Zu Kirchen und Kapellen – Wandern im Elsass STADTGEPLAUDER | 09.08.2019 | Peter Gürth

Städtle Frankreich

Auf den Weinwegen des Elsass geht es von Eguisheim nach Guebwiller. Unterwegs locken Abstecher zu zahlreichen Kapellen, Klöstern und Kirchen. Da gerät das Wandern fast in den Hintergrund.

Der Start ist gar nicht so einfach. Zunächst muss man sich nämlich von dem malerischen „Papststädtchen“ Eguisheim losreißen. Warum Papststädtchen? In Eguisheim wurde im Jahr 1002 der spätere Papst Leo IX. als Sohn des Grafen Hugo von Eguisheim-Dagsbourg geboren. Wahrscheinlich in der Wasserburg, die bis zur französischen Revolution am heutigen Schlossplatz stand. Reliquien des im Jahre 1054 verstorbenen und später heiliggesprochenen einzigen Papstes aus dem Elsass werden in der Kapelle, die heute an ihrer Stelle steht, aufbewahrt.

Vom Schlossplatz aus geht es durch die Altstadt mit den historischen Bauten, wie dem Rathaus und den Höfen verschiedener Klöster, in denen der Zehnte – sicher oft in Form von Wein – gesammelt wurde. Besonders reizvoll sind die kleinen Häuschen in der Ringgasse „Groowe“, die der alten Stadtmauer folget.

Nach der Erkundung des Örtchens beginnt die Wanderung an dem großen Parkplatz am östlichen Ortseingang. Von hier aus folgt man dem Wegzeichen „Blauer Ring“. Durch die Grand-Cru-Reblagen „Eichberg“ und „Pfersigberg“ geht es, stets mäßig aufwärts wandernd, zum bunten Winzerdorf Husseren-les-Châteaux. Von seiner Kirche aus führt die rote Raute in Richtung Gueberschwihr. Schon von Weitem fällt der Blick auf die Burgruinen der „Drei Exen“. Sie sind zwar durchaus einen Abstecher wert, hin und zurück würde der jedoch anderthalb Stunden dauern. So geht es weiter nach Gueberschwihr – durch die nächste Grand-Cru-Lage, den „Goldert“.

Pittoreskes Gueberschwihr

In dem mittelalterlichen Dorf angekommen, fällt sofort die Kirche auf. Sie stammt zwar aus dem 19. Jahrhundert, aber ihr Turm ist mehr als siebenhundert Jahre älter. Von hier aus wandert man auf einem anfangs steilen Waldweg zum Kloster „Notre Dame de Schauenberg“ hinauf. Von der Terrasse aus bietet sich ein herrlicher Blick über die Rheinebene. Wen jetzt schon der Hunger plagt, ist hier richtig: Im Kloster kann man einkehren und bekommt ein einfaches Mittagessen.

Eine Legende berichtet, woher das Kloster seinen Namen hat: Ein frommer Mann erblickte an dem steilen Hang über Pfaffenheim ein strahlendes Licht. Bewundernd rief er aus „Schau den Berg“ und fand nach dem Aufstieg ein von Flammen umgebenes Marienbild. Das Gnadenbild in der heutigen Kirche stammt aus dem 17. Jahrhundert.

Weg

Auf kleinen Weinwegen geht es von Dorf zu Dorf, von Kapelle zu Kapelle.

Auf einem steilen, steinigen Weg geht es nun wieder hinunter in den Eichenwald. Man folgt zunächst dem Wegzeichen mit der roten Raute, später dem roten „+“ links abwärts und geht ohne Markierung an dem steilen Hang weiter. Wieder zurück in den Reben und am Rastplatz am „Col du Niehland“ führt die Wanderung mit dem Wegzeichen „rotes Dreieck“ über den Strangenberg hinunter nach Westhalten. Man wähnt sich auf dem Hügel allerdings weniger im Elsass als im Süden Frankreichs oder auf Korsika, wo derartige Strauchheiden als „Garrigue“ bezeichnet werden. In dem Schutzgebiet „Colline sèche de Strangenberg“ lässt sich eine Fülle seltener Pflanzen und Tiere finden. Im Frühjahr blühen massenhaft lila Küchenschellen, im Sommer wilde Rosen, seltene Orchideen, wie die Bocksriemenzunge, und der nach ätherischen Ölen duftende Diptam. Mit etwas Glück begegnet man auch der prachtvollen Smaragdeidechse.

In Westhalten geht es mit dem Wegzeichen „blauer Punkt“ auf den Bollenberg, einem weiteren Schutzgebiet mit reicher Flora und Fauna. Geradeaus kommt Orschwihr in den Blick, im Westen schweift der Blick zum Grand Ballon. Nächster Halt ist die Hexenkapelle, offiziell „Chapelle de Ste. Croix“. Am Abend des 14. August lodert hier das Hexenfeuer.

Nach Besichtigung der Kapelle führt ein breiter asphaltierter Weg durch den Weinberg hinunter nach Orschwihr und zur Kirche von Bergholtz-Zell, einem Ortsteil von Orschwiler. Da, wo heute die Kirche St. Benoît von 1873 steht, gab es früher eine romanische Kirche, die vom elsässischen Papst Leo IX. geweiht wurde. Auf der „Rue des Suisses“ weiter geht es rechts in den Calvaire de l’Oelberg mit Kapellen aus dem 19. Jahrhundert, einem Kreuzweg und schönen alten Bäumen. Der kleine Abstecher lohnt sich.

Die drei Kirchen von Guebwiller

Das letzte Stück des Weges bis Guebwiller folgt der „roten Raute“. Durch die Reben erreicht man die Stadt bei einem Kreuz von 1782 auf der Rue du Général de Gaulle. Das lebhafte Guebwiller – auf Elsässisch Gawill’r – liegt am Beginn des Blumentales (Florival), wie das Tal der Lauch genannt wird. Die Geschichte der Stadt wurde im Mittelalter durch die nahe gelegene Abtei Murbach bestimmt. In der Neuzeit entwickelten sich eine bedeutende Textilindustrie und der Maschinenbau. Heute spielt der Tourismus am Eingang zum Naturpark „Ballons des Vosges“ eine große Rolle.

Städtle

Start der Wanderung ist das malerische Papststädtchen Eguisheim mit seinen bunten Fachwerkhäusern.

In der Stadt lohnt sich die Besichtigung der drei Kirchen: Die Pfarrkirche St. Léger wurde von den Murbacher Mönchen 1182 im romanisch-gotischen Stil begonnen. Der Chor aus dem 14. Jahrhundert ist gotisch. Beachtenswert sind das Mittelportal mit dem segnenden Christus, die unterschiedlichen Säulen und Kapitelle der Vorhalle, das barocke Chorgestühl und die modernen Glasmalereien.

Die Eglise Notre-Dame wurde im klassizistischen Stil unter dem letzten Fürstabt von Murbach 1760 bis 1785 erbaut. Die Raumwirkung mit der hohen gewölbten Decke auf korinthischen Säulen ist überwältigend. Die Innenausstattung stammt von Fidelis Sporrer, bekannt aus Weingarten in Oberschwaben, und seinen Kindern. Sein Hauptwerk ist der geschnitzte Hochaltar mit der Himmelfahrt Mariens, den Heiligen Leodegar und Ludwig. Die dritte Kirche ist die gotische Dominikanerkirche aus dem 14. Jahrhundert, in der heute das Musée du Florival untergebracht ist.

Guebwiller ist auch ein bedeutender Weinort. Auf 120 Hektar wird Wein angebaut, man zählt nicht weniger als vier Grand-Cru-Lagen: Kessler, Kitterle, Saering und Spiegel. Der Kitterle trägt übrigens den wenig anziehenden Spitznamen „Wadenbrecher“. Warum, das muss man schon selbst ausprobieren!

Dauer: 6 ½ Stunden
Länge: 22,4 Kilometer
Aufstieg: 594 Höhenmeter
Abstieg: 505 Höhenmeter

Info:

Von Guebwiller zurück nach Eguisheim kommt man mit der Buslinie 440 mit Umstieg am Hauptbahnhof in Colmar, wieder in die Linie 440, in knapp zwei Stunden. Unter der Woche (allerdings nicht in den franz. Schulferien) gibt es abends eine direkte Verbindung. Die Busse halten auch in Orschwihr, Soultzmatt und Rouffach, sodass man die Wanderung gut abkürzen kann. Wer es schneller möchte: Die Taxifahrt dauert eine Viertelstunde.

Fotos: © iStock/jenifoto, Peter Gürth