Das »bierernste« chilli-Horoskop: Die Inflations-Edition von Hobby-Astronaut Philip Thomas 4Literatur & Kolumnen | 24.05.2022 | Philip Thomas
Die Inflation frisst unser Geld. chilli-Orakel Philip Thomas verrät, wie die Sterne am Finanz-Himmel stehen.
Du dachtest immer, Inflation hätte irgendwas mit Luftballons zu tun. Gemeint ist aber ein anhaltender Prozess der Geldentwertung, bemerkbar durch allgemeine Preiserhöhung. Aber ist das denn wirklich so schlimm? Schließlich: Die Tüte vom 50-Euro-Einkauf ist jetzt nicht mehr so schwer wie noch vor einem Jahr.
Finanzgenie müsste man sein. Die einen verlieren ihr Geld, weil sie es auf der Bank geparkt haben. Du verlierst Geld, weil du deine Kohle mit kruden Cryptos verzockt, dir irgendeinen Unsinn im Internet gekauft und den Rest in russische Staatsanleihen gesteckt hast. So gesehen kann dir Inflation also gar nichts anhaben.
Nachdem 2019 der großangekündigte Sturm auf die sagenumwobene Area 51 in US-amerikanischer Wüste versandet ist, bahnt sich nun ein Überfall in Good Old Germany an: Sylt, Urlaubsinsel der Schönen und Reichen, könnte bald vom Pöbel überrannt werden. Grund ist das 9-Euro-Ticket der Bundesregierung. Im Netz macht der Mob bereits mobil.
Diese verdammte Inflation frisst dein Geld. Damit du dir deinen Nobel-Lifestyle noch leisten kannst, hast du dir monatliche Gehaltserhöhungen zusichern lassen. Die ersten Monate hat das auch noch ganz gut geklappt. Wenn das aber so weitergeht, bekommst du dein Gehalt bald nicht mehr in Summe ausgezahlt, sondern in Kilogramm.
Ein Energieembargo für Russland bedeutet für dich vor allem gestiegene Heizkosten: Frühling, Sommer, Herbst und teuer. Aber das ist eben der Preis des Friedens. Und so schlimm ist es hierzulande doch noch gar nicht. Nicht, solange du deine hart verdienten Scheinchen nicht zum Heizen nimmst. Oder als Klopapier.
So viel Einigkeit hatten wir in diesem Lande lange nicht mehr. Das Gute an dieser Art von Krise ist nämlich: Inflation trifft wirklich jeden. Vom Banker bis zum Praktikanten: Keiner kann sich bereichern, keiner krumme Maskendeals eintüten. Kein mutmaßlicher Menschenfreund sagt Sätze wie: „Krise kann auch geil sein.“
Börse, Finanzen, Inflation, Aktien – das ist dir alles zu abstrakt. Die einzige Wirtschaft, mit der du dich auskennst, hat keine verspiegelten Fenster in schwindelerregender Höhe, sondern einen klebrigen Tresen und eine verstopfte Toilette. Bald ist es allerdings auch dort vorbei mit der heilen Welt: Bier wird wohl um bis zu 30 Prozent teurer.
Wirtschaftsweise, EZB, Leitzinsen, Kaufkraft, Geldentwertung. Was hat das alles mit dir zu tun? Du bekommst deinen Lohn. Und damit gehst du im Supermarkt einkaufen. Naja gut, ein bisschen merkst du sie schon, diese Inflation. Woran? Am Freiburger Hauptbahnhof wird man mittlerweile nach Scheinen angehauen.
Das Geld rinnt dir durch die Finger: Gas, Strom, Mobilfunk – deine Rechnungen kannst du kaum noch zahlen. Wie lange du deinen Goldfisch noch ernähren kannst, weißt du nicht genau. Und wenn du jetzt sparst, hast du in einem halben Jahr noch weniger davon als heute. Deswegen: Kaufe dir das neue iPhone lieber jetzt.
Du hast die Grafiken gesehen: Von der Banane fehlt jetzt ein großer Biss, in der Milchtüte fehlt jetzt ein ganzer Schluck, und die Salatgurke ist auf die Größe einer Essiggurke geschrumpft. Aber: Für dich ist erst Inflation, wenn der Rapper 50 Cent, der Song „If i Had a Million Dollars“ von den Barenaked Ladies und Brechts Dreigroschenoper offiziell umbenannt werden.
Alle reden übers Geld. Inflation gibt es nicht nur beim Gold-, sondern auch im Wortschatz. Die häufigsten Wörter in deutschsprachigen Texten in absteigender Reinfolge sind: der, die, das, in, sein, und, ein, zu, von, haben, werden und mit. Bei dir kommen danach schon: ziemlich, tatsächlich und ganz, ehrlich, Digga.
Die Preise klettern und klettern – dann müssen eben auch die Löhne steigen. Du rechnest deinem Chef also vor: Bei sieben Prozent Inflation verdienst du eine Gehaltserhöhung von sieben Prozent. Ganz einfach. Und wenn dein Boss das nicht zahlt, bringst du einfach sieben Prozent weniger Leistung.
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