Buch-Rezi: Lichtspiel – Karriere eines Mitläufers 4Literatur & Kolumnen | 28.11.2023 | Erika Weisser

Cover Lichtspiel

Wer nicht weiß, wer Georg Wilhelm Pabst war, kann es in Daniel Kehlmanns „Lichtspiel“ erfahren. Doch es geht dabei nicht nur um das Werk und die Person dieses einst weltbekannten und heute fast vergessenen österreichischen Kinoregisseurs.

Im Zentrum des Romans steht vielmehr die Wandlung des während der Stummfilmzeit als linker Avantgardist gefeierten Schöpfers der „Weißen Hölle von Piz Palü“ oder der ersten Verfilmung von Brechts „Dreigroschenoper“ hin zu einem Profiteur des zuvor von ihm bekämpften Nazi-Regimes.

Fast gleichnishaft schildert Kehlmann, wie sich Pabst, der sich zur Zeit der Machtübernahme zu Dreharbeiten in Paris aufhielt und vor den Gräueln des neuen Deutschland nach Hollywood floh, schließlich selbst in eine ausweglose Situation manövrierte: Ohne den erwarteten ­Erfolg im US-Filmbusiness und ­enttäuscht vom erlittenen Bedeutungsverlust kehrt er in sein Land zurück, das nun Ostmark heißt. Und kollaboriert mit Goebbels, der ihn für seine Zwecke gut brauchen kann.

Über sein Buch und die Verstrickungen, zu denen allzu kompromissbereiter Opportunismus führen kann, kommt Kehlmann am Donnerstag, 7. Dezember mit dem Freiburger Autor Karl-Heinz Ott im Großen Haus des Theater Freiburg ins Gespräch.

Cover Lichtspiel

Lichtspiel
von Daniel Kehlmann
Verlag: Rowohlt, 2023
480 Seiten, gebunden
Preis: 26Euro