Im wilden Westen Badens: Indianer- und Cowboy-Vereine in der Region STADTGEPLAUDER | 08.04.2018 | Reinhold Wagner

Winnetou hätte an einem Besuch im Breisgau seine Freude gehabt: Kaum eine Ecke in Deutschland hat eine so hohe Dichte an Vereinen, die sich dem Leben der Cowboys und Indianer verschreiben. Allein in Freiburg gibt es acht Vereine, die sich zur Western-Union Freiburg zusammengeschlossen haben und dem deutschlandweiten Westernbund angehören.

Dazu die Mescalero-Apachen und drei Vereine, die nicht der Union angehören. Hauptsitz ist der Freiburger Flugplatz, wo die Reviere zwischen Wolfswinkel und Industriegebiet Freiburg-Nord liegen.

Die Vereine nennen sich Sioux-­West, Oglala, Blackfeet, Cheyenne, Cowboy- und Indianerfreunde, Free Trappers, Cowboy Club Buffalo und Wild West Club. Der Indian Club Cheyenne hat seinen Sitz in March-Hugstetten, der Cowboyclub Buffalo hat sich mit einer Ranch in Gundel­fingen-­Wildtal niedergelassen.

Was fasziniert Einheimische fernab der Heimat von Indianern und Cowboys an deren Welt? Ein Besuch auf der Ranch des Wild West Clubs im Wolfswinkel zeigt: Das Areal liegt versteckt im Wald und wird nur von Besuchern gefunden, die es ernst meinen. Kein Hinweisschild, kein Feuer, kein Indianergesang dringt nach draußen. Erst als sich die Tür öffnet, empfängt den Gast eine warme, familiäre Atmosphäre. An den Wänden hängen Bilder großer Häuptlinge, in Regalen reihen sich alte Bücher und nostalgische Whisky-Flaschen aneinander. Ein Holzofen sorgt für Wärme. Und an Tisch und Tresen macht man es sich bequem. Jung und Alt sitzt einträchtig nebeneinander, singt und feiert. Wer mag, trägt ein passendes Outfit und Hosenträger. Am Büffet warten indianische Leckereien, deren Rezepte getauscht und probiert werden.

Im Februar ging es bei Schnee und Eis ins Tipi-Winterlager in den Schwarzwald. Im Sommer werden Feste und Wettkämpfe mit Partnervereinen ausgetragen. Ansonsten gestaltet sich das Leben der Freizeit-Westerner ähnlich wie bei Schrebergärtnern, Förstern oder Jägern: es wird an Zaun und Hütte gezimmert, das Revier gepflegt, ein Holzvorrat angelegt – und Schießen geübt. Im normalen Leben sind die Hobby-Cowboys und -Indianer Koch, Handwerker, Lehrer oder Büroangestellte. Die Liebe zum gemeinsamen Hobby vereint sie alle.

Fritz Enderle, der den Freiburger Wild-West-Club deutschlandweit als einen der Ersten 1921 ins Leben rief, galt für viele Wildwestfreunde als Vorbild. Angetrieben von der Lektüre der Romane von Karl May und Bill Jenkins, zog er mit Freunden auf Pferden durch die heimischen Wälder und lebte das Leben der Cowboys und Indianer. Ihm folgten viele Nachahmer, es entstanden Vereine mit unterschiedlichsten Ausrichtungen. Findet man im einen Indianer und Cowboys, haben sich andere ausschließlich für einen Stamm entschieden und achten auf Authentizität in jedem Detail. Das Fachwissen beziehen sie aus Büchern und dem Internet. Auf Jubiläen, Festen und Wettkämpfen tauschen sie sich aus.

Der Verein Sioux-West ist als einziger Mitglied in der Breisgauer Narrenzunft und macht Umzüge in voller Montur mit. „Vorneweg die Häuptlinge, dann Medizinmann, Bär, Trommler und Krieger, zuletzt Jungkrieger und Frauen“, erläutert Gerhard Matt, Vize-Vorstand, „eigentlich kämen vor den Frauen noch die Hunde, aber wir haben keine.“ Was nach streng patriarchalem System und Macho-Gehabe aussieht, relativiert sich intern: „Zuhause haben die Frauen das Sagen“, verrät der Insider lächelnd und schwärmt von den Can-Can-Damen der Westerntanzgruppe. Auch Sänger hat der Verein, der seit 1954 besteht. Alle zwei Jahre wird ein großes, öffentliches Sommerfest veranstaltet – das nächste steigt 2019. Dort zeigen die Vereinsmitglieder, was sie draufhaben: vom Schneidern und Besticken handgefertigter Kleider über den Umgang mit Waffen und Pferden bis zum Pow-Wow mit Musik, Gesang und Tanz.

Der Cowboy-Club Buffalo feiert als zweitältester Westernclub Deutschlands im kommenden Jahr sein 100-jähriges Jubiläum. Da wird es auf der Ranch eng werden. Staffelfelden bei Mulhouse kennt indes keine Platzprobleme. Dort besitzen die Westerner d’Alsace eine ganze Westernstadt mit Saloon, Sattlerei, Stores und Stallungen. Andere Vereine kommen ohne Ranch und Homepage aus. Man trifft sich im Gasthaus oder in der Natur. Näher kommt man dieser kaum, als in einem der Vereine, in denen ganzjährig Lagerfeuerromantik und Pioniergeist gelebt werden.

Fotos: © Reinhold Wagner