzender der Ortsgruppe Freiburg viel zu erzählen.

Viele Unfälle mit Mountainbikes

Insgesamt 1527 Mal rückte die Bergwacht 2022 aus. Zum ersten Mal seit der Gründung vor hundert Jahren wurde damit die Marke von 1500 übertroffen. Und das, obwohl der Start der Wintersportsaison im Dezember den milden Temperaturen zum Opfer gefallen ist.

„Den Anstieg beobachten wir seit einigen Jahren“, sagt Hafner. Noch bis vor zehn Jahren waren die meisten Einsätze im Winter, hauptsächlich Unfälle mit Snowboards, Skiern oder Schlitten. Doch seit einigen Jahren steigen die Einsätze in den Sommermonaten – während die im Winter konstant bleiben. 2014 rückte die Bergwacht im gesamten Schwarzwald noch 375 Mal zwischen Mai und Oktober aus, für 2022 rechnet die Bergwacht im gleichen Zeitraum mit mehr als 490 Einsätzen.

Hafner berichtet, dass immer mehr Leute ihre Freizeit in der Natur verbringen. Dabei kommt es auch zu Unfällen. Eine Rolle spiele hier der Klimawandel. „Inzwischen ist das Wandern im Prinzip ganzjährig möglich.“ Für viele Einsätze sorgen zudem die Mountainbike-Trails. Hafner kennt keine Stadt, in der es so viele Trails gibt wie in Freiburg. „Im Sommer werden wir rund zweimal pro Woche zu Unfällen mit Mountainbikes gerufen.“

In Erinnerung geblieben ist dem Retter ein Sucheinsatz in der Weihnachtswoche 2022. Eine Familie trennte sich auf einer Wanderung. Als die Mutter nach mehreren Stunden nicht am Ziel ankam, setzten Vater und Sohn einen Notruf ab. Die Polizei verständigte die Bergwacht. „Wir haben die Frau gegen 1 Uhr nachts in einem schwer zugänglichen Gebiet gefunden“, berichtet Hafner. „Gelungen ist uns das dank einer Wärmebilddrohne.“ Mit Unterstützung des Helikopters der Schweizerischen Rettungsflugwacht kehrte die Frau unverletzt zu ihrer Familie zurück. „Das war ein großer Erfolg“, erzählt Hafner.

Für manche Einsätze, etwa Sucheinsätze sowie solche ohne Transport in ein Krankenhaus, erhält die Bergwacht in der Regel kein Geld, da diese nicht von den Krankenkassen vergütet werden. Pressesprecherin Kathrin Frenz erklärt, dass Unterstützungen wie Spenden oder Fördermitgliedschaften notwendig seien, um solche Einsätze überhaupt stemmen zu können. Nun fordert der Verein eine Finanzierungsreform.

Rettungsteam im Wald

Umziehen auf dem Bürgersteig

Eine langfristige Lösung hat Klaus Schädler in einem Gespräch mit der Redaktion parat. Laut dem Geschäftsführer der Bergwacht Bayern leistet die Organisation rund 75 Prozent aller Einsätze in Deutschland. Das Problem mit nicht abrechenbaren Kosten wurde im Freistaat schon 2016 angegangen. Seitdem zahlen die Krankenkassen einen jährlichen Pauschalbetrag, planmäßig wird alle fünf Jahre neu verhandelt. „Das kann ich nur empfehlen“, sagt Schädler.

Eine weitere Misere der Freiburger Ortsgruppe wird bald behoben. Aktuell hat sie lediglich eine kleine Garage im Stühlinger. „Die ist sehr eng, umziehen müssen wir uns auf dem Bürgersteig“, sagt Hafner. Im Januar begannen die Vorarbeiten für ein neues Rettungszentrum. Dieses soll an die Hauptfeuerwache an der Eschholzstraße anschließen. In den beiden Gebäuden wird neben DLRG, DRK, Feuerwehr, den Maltesern und der Tauchergruppe Pinguine auch die Bergwacht eine neue Heimat finden. Die Bauarbeiten im ersten Bauabschnitt dauern voraussichtlich bis ins zweite Halbjahr 2024.

Zudem hat das Land unlängst die Bergwacht Schwarzwald mit rund 2,7 Millionen Euro bedacht. Das Geld fließt in den Neubau der Bergrettungswache Hinterzarten, die Erweiterung der Berg­rettungswache Feldberg sowie in Rettungsmittel. „Unsere Hilfsorganisationen sind täglich und rund um die Uhr für die Bürgerinnen und Bürger im Einsatz, retten Menschenleben und sind immer dort, wo es helfende Hände braucht“, sagte Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer bei der Übergabe der Förderbescheide. Patric Hafner drückt das folgendermaßen aus: „Wir kommen bei jedem Wetter, zu jeder Tageszeit, in jedes Gelände.“

Fotos: Bergwacht Schwarzwald; Olga von Plate