Das »bierernste« chilli-Horoskop Die Lärm-Edition von Hobby-Astronaut Philip Thomas 4Literatur & Kolumnen | 03.07.2023 | Philip Thomas

Horoskop

Es sollte für Ruhe sorgen – verursacht aber Lärm: Mit einer neuen Parkanlagensatzung verbietet Freiburg Musikinstrumente und Bluetooth-Boxen ab 23 Uhr. Vor lauter Streit sieht chilli-Orakel Philip Thomas schon Sterne. Nach mehr oder weniger fokussiertem Studium der Himmelskörper verrät er, wie es um unsere Zukunft so steht.

Widder-1

Späti, Platz der Alten Synagoge, Münsterplatzkonzerte, Ruefetto, Fischerau und immer wieder die Parks. Freiburg kommt nicht zur Ruhe: Bloß weil irgendwelche Hippies ihren Trommel-Zirkel mit Brüllen ohne Noten auf Stunde drei nach Mitternacht gelegt haben, steht jetzt die dreißigste Wonderwall-­Darbietung auf deiner Klampfe an lauen Sommernächten unter Strafe.

Stier-1

Endlich! Deine nervigen Nachbarn ziehen aus. Fan ihrer Gesangskünste bist du leider nie geworden. Und das bei Dauerbrennern wie Spirit of the Hawk, Coco Jambo und Cheri, Cheri Lady in C-Dur. Für das Kind der ach so musikalischen Familie hast du immerhin das perfekte Abschiedsgeschenk parat: ein Schlagzeug.

Zwilling-1

Es ist der Endgegner aller Langschäfer und verkaterter Vormittage: der gemeine Laubbläser. Zu allem Überfluss erinnert dich das Gebrüll auch noch an deinen Chef: Macht viel Wind, verbraucht unnötig Energie und die Probleme werden auch nur verschoben. Was ist eigentlich so verkehrt an einem Rechen?

Krebs-2

Es ist dein Rückzugsort und eine Oase der Ruhe: dein Auto. Zumindest, seit du die merkwürdigen Geräusche in der Fahrerkabine wieder losgeworden bist. Vieles hast du probiert, nichts brachte Erfolg. Dabei musstest du bloß deinen nervigen Freund an der nächsten Raststätte aussetzen.

Loewe-1

Das Freiburger Rathaus setzt diesen Sommer Nachtmediatoren ein, um an Hotspots für faires Feiern zu sorgen. Für dich kommen diese Präventiv­maßnahmen zu spät. Du bist bereits vergangenes Jahr aktiv geworden. Zwar wurde es durch deine „ganz eigenen Maßnahmen“ erst laut, dann wurden die Schreie im Keller aber jeden Tag ein bisschen leiser.

Das Nervigste in deinen BIEEEEEP vier Wänden? Das ist natürlich BIEEEEP dein Rauchmelder, dem gerade die Batterie BIEEEEEP abraucht. Gut, dass dich das Teil erinnert, aber ist das wirklich BIEEEEEP alle 25 Sekunden notwendig? Du hast die Batterien nun endlich rausgenommen. Schlimmer kann ein abgebranntes Haus gar nicht sein.

Waage-1

Du bist ein Mann der Tat. Ein Macher, wie die Jugend von heute sagt. Deswegen hast du im Bewerbungsgespräch für die Stelle als Chirurg auch verschwiegen, dass du unter Misophonie, einer verminderten Geräuschtoleranz, leidest. Aber raus kam‘s dann ja doch: Nachdem du das piepsende Kardiogramm im OP ausgeschaltet hast, herrschte buchstäblich Totenstille.

Man mag es kaum glauben, aber manche Sounds und Geräusche wurden tatsächlich mit voller Absicht so designt, dass sie möglichst stark irritieren: Sirenen, Hupen, Wecker oder Babygeschrei. In dem Zusammenhang wird dir übrigens auch die Idee hinter dem Eurovision Song Contest klar.

Schuetze-1

Früher hast du deine Brötchen als Lehrer verdient. Und es war ein hartes Brot: permanent heulende Kids und meckernde Eltern – oder war es andersherum? Jedenfalls stehst du heute sechs Stunden täglich mit dem Presslufthammer auf Freiburgs Baustellen. Das ist wesentlich entspannter.

Steinbock-1

Was ist eigentlich das nervigste Geräusch, das das menschliche Ohr kennt? Fingernägel auf Tafel? Kabel auf Teller? Styropor auf Styropor? Oder dein Nachbar auf deiner Nachbarin? Du findest: Mücken. Klingt wie jemand, der bei Benutzung einer Vuvuzela ohnmächtig wird, und schon vor dem Einschlafen weiß man ganz genau: morgen juckt‘s.

Wassermann-1

Lärm macht krank. 80 Dezibel, etwa ein vorbeifahrender Lkw oder eine Motorsäge, können Schwindel, Händezittern, Atem- und Verdauungsstörungen oder Tinnitus verursachen. Rund 35 Millionen Arbeitnehmer in Europa sind diesem Pegel regelmäßig ausgesetzt. Ob in der Dunkelziffer auch deine schrille Kollegin steckt?

Im Breisgau sind verhältnismäßig wenig Boliden unterwegs. In der Hauptstadt ist das anders. Berlin geht deshalb gegen lautstarkes Beschleunigen und dröhnende Motoren vor: Am Kurfürstendamm wurde Anfang Juni der erste Lärmblitzer installiert ­– mit vier Mikrofonen und einer 180-Grad-Kamera. Vielleicht wäre das Teil auch etwas für Freiburgs Parks?

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