Schottland in Merzhausen: Das Fergus McCreadie Trio beim Jazz-Festival 4Event | 22.09.2023 | Pascal Lienhard

Fergus Mc Creadie

Er ist kein Mann der vielen Worte: Erst gegen Ende seines rund zweistündigen Konzerts greift Jazz-Pianist Fergus McCreadie das erste Mal zum Mikro. Davor lassen der Künstler und sein Trio die Musik für sich sprechen – vor allem von der Landschaft der schottischen Heimat.

Mit dem Fergus McCreadie Trio hat das Freiburger Jazz-Festival aufstrebende Stars der europäischen Jazz-Szene verpflichtet. Die Formation hat drei hochgelobte Alben veröffentlicht, die allesamt für den Scottish Album of the Year Award nominiert wurden. Für die aktuelle Platte „Forest Floor“ nahm McCreadie den Preis schließlich mit nach Hause. Damit ist er der erste Jazz-Musiker, der den Award erhält. Zudem wurde das Album für den renommierten Mercury-Prize nominiert.

Ganz in der Musik

Eine steile Karriere für den gerade mal 26-Jährigen. Ironisch ist, dass McCreadie und seine Bandkollegen schätzungsweise zum jüngsten Zehntel im Merzhausener Forum gehören. Mit Bart und Man Bun würde der Musiker ohnehin genauso gut als Hipster hinter die Theke einer Boulderhalle passen. Doch schon nach den ersten Takten wird deutlich, dass hier ein Jazzer am Werk ist, der deutlich näher an Keith Jarrett als an Father John Misty ist.

Der Musiker geht beim Spielen sichtlich in der Musik auf, schließt die Augen, wippt über den Tasten, scheint sich völlig in seiner Musik zu verlieren. Auch David Bowden am Kontrabass und Stephen Henderson am Schlagzeug überzeugen. McCreadie räumt beiden Raum ein, kurzzeitig im Mittelpunkt zu stehen.

Gelobt werden McCreadie und sein Trio besonders dafür, wie sie schottischen Folk mit Jazz verbinden. Das zeigt auch die Konzeption ihrer bisherigen Alben: Auf „Forest Floor“ setzen sich die Musiker etwa mit den Veränderungen auseinander, die die Jahreszeiten auf den Waldboden haben. Auch auf dem Vorgänger „Cairn“ (deutsch etwa Steinhügel) ließen sich die Musiker von der Tradition und Landschaft Schottlands inspirieren, der Titel des Debüt „Turas“ ist gälisch für „Reise“.

Musikalisches Kopfkino

Wer während des Konzerts die Augen schließt, reist im Gedankenkino durch die schottischen Highlands, schaut vielleicht bei Loch Ness vorbei, in dessen Nähe McCreadie geboren wurde. In den beiden Sets gehen die Klänge nahtlos ineinander über, vor allem im ersten Teil scheint die Zeit geradezu zu verfliegen. Auch wenn sich manche oder mancher vielleicht kurze Zwischenansagen gewünscht hätte, wirkt der Abend so wie aus einem Guss.

Als McCreadie das Mikro dann doch zur Hand nimmt, spricht er lediglich einige Dankesworte und stellt die Mitmusiker vor. Und schon verliert er sich wieder in seiner eigentlichen Sprache, der Musik. Nach zwei Zugaben ist das Kopfkino dann zu Ende – und damit auch die Illusion: Draußen warten nicht die Highlands, sondern nur der Merzhausener Regen. Doch die Bilder von den Highlands und Loch Ness, die wirken noch eine Weile nach.