Euphorie trifft Melancholie: Die Kilkennys im Jazzhaus 4Event | 17.10.2023 | Pascal Lienhard

Kilkennys in Freiburg

Erfrischend und typisch irisch: So soll er schmecken, der hierzulande bekannteste Exportschlager aus Kilkenny. Die Beschreibung für das Red Ale passt auch ganz gut zur Irish-Folk-Band Kilkennys. Mit einer breiten Palette an Instrumenten und in bester Spiellaune hat das Quartett mal wieder im Jazzhaus aufgespielt.

Das Saallicht geht aus und die Bühne des Jazzhauses wird in Grün, Weiß und Orange getaucht. Kurz darauf marschieren Frontmann Davey Cashin und Kollegen auf die Bühne, im Gepäck eine Irland-Flagge. Die Nachricht ist angekommen, heute steht Irish Folk auf dem Programm.

Die Kilkennys sind bekannte Gesichter im Jazzhaus, mehrere Male sind sie hier aufgetreten. Und haben sich eine treue Fanbase erspielt. Der Gewölbekeller ist nicht ausverkauft, aber gut gefüllt. Neben alten Hasen haben einige Besucher*innen in ihren Zwanzigern den Weg in die Location gefunden. Dabei ist die Musik, die das Quartett zelebriert, im besten Sinne des Wortes altmodisch. Mit ihren Versionen von „Dirty old Town“, „Whiskey in the Jar“ oder „Rocky Road to Dublin“ erfinden die Iren das Rad nicht neu.

Doch die Jungs eröffnen ihre Deutschland-Tour mit einer solchen Spielfreude, dass es einfach Spaß macht, ihnen zuzuhören. Die Euphorie, mit der sie die zum Teil uralten Stücke spielen, überträgt sich aufs Publikum, die launigen Ansagen von Cashin und Bandkollege Josh O’Loughlin tun den Rest.

Bereits als zweite Nummer spielen die Kilkennys einen der wohl bekanntesten Irish-Folk-Songs, den „Wild Rover“. An dem Ohrwurm lässt sich die Erfolgsgeschichte der Musikrichtung nachzeichnen. Das irische Volkslied kommt aus dem 19. Jahrhundert. Im 20. Jahrhundert trugen Bands wie die Dubliners zur Popularisierung dieses und weiterer Irish-Folk-Stücke bei. Angeführt von den Pogues entdeckten auch jüngere, dem Punk zugeneigte Musiker*innen Songs wie den „Wild Rover“. Heute haben etwa die Dropkick Murphys den Track im Programm. Gemeinsam mit Flogging Molly zählen sie zur Speerspitze des knallenden Irish-Folk-Punks.

Spielfreude beim Tour-Debüt: Kilkennys-Frontmann Davey Cashin in seinem Element

Doch mit Punk haben die Kilkennys wenig am Hut, sie orientieren sich eher am traditionellen Sound von Dubliners und Co. Musikalisch sind sie Meister ihres Faches: Ständig wechseln sie die Instrumente, über den Abend verteilt erklingen etwa Mandoline, Banjo, Gitarre, Flöte, die Bodhrán (eine irische Rahmentrommel) sowie der irische Dudelsack. Auch bei den Vocals wechseln die Jungs sich ab, mit „Chandler Shop“ gibt’s eine (Fast-)A-Cappella-Nummer, die Mick Martin auf dem Bodhrán begleitet.

So gut die Stimmung bei Songs wie „The Galway Girl“ sein mag – im Irish Folk schwingt meist Melancholie mit: Auch das Mädchen aus Galway verlässt den Erzähler am Ende. Tief in die Geschichte Irlands tauchen die Kilkennys mit den Balladen „The Fields of Athenry“ oder „Grace“ ein. In ersterem stiehlt ein Vater während der Großen Hungersnot von 1846 bis 1849 Essen, um seine Familie durchzubringen. Doch er wird erwischt und nach Australien deportiert. In „Grace“ geht es um die Hochzeit von Joseph Plunkett und Grace Gifford – kurz bevor er als ein Anführer des Osteraufstands von 1916 hingerichtet wird.

Doch regiert bei den Kilkennys klar die ausgelassene Seite des Irish Folk. Bei einem Großteil der Songs singt oder klatscht das Publikum mit. Nach etwas mehr als zwei Stunden verabschieden sich Cashin, Martin, O´Louglin und Tommy Mackey und quatschen am Merch-Stand mit ihren Fans. Nur eines fehlt an diesem Abend schmerzlich: Die Bar des Jazzhaus führt kein Kilkenny.

Fotos: © Pascal Lienhard