FRezi: Hochschwarzwald – Kein labender Quell 4Literatur & Kolumnen | 04.04.2024 | Erika Weisser

Hochschwarzwald

Vor dem Haus am Berghang steht ein sprudelnder Brunnen. Doch der vom Aufstieg erschöpfte Gast verweigert das belebende Wasser, das der Gastgeber ihm aus dieser einzigen Quelle anbietet, über die die am Waldsaum hoch über dem Dorf gelegene Hütte verfügt: Auf der Brunnensäule prangt ein Stern.

Es ist der Sommer 1967. Der Gast ist Paul Celan. Wenige Tage zuvor hat der Dichter der „Todesfuge“ und Holocaustüberlebende das Audimax der Universität Freiburg bis auf den letzten Platz gefüllt. Dort lud ihn der ehemalige, 1933 ernannte Rektor eben dieser Universität zum Ausflug nach Todtnauberg ein: Martin Heidegger, der sich mit seiner Seins-Philosophie einen Namen gemacht, sich sodann aber auf ihre unheilvolle Verwirrung und Verknüpfung mit einer auch für Celans Eltern tödlichen Ideologie eingelassen und sein Denken in eine nie widerrufene Nazigefolgschaft hineinsteuert hatte.

Bei ihren schweigsamen Fahrten durch den Hochschwarzwald, die Doris Feil nun mit ihren Lesern nachvollzieht, führen die beiden Männer so manches Gespräch. Doch Celans „im Herzen getragene Hoffnung“ auf ein aus dem Mund „eines Denkenden“ kommendes Wort der persönlichen Reue erfüllt sich nicht. Heidegger schweigt. Und verspielt die letzte Chance zur Heilung.

Hochschwarzwald

Hochschwarzwald
von Doris Feil
Verlag: KJM, 2024
144 Seiten, Hardcover
Preis: 22 Euro