Fern von hier: Hellsichtig 4Literatur & Kolumnen | 19.06.2023 | Erika Weisser

Buchcover: Fern von hier

Nein, heiter und leicht sind die Geschichten nicht. Adelheid Duvanel, die in Basel lebte und 1996 in einer kalten Julinacht in einem stadtnahen Wald erfror, lässt in ihrer Kurzprosa eher jene Menschen zu Wort kommen, die vom Leben geplagt sind. Menschen, die mit den Spielregeln dieser Welt nicht zurechtkommen und sich in surreale, teils märchenhafte Szenarien träumen.

Mit unerhörtem Gespür für menschliche Abgründe, tiefer Einfühlung in verwundete Seelen, enormer sprachlicher Präzision und bildhafter Mehrschichtigkeit spiegelt Duvanel das Innenleben ihrer Figuren, verschafft ihnen Räume, in denen sie sich bewegen können. Zumindest eine Zeit lang, über alle äußeren und inneren Risse und Bruchstellen hinweg, manchmal sogar leichtfüßig und mit einer gewissen Komik.

Der nun vorliegende Sammelband enthält all ihre in knapp 30 Jahren entstandenen Erzählungen, die jeweils höchstens fünf Seiten umfassen, oft aber auch nur eine. Lesende können das Buch aufschlagen, wo sie wollen: Bei jeder einzelnen Geschichte werden sie unmittelbar in das jeweilige Geschehen gezogen – Adelheid Duvanel war eine Meisterin der verdichteten und somit poetischen Anfänge.

Buchcover: Fern von hier

Fern von hier
von Adelheid Duvanel
Verlag: btb, 2022
800 Seiten, Broschur
Preis: 15 Euro