Zweischneidiger Hype – E-Scooter erreichen Freiburg – wie grün sind sie? STADTGEPLAUDER | 20.06.2021 | Emma Sophie Suchomel

Philip Thomas auf einem E-Scooter

Wer kurz mal ohne Velo durch die Stadt fahren will, für den sind E-Scooter vielleicht das Richtige. Auch in Freiburg sind die Elektro-Roller seit Dezember verfügbar. Doch sind sie eine ökologische Alternative? Das beantworten Geschäftsführer Boris M. Hillmann von Yoio und Miriam Dross vom Umweltbundesamt.

Boris M. Hillmann ist seit 2015 Geschäftsführer des Göttinger Unternehmens Yoio. 150 E-Scooter hat die Firma nach Freiburg gebracht. Nachhaltigkeit sei ein Grund dafür, erklärt Hillmann. Er findet, „dass auch Unternehmen ökologische soziale Verantwortung haben“. Das große globale Problem sei die Klimakrise. Dabei sei der CO2-Ausstoß im Verkehrssektor ein wichtiger Punkt. Hillmann ist sicher: „Um das zu verändern, braucht man Alternativen wie E-Scooter.“ Seine Devise lautet: „Lass dein Auto stehen. Am besten schaff es ab und nimm den Bus.“ Das eigene Auto stehe eh nur 23 Stunden am Tag rum.

Doch sind die E-Scooter eine Hilfe bei der Verkehrswende? Yoio möchte beim Transport der Fahrzeuge vorbildlich sein: „Wir haben einen Erdgastransporter, der mit Biogas betankt wird“, erklärt Hillmann. Sei ein Akku kaputt, müsse man lediglich diesen tauschen. „In der Regel bleibt der Roller dort dann stehen.“ Auch zur Reichweite gibt Hillmann Auskunft: „Momentan haben wir zwischen 16 und 18 Kilometer eingestellt. Wenn die Temperatur steigt, sind 40 Kilometer drin.“ 

Miriam Dross

Sieht die Roller kritisch: Umweltexpertin Miriam Dross

Auch Miriam Dross kennt sich mit E-Scootern aus. Sie leitet das Fachgebiet „Nachhaltige Mobilität in Stadt und Land“ beim Umweltbundesamt. Die Frage, was mit leeren Akkus passiert, kann sie genauer beantworten: „Bei den Verleihern der E-Scooter sind die Hersteller dafür verantwortlich, dass sie zurückgenommen und ordentlich entsorgt werden.“ Bei der Lebensdauer gebe es allerdings Fragezeichen: „Man weiß noch nicht genau, wie lang sie ist.“

Manche Verleiher sagen, die Akkus neuerer Modelle hielten mehr als ein Jahr. Ältere Zahlen, zum Beispiel aus den USA, haben auf eine kurze Nutzungsdauer von drei Monaten hingewiesen. Für Dross ist wichtig, dass man die Akkus rausnehmen und austauschen kann. Sonst ist der ganze Roller zu entsorgen. „Die E-Scooter benutzen meistens Lithium-Ionen-Akkus“, sagt Dross. Ein wichtiger Aspekt sei, unter welchen Bedingungen die Rohstoffe gewonnen werden. Denn häufig belaste die Produktion Gesundheit und Umwelt.

Und woher kommt der Strom? „E-Scooter verwenden denselben Strom wie andere Geräte“, sagt Dross. Es gebe Anbieter, die garantieren würden, ihre E-Scooter mit Ökostrom zu laden. Das sei natürlich besser. Den Anteil erneuerbarer Energien bei der Stromerzeugung in Deutschland findet sie inzwischen hoch. „Er liegt bei 50 Prozent, ein eindeutiger Anstieg in den letzten Jahren.“

Wirklich vergleichen lässt sich der Schadstoffausstoß von Elektrofahrzeugen gegenüber konventionellen Verbrennern noch nicht. „Es gibt noch keine Zahlen zu E-Scootern“, sagt Dross. Der CO2-Ausstoß durch die Nutzung sei gering. Wenn man jedoch die Herstellung mit einbeziehe, steige er an.

Die Gretchenfrage ist, wer die E-Scooter nutzt. Sind es Fußgänger? Oder Autofahrer? Ersetzen sie wirklich CO2-Schleudern? Stand jetzt fällt die Bilanz schlecht aus: „Die Zahlen, die man hat, weisen eher darauf hin, dass die Fußwege ersetzt werden“, berichtet Dross. Die durchschnittliche Strecke per E-Scooter-Fahrt betrage laut Zahlen aus Berlin zirka zwei Kilometer. Richtig belastbare Zahlen für Deutschland gebe es aber nicht. 

Wo die Roller sinnvoll eingesetzt werden könnten? „Zur Unterstützung des ÖPNV, zum Beispiel an U-Bahn-Endhaltestellen“, sagt die Expertin des Umweltbundesamtes. Dross kommt zum Fazit: „Man muss die E-Scooter nicht verbannen. Sie sind nicht so verbreitet, wie man eigentlich denkt.“ 

Es habe einen gewissen Hype gegeben. In Berlin stünden mittlerweile aber nicht mehr so viele E-Scooter auf der Straße. Sie seien eher eine ergänzende Komponente im Mobilitätsverhalten. Dross wünscht sich von den Herstellern ganz klar „mehr Transparenz“. 

E-Scooter seien „eine neue Art, sich fortzubewegen“. Man sollte versuchen, die negativen Aspekte einzudämmen. „Besonders junge Leute und Touristen nutzen sie“, sagt Dross. Allerdings sieht sie die Konkurrenz zwischen Fahrrädern und E-Scootern kritisch: „Man muss darauf achten, dass sie niemanden behindern und die Regeln beachten.“ Gerade für Menschen mit Handicaps könnte es im Verkehr sonst durchaus kritisch werden.

  Fotos: © Till Neumann; Umweltbundesamt