Das »bierernste« chilli-Horoskop: Die WM-in-der-Wüste-Edition von Hobby-Astronaut Philip Thomas 4Literatur & Kolumnen | 06.01.2023 | Philip Thomas

Horoskop

Vor lauter Fußball WM Drama sieht chilli-Orakel Philip Thomas schon Sterne. Nach mehr oder weniger fokussiertem Studium der Himmelskörper verrät er, wie es um unsere Zukunft so steht.

Widder-1

Die FIFA hat den Fußball in die Wüste geschickt. Und ihren Präsidenten und Erlöser Gianni „Ihr könnt mich ans Kreuz nageln“ Infantino gleich hinterher. Der wohnt nämlich mit Kind und Kegel in Katar und wahrscheinlich in Rufweite des Emirs. Was seine Hoheit wohl davon hält, dass sich Infantino gerne mal „schwul fühlt“? Beachtlich: Eine Steinigung blieb bisher aus.

Stier-1

Alle vier Jahre dieselbe Debatte über den Teich. Heißt es nun Football oder Soccer? Du überlegst: Das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft schauen im Schnitt eine Milliarde Menschen. Das „Football“-Finale, den Super Bowl, glotzen 115 Millionen Personen. Du startest folgerichtig eine Petition. American Football heißt ab sofort und für alle Zeit: Handegg.

Zwilling-1

Beim DFB herrscht Katar-Stimmung. Das kommt davon, wenn man zu einer Fußball-Weltmeisterschaft antritt mit Dortmunder Abwehr- und bayrischen Schönspielern. Nix lief zusammen. Kein Spieler ging voran. Aber halb so wild: Sogar das offizielle Maskottchen der WM, „La’eeb“, ist ein Lappen.

Krebs-2

Schätzungsweise 220 Milliarden Dollar (Schmiergelder nicht mitgerechnet) hat Katar für die Austragung des größten Sportevents der Welt ausgegeben. Bloß ein Bruchteil dieser astronomischen Summe dürfte für Arbeitssicherheit und Unterbringung der knapp zwei Millionen Gastarbeiter ausgegeben worden sein. Du als Zyniker findest: Am falschen Ende gespart.

Loewe-1

Damit die EM im eigenen Land in weniger als zwei Jahren besser läuft, hast du dich für den Posten des Managers der Nationalmannschaft beworben. 11 Uhr Brunch bei Adidas, 14 Uhr Mittagessen bei Daimler, zwischendurch von längst vergangenen Tagen schwärmen, danach Feierabend. Auch wenn es hart wird – das packst du!

Eine WM in der Wüste. In einem Land, das kleiner ist als Schleswig-Holstein und dessen Nationalmannschaft in Freiburgs Bunter Liga durchgereicht werden würde. Dessen Gesellschaft in vielerlei Hinsicht im Mittelalter steckt. Und obendrein ohne Bier. Aber wer weiß? Vielleicht spielt Springsteen sein nächstes Konzert ja auch in deinem Wohnzimmer?

Waage-1

Du hast die WM erfolgreich boykottiert. Also im Prinzip wie die deutsche Nationalmannschaft, die sportlich auch gestreikt und sich redlich bemüht hat, bei der K.o.-Runde nicht mehr aufzulaufen. Du warst aber wirklich strikt, hast das Bett vier Wochen nicht verlassen. Nun ist es Zeit, aufzustehen. Wie heißt das noch gleich? Das Runde muss aus dem Eckigen?

Deutschland hat müde Beine. Den Zeigefinger können wir aber noch schwingen: Mehrere Millionen sollen geflossen sein, bis Katar von der erstmals schlechtesten Bewerbung den Zuschlag für die WM-Austragung bekommen hat. Das Sommermärchen 2006 gabs noch für wesentlich weniger. Damals soll ein schnöder Obstkorb den Ausschlag gegeben haben.

Schuetze-1

Bevor Öl und Gas nichts mehr wert sind, will sich Katar auf die Landkarte bringen. Als Fußballnation etabliert hat sich das Gastgeberland aber schon mal nicht. Immerhin bleiben dir Berichte über leerstehende Stadien nach der WM im Wüstenstaat erspart: Bereits eineinhalb Wochen vor dem Final-Anpfiff werden die ersten Arenen wieder abgebaut.

Steinbock-1

Wenigstens auf einem Posten würdest du bei dieser WM von Fortschritt sprechen. Als erste Frau hat Stéphanie Frappart ein WM-Endrundenspiel der Männer gepfiffen. Unklar ist allerdings, ob Fanschmähungen an das Geschlecht angepasst wurden und ob die Französin – in Katar nicht unüblich – einen männlichen Begleiter zu ihrem Arbeitsplatz benötigte.

Wassermann-1

Zahlenschieber rücken dem Fußball mit Formeln auf den Pelz. Die WM in Katar kann laut Menschenrechtsorganisationen außerdem folgende Statistik vorweisen: 15.000 Tote für 5760 Minuten Fußball. Und weil ständig alles in Fußballplätze umgerechnet wird: Beim kleinsten Grab-Standardmaß ergeben 15.000 Tote eine Fläche von 4,5 Fußballfeldern.

Während Deutschland über eine bunte Binde streitet, setzt die Mannschaft aus dem Iran ein echtes Zeichen und verweigert die Nationalhymne. Du findest: So viel Courage hätte der Flick-Elf auch gut gestanden. Immerhin dürfte das Thema Pride beim DFB nun durch sein: nicht Flagge gezeigt, als es drauf ankam. Seinen Gratismut kann sich der Verband ab sofort schenken.

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