Buch-Rezi: Herumtreiberinnen – Leipzig, Lerchenstraße 4Literatur & Kolumnen | 08.11.2022 | Erika Weisser

Buchcover Herumtreiberinnen

Manja ist 17 und zum ersten Mal richtig verliebt. In Manuel, der ihr im Leipziger Freibad auffällt, weil er im stets überfüllten Becken in aller Ruhe seine Bahnen schwimmt. Und weil er schwarz ist. Manja jobbt dort am Kiosk und hat viel Gelegenheit, ihn zu beobachten. Und mit ihm ins Gespräch zu kommen.

Aus Moçambique ist er und als Vertragsarbeiter beim VEB Baumwollspinnerei angestellt. Bis zur
Begegnung mit ihm wusste Manja nichts von den „Gästen aus den Bruderländern der DDR“ – und nun ist sie so verliebt, dass sie nach einer rasanten Tour durch den Jahrmarkt-rummel mit ihm auf sein Zimmer in der streng bewachten Unterkunft schleicht. Dort wird sie aufgegriffen und in die venerologische Station für Frauen mit Geschlechtskrankheiten gesteckt.

40 Jahre zuvor, in den 1940er-Jahren, wurde eine andere junge Frau in diesem Haus in der Lerchenstraße in Leipzig festgehalten: im damaligen Gestapo-Gefängnis. Lilo hieß sie und sie war wegen ihres Wirkens im Widerstand gegen das Naziregime verhaftet worden.

Bettina Wilpert webt Lilos Geschichte in die von Manja ein – und verbindet beide mit Robin, die ebenfalls tut, was sie für richtig hält und sich in den 2010er-Jahren für die Flüchtlinge engagiert, die nun in diesem Haus leben.

Buchcover HerumtreiberinnenHerumtreiberinnen
von Bettina Wilpert
Verlag: Verbrecher, 2022
266 Seiten, Hardcover
Preis: 25 Euro